August Moritz Engelhardt und Caroline von Weber (im Namen Carl Maria von Webers) an Ludewig I., Großherzog von Hessen und bei Rhein, in Darmstadt
London, Montag, 10. April 1826
Dem Allerdurchlauchtigsten Großmächtigsten
Fürsten und Herrn
Herrn Ludwig
Großherzog von Hessen-Darmstadt
etc. etc. etc.
Allerdurchlauchtigster Großmächtig-
ster Großherzog
Allergnädigster Herr!
Erlauben Ew: Königl: Hoheit Sich folgende gehorsamste Bitte von mir mit dem gebührenden Respecte vortragen zu lassen:
Ich stehe im Begriff von meinen musikalischen | Compositionen die zuletzt von mir unter den Titel Oberon componirte Oper herauszugeben.
Wenn ich nun bereits bey verschiedenen andern früher von mir erschienenen Compositionen wiederholt die traurige Erfahrung gemacht habe, daß meinem EigenthumsRecht daran durch Nachdruck und Nachstich, ingleichen durch Auszüge und sonstige Arrangements für einzelne Instrumente auf jedmögliche Weise Eintrag geschehen, und der mir durch meine GeistesProducte zu erlangen erhoffte Vortheil und Gewinn von Andern auf die unrechtmäßigste Art entzogen worden ist, so sehe ich mich, um bey oberwähnter von mir componirter und in Kurzem in den Musikhandlungen erscheinender Oper nicht gleichen unvermeidlichen Gefahren und Mißfällen preisgegeben zu seyn, mich in die Nothwendigkeit versetzt, zur Sicherstellung meines EigenthumsRechtes gegen dergleichen fremde Eingriffe und Anmaaßungen AllerhöchstDero Schutz in schuldigster Devotion zu imploriren und zu diesem Behuf
um allergnädigste Ertheilung eines mit dem VerbietungsRecht verbundenen Privilegii kraft deßen unter den landesgesetzlich festgesetzten Strafen die von mir componirte und unter den Titel ‚Oberon‘ herauszu|gebende Oper weder nachgedruckt und nachgestochen, noch in der Partitur und im ClavierAuszuge herausgegeben werden, auch nicht aus der-selben Auszüge und Arrangements für einzelne Instrumente erscheinen, noch endlich, wenn aus dem Auslande diese meine musikalische Composition im Nachdruck, Nachstich, in der Partitur, Clavierauszuge oder in Auszügen und Arrangements für einzelne Instrumente in AllerhöchstDero Lande eingebracht werden sollte, verkauft werden dürfen
ganz unterthänigst zu bitten*.
Mit dem tiefsten Danke würde ich die huldreichste Gew[ährung]‡ dieses meines unterthänigsten Gesuchs verehren, und im ruhigen und ungestörten Besitze meines Eigenthums mich fühlend, darin nicht nur die schönste Belohnung für meine bereits gelieferten Arbeiten erkennen, als auch dadurch mich aufs Ernstlichste verpflichtet und aufgefordert fühlen, mit rastlosem Eifer meine Kunst zur Ehre des deutschen Namens zu verherrlichen.
Mit der größten Devotion unterzeichnet sich
Ew: Königl: Hoheit
allerunterthänigst gehorsam-
ster
[von der Hand Caroline von Webers:]* Carl Maria v. Weber
Dresden
am 10ten April
1826.
Apparat
Verfasst von
Zusammenfassung
begründeter Privilegantrag Webers an den Darmstädter Hof, betr. Schutz des Urheberrechts für den Oberon
Incipit
„Erlauben Ew. Königl: Hoheit sich folgende gehorsamste“
Generalvermerk
Der Brief wurde auf Veranlassung Webers (in seinem Brief vom 12. März 1826 an seine Ehefrau) mit großer Wahrscheinlichkeit von August Moritz Engelhardt verfasst.
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
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Textzeuge: Darmstadt (D), Hessisches Staatsarchiv (D-DSsa)
Signatur: D 12 Nr. 49/32, fol. 11–12.Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
- Siegel
- Reinschrift v. frd. Hd. mit e. Unterschrift von der Hand Caroline von Webers
- Vermerk am Briefkopf: D. 5223 / pr[äsentiert] den 8 Mai 26.
Dazugehörige Textwiedergaben
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Schwab, Ute: „Oberon-Bearbeitungen“, in: „Carl Maria von Weber und der Gedanke der Nationaloper“, Wissenschaftliche Konferenz im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele 1986, hg. von Günther Stephan und Hans John (10. Sonderheft der Schriftenreihe der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden), Dresden 1987, S. 347–348
Textkonstitution
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„ährung“ergänzt von den Hg.
Einzelstellenerläuterung
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„… ganz unterthänigst zu bitten“Das hessen-darmstädtische Privileg zum Schutz der Oberon-Verlagsrechte wurde am 26. Mai 1826 erteilt.
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„… der Hand Caroline von Webers:“Vgl. Anweisung Webers an seine Frau im Brief vom 12.–14. März 1826.