Carl Maria von Weber an Maurice Schlesinger in Paris (Entwurf)
Dresden, Donnerstag, 5. Januar 1826
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Kontext
Absolute Chronologie
Vorausgehend
- 1826-01-05: an Lichtenstein
- 1826-01-02: von Tzschucke
Folgend
- 1826-01-07: an Crémont
- 1826-01-12: von Stieglitz
Korrespondenzstelle
Vorausgehend
- 1825-02-24: an Schlesinger
- 1825-01-21: von Schlesinger
Folgend
An H: Moritz Schlesinger in Paris.
Gefälligkeit und Thätigkeit komme ich für mich in Anspruch zu nehmen.
So wie endlich die gröste Langmuth sich erschöpfen muß, hat auch die Meinige ihr Ende erreicht.
Nachdem H: Castil Blaze die unerhörte Dreistigkeit gehabt hatte, sogar‡ meinen Freyschütz sogar im Stich der Öffentlichkeit zu übergeben*, schrieb ich ihm den hier‡ in Abschrift No: 1‡ beifolgenden Brief No: 1t der ihm durch die Königl: Sächs: Gesandtschaft zugestellt wurde, und in welchem man hoffentlich meine gewohnte Mäßigung und Liebe zum Frieden nicht verkennen wird. Er hat mich hierauf nicht nur keiner Antwort gewürdiget, sondern aufs neue meine Euryanthe geplündert, und verstümmelt*; ich bin es meiner Ehre als Künstler und der Kunst überhaupt schuldig die Sache nicht länger zu dulden. ich ersuche Sie daher H: Castil blaze bei liegenden an ihn adressirten Brief /: von welchem ich eine Abschrift für Sie sub No: 2 beilege :/ zu übergeben, und ihn zu bewegen, daß er sich‡ sogleich schriftlich verspricht‡ bindlich macht‡ meine Arbeiten nicht ferner als die Seinigen zu betrachten, und die Musikstükke aus Euryanthe die Er in der Partie de Chasse de Henry IV benüzt hat, wieder heraus zu nehmen.
Sollte er wider alles Vermuthen keine mich zufriedenstellende‡ be‡friedigende‡ Antwort geben, so ersuche ich S‡ie meine beiden an ihn gerichteten Briefe in alle Pariser Journale mit einer zur Verständlichkeit derselben dienenden Einleitung‡ einrükken zu laßen*.
Das […]‡ Gerechtigkeits Gefühl der französischen Nation ist zu groß als daß d‡s‡ie ruhig die Rechte‡ Rechte und Werke‡ eines Künstlers dem sie so freundlich ehrenvolle‡ eine ihn so hoch ehrende‡ Theilnahme bezeigt, sollten ferner mißhandeln laßen.
Ich überlaße alles Detail‡ Ihrer Einsicht, und empfehle Ihnen nur noch Mäßigung und Milde so weit sie möglich anzuwenden sind.
Mit freundschaftlichster Hochachtung
E: W:
ergebenster
CMvWeber.
Dresd: d: 5t Jan: 1826.
Apparat
Zusammenfassung
bittet Schlesinger, seinen Brief an Castil-Blaze weiterzuleiten (fügt Abschrift 2er Briefe an Castil-Blaze bei) und diese Korrespondenz mit entsprechendem Kommentar veröffentlichen zu lassen, falls Castil-Blaze nicht reagiere
Incipit
„E Wohlgebohren Gefälligkeit und Thätigkeit komme ich“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung in 2 Textzeugen
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1. Textzeuge: verschollen
Quellenbeschreibung
Beilagen
- Ursprünglich beiliegend zwei Abschriften von Briefen an Castil-Blaze.
Provenienz
- Charavay, Noel: LA 687 (Nov. 1952), Nr. 24.768
Dazugehörige Textwiedergaben
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Jullien, Adolphe: Weber à Paris en 1826, Paris 1877, S. 21 (in französ.; nach dem Autograph aus Besitz Moritz Schlesingers)
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Hanslick, Eduard: „Die Wiedererweckung der ’Weißen Frau’ und des ’Freischütz’“, in: Der Modernen Oper VIII. Theil, Berlin 1899, S. 155–156 (Rückübersetzung nach Jullien aus dem Französischen ins Deutsche)
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2. Textzeuge: Entwurf: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (XVI), Bl. 89b/v
Textkonstitution
Da der von Weber abgesandte Brief lediglich in französischer Übersetzung (und deutscher Rückübersetzung) bekannt ist und die Vorlage der (noch dazu offenbar fehlerhaften) Abschrift von Ida Jähns nicht eindeutig zu klären ist, folgt die Textübertragung dem Entwurf.
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„sogar“durchgestrichen
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„hier“über der Zeile hinzugefügt
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„No: 1“durchgestrichen
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„sich“„mir“ überschrieben mit „sich“
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„spricht“durchgestrichen
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„bindlich macht“über der Zeile hinzugefügt
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„mich zufriedenstellende“durchgestrichen
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„be“über der Zeile hinzugefügt
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„friedigende“am Rand hinzugefügt
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„S“„s“ überschrieben mit „S“
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„mit einer zur … derselben dienenden Einleitung“am Rand hinzugefügt
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„[…]“gelöschter Text nicht lesbar
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„d“überschrieben
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„s“in der Zeile hinzugefügt
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„Rechte“durchgestrichen
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„Rechte und Werke“am Rand hinzugefügt
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„so freundlich ehrenvolle“durchgestrichen
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„eine ihn so hoch ehrende“am Rand hinzugefügt
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„Detail“über der Zeile hinzugefügt
Einzelstellenerläuterung
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„… Stich der Öffentlichkeit zu übergeben“Die Freischütz-Bearbeitung von Castil-Blaze war beim Arrangeur selbst in Paris 1824 im Klavierauszug sowie 1825 in Partitur erschienen (VN übereinstimmend: C. B. 20.), der Klavierauszug außerdem 1824 bei Maurice Schlesinger (VN: M. S. 148.).
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„… meine Euryanthe geplündert, und verstümmelt“Zu Castil-Blazes Pasticcio La Forêt de Sénart, das am 14. Januar 1826 im Pariser Théâtre Royal de l’Odéon Premiere hatte und Musik aus Webers Euryanthe enthielt, vgl. Heidlberger, Weber und Berlioz, S. 336–343. Weber wurde von P. Crémont in dessen Brief vom 11. Dezember 1825 auf die bevorstehende Aufführung aufmerksam gemacht.
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„… dienenden Einleitung einrükken zu laßen“Der Abdruck der beiden Schreiben erfolgte in: Le Corsaire, Journal des spectacles, de la littérature, des arts, moeurs et modes, Jg. 3, Nr. 925 (22. Januar 1826), S. 3 sowie in L’Etoile, Nr. 2099/3000 [sic] (22./23. Januar 1826), S. 4. In L’Etoile fehlt jegliche Einleitung; in Le Corsaire stehen die Briefe unter der Überschrift „M. WEBER ET M. CASTIL-BLAZE.“ mit dem kurzen einleitenden Text: „On nous communique les deux lettres suivantes, écrites par M. Weber à M. Castil-Blaze (nous les insérons textuellement). M. Weber est Allemand.“