Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Montag, 13. Oktober 1817 (Nr. 100)

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Guten Morgen mein vielgeliebtes Brautkind!

Habe vortrefflich geschlafen, und wünsche und hoffe von dir desgleichen. ich hatte es recht nothwendig neue Kräfte zu samlen. höre nur was für eine Legion Dienst seit dem Abgang meines 99. zusamen kam. d: 10t also hatte ich um 5 Uhr Nachmittag Quartett Probe der Kantate und des Titus, als gegen 7 Uhr der Graf mit dem Befehl komt daß Sonntag HofConcert sein soll. Zum Glük hatte ich schon auf alle Fälle manche Vorbereitungen getroffen und alle Anstalten wurden sogleich in Gang gesezt, und noch bis 9 Uhr Probiert. d: 11t hatte ich von 8–1 Uhr ConcertProbe. kaum gegeßen, um ½ 4 Uhr in die Kirche Litaney.       Abends ital: Oper*, Conf: mit dem Grafen die Königin schikte zu mir ließ mich auf den andern Tag um eine kurze Meße bitten*. wieder eine andere herausgesucht. d: 12t große Toilette Hofkleid, Degen pp um ½ 11 Uhr in die Kirche*. dann schnell etwas gefrühstükt, um ½ 1 Uhr nach Hofe. Tafel Concert bis 3 UhrT, dann sprachen alle die Herrschaften ungemein liebenswürdig mit uns. die Königin bedankte sich für die Meße, und sprach wieder von dir. um ½ 4 Uhr gieng alles fort und ich wieder in Kirche, Vesper.       dann endlich nach Hause, umgezogen und noch ein Stük vom Benjovsky gesehen, wo Wilhel. den Stepanof als lezte Rolle gab, und recht gefiel*.       dann hundemüde, und troz dem daß ich nichts zu Mittag gegeßen hatte doch ohne Apettit, noch im Engel ein gutes Supperl gegeßen, und dann in Bett – nun! und geschlafen wie ein Oz.      Was den Hauptpunkt, die Vermählung selbst betrifft so ist darüber noch immer kein Tag bestimmt, aber es wird so herauskommen wie ich in meinem lezten Brief sagte, unsre wird auf den 4t November fallen.       d: 19t ist die Eröffnung des Landtages, und man glaubt d: 26, die Vermählung, d: 27 und 28t die Feste, und d: 29t steigen die Prinzeßin und ich in den Wagen*.      Das Hundert da oben, gukt mich ganz kurios an, als wollte es sagen nun bin ich da, ihr habt geglaubt ohne mich auskommen zu können, und zur Strafe sollt ihr mir nun meine üblichen Intreßen zahlen. – in Gottes Namen denn, wenns sein muß, aber nur wenigstens keine Jüdischen.           Was meine Einrichtung betrifft, so hoffe ich auch daß sie im Laufe dieser Woche fertig wird. mein Schreibtisch steht noch immer unbenuzt da. das ganze Schloß war so schlecht daß ein Neues gemacht werden muste. Ja ja, ich soll auch nicht eher ganz zur Ordnung komen, als bis du mit da bist. im ganzen Quartier stinkts nach Öhlfarbe, ganz garstig. heute werden die Böden in den zwei vorderen Zimmern gewixtT.

Nun ade Muks, bald wird ein Brieferl von dir kommen, und dann kom ich schon wieder um es zu beantworten. ade, derweile.

