Gottfried Weber an Johann Gänsbacher in Wien
Darmstadt, Sonntag, 10. Oktober 1824
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Korrespondenzstelle
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- 1813-06-24: von Gänsbacher
Folgend
An
Herrn Johann Gänsbacher
K. K. Kapellmeister zu St. Stephan
in
wohnhaft in der Singerstraße No: 891
zweit. Stock
Franco Oesterr. Grenze
Liebes Brüderl, wie herzlich Dein Anstellungs- und Liebes-Glük mich freut, kannst Du Dir leichter denken als ich dies schreiben, und Du wärst ein einfältiger Kerl wenn Du zweifeln wolltest daß ich, trotz Deiner verruchten vieljährigen Lüderlichkeit u Vernachläßigung unserer Correspondenz, zweifeln könntest daß ich nicht um ein Haarbreit anders geworden, als ich war. Es ist Alles noch zwischen uns wie es gewesen und soll auch so bleiben so lang wir leben.
Von mir ist nichts Erhebliches von weiteren Lebensumständen zu berichten. Daß ich in Mainz wohnte, weißt Du: jetzt bin ich eben hier, und ganz glüklich u zufrieden, mit 8 Kindern versehen, Buben genug, mach Du jetzt die Mädchen dafür, so giebts vielleicht eine gut musikalische Race von Enkeln. Grüß mir Deine baldige Frau.
Von Deiner Anstellungs-Geschichte hab ich Lust einen Auszug in die Caecilia zu setzen. A propos von der Caec: die ist eigentl. ganz mein Werk u ich bin noch z. Zt. ganz allein die Gesellschaft von Kunstgelehrten u Künstlern welche auf dem Titelblatte steht ([…]‡ entre nous soit dit) u so gedenk ichs auch noch eine Zeitlang fort zu treiben. Weißt Du noch, wie wir mit Beer und Weberl und Dusch einmal eine Zeitung für die musikalische Welt herausgeben wollten und ihr mich zum Redacteur machen wolltet, u ich Euch nein stiß, u die Sache nicht zu stand kam, weils auch kein anderer wollte: jetzt bin ich doch dran gekommen, u weiß nicht wie. Nun höre, nun mußt du die Sache aber auch unterstützen. Du bist ein rechter Esel daß Du am Styl Anstand nimmst: denn erstens kannst Du ja schreiben, wie Einer, - zweitens ist hier um die Sache, nicht um den Stiel zu thun, drittens giebts allenfalls auch schon hier Leute, die eine kleine Nachläßigkeit des Schreibenden auszumerzen verpflichtet sind, und viertens, liebes Brüderl, zahlt die Verlangshandlung ganz artig, und fünftens hat die Caecil. bereits so viel Ehr eingelegt, daß selbst ein Stephans Kappelmeister ordentlich Ehre davon hat, auch was nein zu schreiben, - und sechstens wenn Du für den Augenblick auch nichts beßeres zu schreiben weißt, so schreib nur Correspondenzartikel, wenn Du das willst, so soll von keinem anderen mehr ein Wiener Corresp. Artikel angenomen werden. Solches Zeug schreibt sich nun aber wohl allenfalls im Schlaf: nur wünscht ich, da die Caecil. nicht posttäglich erscheint, u nur p. Handelsfuhr versendet wird, daß Du keine bloße Neuigkeiten schreibst, deren Intereße binnen einiger Monate veraltet. Nun also, lieber Jörgel (Kennst doch den Namen noch?) schreib gleich was, u. wenns mich recht freuen soll, setz Deinen Namen u Character drunter.
Noch Eins! In der Caecil. 3. Heft. Intell. Blatt S. 57. - dann auch in der Leipziger Mus. Z. Intell. Bl. Nr: VII zur Zeitung Nr: 33 auch Berliner Mus. Ztg. Nr: 30 findest Du eine Aufforderung von mir, in deren Betreff ich auf Dich zähle.
Die Verlagshandlung der Caecilia wird Dich nicht als Abonnenten aufzeichnen, sondern Dir, in […]‡ Zuversicht auf Deine baldige Mitwirkung, die Hefte fortwährend zusenden.
Meine Gustel und ich grüßen Dich, u. erwarten bald und fortwährend weiter von Dir zu hören. Dein Weber.
Schreibe mir unter der Addreße: Gfr. Weber. General-Staats-Procurator am Caßationshofe in Darmstadt.
Apparat
Zusammenfassung
über seine u. Gänsbachers neue Verhältnisse; über die Caecilia, fordert ihn zur Mitarbeit auf, zumindest zu Korrespondenz-Artikeln aus Wien
Incipit
„Liebes Brüderl, wie herzlich Dein Anstellungs- und Liebes-“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit