Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 28. November bis 2. Dezember 1816

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Am 28. Cäsario, Lustspiel in 5 Aufzügen von A. Wolf. Dem. Brandt als Julie und Mad. Hartwig als Lisette, wetteiferten mit einander in den beiden verkleideten Männerrollen dieses Stücks. Beiden ward der gebührende Beifall zu Theil, doch schien die erstere in der fremden Kleidung etwas befangen zu seyn, während die letztere uns durch die lebendigste Laune ergözte. Nicht zweckmäßig fanden wir das extemporirte Spiel der Dem. Brandt, nach welchem sie einen Strickstrumpf aus der Rocktasche zog und daran arbeitete. Hätte sie ihn in der Stube einer Dame auf dem Tische gefunden, sich allein gewußt, und unwillkührlich hingerissen daran gestrickt, so wie Achilles einst in Weiberkleidern nach Wehr und Waffen griff, so wäre der Charakterzug wahr gewesen, ihn aber in die Tasche des Männerrocks zu stecken, war in ihrer Lage eben so unnatürlich, als wenn ein Mann, der sich als Dame verkleidet, eine Tabackspfeife in dem Strickbeutel bei sich führte. Die Idee mit der trompetenden Sybille ist wohl etwas zu sehr der Farce angehörend. Leider schien Herr Metzner bei einigem Extemporiren auch diese Ansicht zu haben, ob sein Spiel schon außerdem nicht ohne Wahrheit war. Am 30. November: Il turco in Italia, komische Oper mit Musik von Joachim Rossini. Noch hatten wir von diesem Compositeur keine Oper gehört, und waren also sehr gespannt auf diese Leistung. Der ¦ Raum erlaubt für jetzt nicht ins Detail derselben zu gehen, aber es ward von den Kennern eben so mit Vergnügen eine vorherrschende Genialität, als mit Bedauern ein oftmaliges Vernachlässigen der Regeln der Composition bemerkt. Dieß scheint auch ganz im Charakter dieses jungen, kaum 24jährigen Tonsetzers zu liegen, und soll das Eigenthum seiner sämmtlichen Compositionen seyn. Besonders gelungen was das Finale des ersten Akts, dagegen die Ouvertüre ohnstreitig das schlechteste Stück der ganzen Oper. Sigra. Sandrini spielte und sang mit gewohnter Virtuosität. Sehr erfreuend war die Darstellung des Poeten von Sigr. Benincasa, nur hat diese Rolle zu wenig größere Gesangsparthien. Ein Sigr. Bergmann, welcher in Vandycks Landleben schon eine kleine Rolle darstellte, zeigte sich hier in der Rolle des Albazar als ein sehr guter Tenorsänger, welcher wohlthuende Brusttöne, ausreichende Höhe und eine gute Manier besitzt. Gewinnt Gesang und vorzüglich sein Spiel mehr Freiheit, so besitzt das Theater an ihm ein sehr brauchbares Mitglied für die Oper.

Am 1. December. Auf vielfältiges Verlangen: Vandycks Landleben.

Am 2. December: Der Schawl, Lustspiel in 1 Akt von A. v. Kotzebue. Eine sehr gelungene, zart belehrende, mild ergötzende Kleinigkeit, die recht wacker dargestellt ward. Dem. Brandt gab die Wilhelmine mit Gefühl und Naivetät, doch war die letztere vorwaltender. Dem. Christ als Frau von Dachs war schön und wahr.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbericht Dresden: Aufführungen vom 28. Nov. bis 2. Dez. 1816

Entstehung

vor 9. Januar 1817

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Goldlücke, Annelie

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 8 (9. Januar 1817), Bl. 2v

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