Nachmittag.      Puntum da ist dein lieber Brief 99¼ tel /: o! Du Kindskopf :/ Kann dir nicht sagen wie viel Freude mir deine Freude gemacht hat, auf die ich aber auch recht lauerte. Also die Post geht nicht mehr täglich? in meinem Postberichte steht es aber bis Ende 8b. Nun es werden auch keine extra Nachrichten mehr kommen. Du guter Hamster freust dich so darauf mich in wenig Tagen zu sehen, so gar wenig sind’s nun freilich nicht, aber doch nur Tage, und die werden | ja auch vergehen. Allerhöchstdero Befehlen gemäß werde ich also schreiben wann ich komme, wenn nicht der Brief langsamer geht als ich, wenn der Posttag nicht recht geschikt fällt. Mit der Neugierde – Geduld! du kannst mir das kostbarste schenken, Ruhe und Glük.      der arme Dr. hat doch immer viel zu leiden. Gottlob daß es beßer geht. versichere doch ja meiner herzlichsten Theilnahme. Für Apitz Brief danke bestens, aber schreiben kann ich Niemandem mehr. du hast ja eine Menge schöne Sachen bekommen, nun wir können alles brauchen. die Freude die so zu allen Ekken hinaus will, und alles anfaßt und doch wieder liegen läßt, kenne ich recht wohl, und habe sie auch bei dir erwartet. Ein bißel Angst ist mir nur auf deinen nächsten Brief, denn mir scheint mir scheint die Mukkin hat sich schon gar zu fest darauf verlaßen daß ich die Wette gewinne und vor dem 20t abreisen müste. damit ists aber nitz und 10 Tage hängen noch dran. daher möchte vielleicht auch die Gurli nicht das lezte sein*. Was das Französische betrifft so empfehle ich es recht ernstlich, sonst spielst du hier bei den meisten Menschen mit denen ich umgehen muß eine stumme und daher nicht ganz für dich angenehme Figur, drum beiß nur in den sauren Apfel. aber dazu darfst du auch kein Zahnweh haben. ich war recht froh wie am Ende des Briefes das garstige Uebel verschwand. In die Stadt Wien wirst du doch 1 oder 2 Tage vor meiner Ankunft ziehen müßen, oder auch erst wenn ich schon da bin, das wird sich finden*. übrigens werde ich kaum 4–5 Tage in Prag bleiben, denn mein Urlaub wird mir sehr knapp zugemeßen werden, indem der 23t Xb schon des Königs Geburtstag ist, wo ich wieder hier sein soll.      Ey, das wäre schön, wenn du mir nicht mehr sagen solltest daß du mich lieb hast, noch Millionenmal wollen wir uns das sagen und noch öfter beweisen.      Der Geyer wird mir wohl bald nun Grüße mitbringen von dir, denn nach dem Benefiz* wird er nicht lange mehr in der guten Stadt Prag bleiben. Es ist mir lieb daß er am Ende noch so gefallen hat. Wilhelmi reißt morgen ab, um – zu heyrathen, Glük zu!      Was die 4tel der Briefe betrifft so können wohl 3/4tel daraus werden, je schmäler dießmal das Zeug liegt desto beßer. Wenn du ein so geschikter Ofen Schmierer bist, so hätte ich den Töpfer sparen können. du armer Mopel, was must du nicht alles in der Prüfungs Zeit thun.       Das Maas vom Hute hat gute Ruhe. kanns leicht sein so thue ichs, glaube aber schwerlich! Was die Magerkeit betrifft so gehts auch bei mir an, nur der Hals meldet sich wieder ein bißel bei der vielen Arbeit.

Nun aber fort auf die Pozt. Grüße an alle besonders unsrer guten Grünbaum zu ihrem Namenstag übermorgen hätte gern ein paar Zeilen geschrieben ist aber rein unmöglich. Gott segne dich in Geduld und Lust + + + Gerüß an Dr: und die Mutter ewig dein dich innigst liebender Carl.

Millionen Bußen.

Apparat

Zusammenfassung

Tagebuch 10.-12. Oktober; Proben der Kantate, des „Titus“ und für das Hofkonzert, Kirchendienst; teilt dienstliche Termine mit, aus denen sich ergibt, dass ihre Trauung am 4. November stattfinden kann; betr. Wohnungseinrichtung; teilt mit, dass er nur wenige Tage in Prag bleiben wolle, da man ihn schon am 23. Dez. in Dresden zurückerwarte

Incipit

Habe vortrefflich geschlafen, und wünsche und hoffe

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 130

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Muks, S. 501–505

Textkonstitution

  • „… thue ichs, glaube aber schwerlich“schwerlich: dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… Kirche Litaney. Abends ital: Oper“Vgl. den Bericht in der Abend-Zeitung vom 22. Oktober 1817.
  • „… um eine kurze Meße bitten“Grund dafür war die nachfolgende „extendirte Familientafel“ aufgrund der Deklaration der bevorstehenden Vermählung von Prinzessin Maria Anna mit dem toscanischen Erbrpinzen Leopold; vgl. Dresdner Hoftagebuch (Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Bestand 10006 Oberhofmarschallamt, O 04, Nr. 214).
  • „… 11 Uhr in die Kirche“Laut Tagebuch dirigierte Weber eine Messe von Seydelmann.
  • „… Rolle gab, und recht gefiel“Vgl. den Bericht in der Abend-Zeitung vom 22. Oktober 1817.
  • „… und ich in den Wagen“Die Prinzessin reiste (wie Weber; vgl. Tagebuch) am Morgen des 30. Oktober 1817 von Dresden nach Florenz ab; vgl. Allgemeine Zeitung, 1817, Nr. 310 (6. November), S. 1240.
  • „… Gurli nicht das lezte sein“Die Gurli in Kotzebues Lustspiel Die Indianer in England gehörte zu den Vorzugsrollen von Caroline Brandt, mit der sie in Frankfurt/Main, Prag, Berlin und Dresden Erfolge gefeiert hatte. Ihren letzten Auftritt in Prag hatte sie jedoch am 30. Oktober 1817 als Rosalie im Incognito; vgl. Tagebuch der deutschen Bühnen (1817, S. 348).
  • „… bin, das wird sich finden“Auch Weber logierte vom 31. Oktober bis 5. November 1817 in diesem HotelT.
  • „… dir, denn nach dem Benefiz“Zu Geyers Gastauftritten in Prag zwischen dem 30. September und dem 10. Oktober 1817 vgl. den Bericht in der Abend-Zeitung vom 4. November 1817.

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