Stückbesprechung: Adagio und Rondo für das Harmonichord von Carl Maria von Weber

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C. M. v. Weber. Adagio und Rondo für das Harmonichord mit Begleitung des Orchesters, componirt zum Gebrauch des Herrn Fr. Kaufmann. Nachgel. W. Nr. 15. Leipzig und Berlin. Peters.

D. Friedrich Kaufmann, der Sohn des vorzüglichen Mechanikers Joh. Gottfr. Kaufmann in Dresden, erfand im Anfang dieses Jahrhunderts außer verschiedenen andern Instrumenten gemeinschaftlich mit seinem Vater das Harmonichord, ein im Bau und Ton der Physharmonika ähnliches Instrument, nur daß durch die Metallsaiten ein intensiverer Klang erzeugt wurde (vgl. Apel’s Beschreibung in der Allg. musik. Zeitung 1810, S. 1030). Selbst Virtuose auf dem Instrument, machte Kaufmann 1811 mit demselben eine Kunstreise durch Deutschland. In diesem Jahr schrieb C. M. v. Weber, der Kaufmanns Erfindung sehr bewunderte (vgl. Allg. mus. Z. 1812, S. 1812, S. 663) ein Concertino für das Harmonichord, welches in dem, seinen von Th. Hell herausgegebenen Schriften angehängten, eigenhändigen Verzeichniß seiner Werke unter jenem Jahr verzeichnet, aber nie publicirt worden ist, ohne Zweifel das vorliegende Werkchen, welches demnach 50 Jahre nach seinem Entstehen vor die Oeffentlichkeit tritt. Das Hauptstreben des Componisten, etwas für das eigenthümliche Instrument angemessenes zu schreiben, ist, wie man erwarten kann, hier aufs pünktlichste erreicht, die eigene Wirkung, die dasselbe durch lang gehaltene, sogar des crescendo fähige Töne, volle Accordfolgen und getragene Melodien ausübt, ist vortrefflich benützt; die hier und da nöthigen stärkeren Accente giebt das Orchester hinzu, ohne jedoch irgendwo das Instrument zu erdrücken. Sollen wir auch noch | von dem musikalischen Werth sprechen, so kann das bei einem Werk, das vor nun so langer Zeit anspruchslos, blos um einem bestimmten Zweck zu dienen geschrieben wurde, nur vorsichtig geschehen. Jeder weiß, daß Weber’s Stärke nicht in der Instrumentalmusik lag; seine reiche Erfindungskraft mußte sich an einem bestimmten poetischen Stoff gleichsam entzünden und schuf hier Dauerndes und echt Volksthümliches; ohne jenes Substrat erscheint sie oft wie gelähmt, bei Ideen matt und trivial und in die größeren Formen weiß er sich nicht zu finden. So wird man auch in diesem Werke wenig durch Neuheit und Originalität (selbst vom damaligen Standpunkt aus) Hervorstechendes finden, nur schüchtern zeigt sich hin und wieder etwas, das den Componisten des Freischütz errathen läßt. Die Melodien sind einfach und wohlklingend, doch etwas inhaltlos und gewöhnlich; von formeller Arbeit ist wenig Spur; ein Thema folgt dem andern ohne viel Uebergänge. Das Stück beginnt mit einem kurzen Adagio in F-dur, welche nach einer kurzen Orchestereinleitung zwei Melodien bringt und in A-moll schließt; auf dieses folgt ein lebhaftes Rondo in einfachster Form. In letzterem verdient ein Zug hervorgehoben zu werden, den später Mendelssohn so unzählige Male angewandt hat, nämlich das zweimalige unerwartete Wiedereinsetzen des Hauptthemas am Schluß einer längeren Modulationsfolge.

Wir zweifeln nicht, daß den Spielern des Instrumentes das Werkchen eine willkommene Gabe sein wird; die Ausführung wird dadruch erleichtert, daß das Orchester durch Clavierbegleitung ersetzt werden kann. –

Apparat

Zusammenfassung

Stückbesprechung: Adagio und Rondo für das Harmonichord

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Jakob, Charlene

Überlieferung

  • Textzeuge: Deutsche Musik-Zeitung, Jg. 3, Nr. 17 (26. April 1862), S. 133–134

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