Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Freitag, 17. Oktober 1817 (Nr. 101)

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Mein vielgeliebtes Herz!

Das konnte ich mir denken, nachdem ich in deinem lezten Brief sah für wie gewiß du den Termin bis zum 20t annahmst, daß dir dann abermals desto schmerzlicher jede Verzögerung ausfallen würde, und ich hatte paßable Angst auf den nächsten Brief, denn zu meinem Jammer und Qual fehlt nichts als du mich in Sorgen um dich sezest, zum Glük aber hat es meine Mukkin so arg nicht gemacht, und neben der trüben Stimmung blikt doch auch manches heitere hervor, das mich hoffen läßt, daß meine Lina gefaßter als sonst abwartet was einmal leider nicht zu ändern ist.      Ich habe es freilich viel beßer, bin so mit Arbeiten und Geschäften überhäuft daß mir kaum Zeit zu schlafen bleibt, und habe dabei so viel zu besorgen was mir große Freude macht, weil ich weis daß es für dich ist, bei jedem Strich des Malers, jedem Sägeschnitt des Tischlers sehe ich einen Schritt mehr Vorwärts für dein Nest, gethan und freue mich deßenT. das must du nun alles entbehren und bist blos der Erwartung hingegeben, wo ich doch wirken kann, und das ist freilich hart und sehr peinigend. doch Puntum Geduld, jezt kanns doch nicht mehr lange dauern. obwohl der verdammte Kourier mit der Tagesbestimmung noch nicht da ist, aber jede Stunde erwartet wird. Halt fest Mukkin laß dich nicht krittlich machen, desto größer das endlich Errungene. Geyer hat mir das Paket übergeben, und mir zugleich viel von dir erzählt, wo ich besonders über den armen Poeten herzlich lachen muste; die Zeichnung habe ich aber noch nicht, ich sprach ihn Gestern nur beim Grafen. deine Kleider habe ich sogleich in die Wäsche gegeben, und die übrigen in den schönen Schrank gehängt. Wenn du armes Vies jezt deine Kommode abgeben mustest, so sollst du hier dafür eine desto schönere Garderobe haben.      Aber liebe Lina hast du nicht etwa aus Versehen den schwarzen Mantel mitgeschikt? der wäre ja zur Reise sehr gut. soll ich ihn wieder mitbringen? Wie du es mit deinem Spielen halten willst, steht ganz in deiner Macht, und ist alles wohl gethan.       Was so ein Landtag ist, daß ist eine Versamlung der Landstände wo das Wohl des Landes, Steuern p berathen werden, und dauert nach Umständen 2 bis 3 Monate, – nun, erschrikk nur nicht, die Eröffnung aber nur einen Tag, und der ist übermorgen*. Ach meine, liebe Lina, Spaz mache ich keinen, und bei dem 4t Nov: wirds wohl bleiben müßen, wenigstens ist das bis jezt das wahrscheinlichste, und daran wollen wir uns halten. |

Der Dr: ist ein loser Schelm wie immer, und sezirt die arme Mukkin, es ist aber schon recht, das heitert dich doch wieder auf, und was die Amour betrifft – Nun – das wird sich ja zeigen. – kurzum du bist ein lieber Oz, und ich hab dich doch lieb. ich muß lachen manchmal, wenn ich mir dich so denke, halb böse auf die dich nekken, und doch auch froh nur mit Jemand davon reden zu können. über lezteres kann ich Gott sei Dank auch nicht klagen, recht viel herzliche Theilnahme von allen Seiten, und du wirst manche liebe Menschen kennen lernen. Ueberhaupt hätte ich mir nie gedacht daß ich hier so gerne und so zufrieden sein würde, und ist erst die Mukkin da, so bin ich gewiß ganz glüklich und froh.       deinen Befehlen zu Folge werde ich also sobald ichs weis den Tag meiner Ankunft schreiben. Inzwischen kanns wie schon einmal gesagt, doch mit dem entgegen kommen eine schwere Sache sein, denn ich reise hier zu jeder Stunde ab, wo ich fort kann, Tag oder Nacht. Was meine Ausgaben betrifft so wollen wir von diesem Kapitel schweigen – – das ist das Beste. – Wegen dem Hans ist schwer zu rathen, kannst du etwas Anständiges kaufen was weniger kostet als 50 ƒ und ein Andenken ist, so ists beßer. das Schneider Macherlohn hast du im Schrekken, so geschrieben daß es 120 ƒ sind, so viel wirds wohl nicht sein. ich möchte dirs gar zu sehr gerne, kaufen, drum laß es nur in 2 Tagen ist ja so ein Kleid vom Schneider gemacht. gelte?

Heute Kocht meine neue Köchin Probe bei Schmiedels. ist sie brav so behalte ich sie, und laße sie bei dem Koch in der Resourçe noch die Zeit meiner Abwesenheit über, lernenT. Gestern habe ich dem Maler allein 80 rh: bezahlt. – Heute sizze ich zum erstenmale an meinem Schreibtisch, und der erste Buchstabe der auf ihm geschrieben wird, ist dieser Brief, wie billig. der muß nun aber auf die Post, und ich in die Kleider.

     Lebe wohl, Geduldig und heiter, geliebtes Leben. Grüße die Mutter bestens, deren Zahnweh wohl jezt endlich verschwunden sein wird, sey brav, behalte mich unendlich lieb. Gott segne dich + + + bald mache ich dieses heilige Zeichen selbst. Grüße Drs. aufs freundlichste und auch Grünbaums pp. Ewig dein dich über alles liebender treuer Carl.

Millionen Bußen.

Apparat

Zusammenfassung

betr. Verzögerung der Hochzeit, Wohnungseinrichtung; hat Caroline Brandts Paket erhalten; über gemeinsame Bekannte; erwähnt die Eröffnung des Landtages am 19. Okt.; über verschiedene Ausgaben

Incipit

Das konnte ich mir denken, nachdem ich

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Kiel (D), Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek (D-KIl)
    Signatur: Ca-Autographen Weber, Carl Maria von

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • mit Echtheitsbestätigung von Max Maria von Weber vom 18. September 1868

    Provenienz

    • Stargardt Kat. 647 (1990), Nr. 1030 mit Teilfaks.
    • am 14. März 1967 laut Brief an Schnoor im Besitz von Mario Uzielli (Antiquariat), Liestal/Schweiz
    • Stargardt Kat. 532 (1957), Nr. 335

Textkonstitution

  • ß„s“ überschrieben mit „ß

Einzelstellenerläuterung

  • „… Tag, und der ist übermorgen“Vgl. den Eintrag im Dresdner Hoftagebuch (Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Bestand 10006 Oberhofmarschallamt, O 04, Nr. 214) vom 19. Oktober 1817: „heute als am LandtagsPropositionsTage [...] Um 11 Uhr, nach dem Gottesdienste, hatte die feyerliche PropositionsHandlung in den ParadeSäälen des Königℓ Schloßes unter den gewöhnlichen Solennitäten statt.“

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