Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Berlin, Montag, 9. Dezember 1816 (Folge 2, Nr. 8)
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- 1816-12-04: to unknown
- 1816-12-05: from Apitz
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- 1816-12-10: to Seconda
- 1816-12-14: from Clam-Gallas
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- 1816-12-03: to Weber
- 1816-11-30: from Weber
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- 1816-12-14: to Weber
- 1816-12-16: from Weber
Jezt hat mein Muks schon 2 mal gut geschlafen und wird sich schon ziemlich erholen, ja vielleicht heute schon spielen. Ich bitte dich schone dich und spiele nicht zu viele angreiffende Rollen hintereinander besonders keine Donauweibchen pp im Winter ist das gar zu schädlich und könntest dich leicht verderben. ich muß ja eine gesunde und fette Lina haben, sonst – du weist schon.
Den 7t habe ich den ganzen Tag so recht in der Arbeit gehott, und bin mit der Nase gar nicht in die Luft gekomen. Gestern früh war ich um 11-2 Uhr in der KirchenMusik bei Pölchau*, dann Mittags bei Hottos. die alte Hotho*, ist krank und es hätte bald eine Brustentzündung gegeben. Sie hatte sich erkältet. man nehme sich das zur Lehre. Abends machte ich Besuche bey Hoffmann, der Koch /: die ich nicht traf :/ und Krausens, die sich sehr freuten, und wo viel von dir geplaudert wurde. 1000 Grüße von da. die arme Gubitz hat ihr Kind verlohren. du kannst denken welcher Jammer in dem Hause ist. Es ist das erste, und schien so gesund. dieß erfuhr ich bey Kystings wo auch die Türk war. überall muß ich natürlich deine Dresdner Lorbeeren vorzeigen und erzählen*. Alles nimmt freudigen Antheil und grüßt. Heute Abend muß ich nun leider Gottes wieder Füße anziehen, weil eine große Gesellschaft beim Geh: LegationsRath Jordan ist. – Welches mir sehr fatal in der Kälte ist, einen tüchtigen Schnupfen habe ich ohnedieß schon, von der Kindtaufe* her noch.
Mein guter Mukkel es geht mir wie dir, ich habe dir eigentlich auch nichts zu schreiben, und muß nur vom Diskuriren reden, aber es ist mir schon eine Freude am Schreibtisch zu sizzen und mit dir zu papsen. dann lese ich deine Briefe wieder durch, und träume mich zu dir, was du machst, ob du an mich denkst, und so weiter. Es wird mir freylich dabey oft recht weich ums Herz, aber dann nehme ich mich gehörig zusammen, und denke es muß sein, und stärke mich an freundlichen Hoffnungen für die Zukunft. du gute Lina, Du willst also mich besuchen? ach das wäre gar zu höfflich, und werde ich schon kommen, wenn es irgend möglich ist. geht es aber gar nicht an, ja dann werde ich freylich die Höflichkeit bei Seite sezzen und deine Visite annehmen müßen. Ja, wäre es nur erst so weit. Nun es wird auch werden. Geduld — Geduld! — Gestern früh hat mir Lauska wieder einen recht schönen Beweiß von Aufmerksamkeit gegeben, da ich gegen ihn Jammerte, gar keine Briefe von dir zu haben. so kam er eiligst mit einem Briefe seiner Frau gelaufen in dem viel von dir steht, um mich wenigstens über deine Gesundheit und guten Erfolg zu beruhigen. du hast mir nicht viel von ihr geschrieben. überhaupt wenig von denen Menschen die du hast kennen lernen. Sie schrieb daß Sie 3 mal bey dir gewesen wäre ohne dich zu treffen. du magst schön herumschwenzelirt sein. Nimm dich in Acht, sonst sezts Haue!!! ) ) ) ) ) |
Will dir auch gleich zu deinem Geburtstage gratuliren, denn die Briefe sind manchmal lange unterweges, und so kann dieser gerade zu recht kommen. Tausend Millionen Küße von deinem dich über alles liebenden treuen Carl, Gott segne dich + + + und laße dich den Tag recht froh verleben, wahrscheinlich bei meinen guten Junghs. auch ich werde unsern Geburtstag celebrirenT. und deine
Gesundheit Punkt Abends 10 Uhr trinken und auch wo möglich um 3 Uhr Mittags. Wo, das weis ich noch nicht, aber wahrscheinlich werden meine Freunde etwas zu Stande bringen, da ich den 18t auf jeden Fall noch hier bin, ja vielleicht erst nach Neujahr abreise. weil ich noch 2 Arien, ein ganzes Trio, und einige Kleinigkeiten zu machen habe, damit ich etwas ReiseGeld verdiene. Auch brauche ich einen Rott, das ist eine harte Ausgabe. — Also nochmals angestoßen, du sollst leben Bräutchen, Vivat hoch!!! Nun gehe ich zu Tische. Nachher noch ein paar Worte, guten Appetit lieber lieber Muks, Muks, Struks, Puks, Knuks, Luchs, Kuks, Fuchs, Truks, uksT p p p.
Nachmittags.
Da hatte ich an H: Seconda nach Leipzig einen Wechsel geschikt und der Patron hat abermals nicht bezahlt. Nun reißt mir die Geduld die 4 Jahre lange genug gedauert hat, und ich werde ihn etwas nachdrüklich um Zahlung ersuchen, denn ich kann es zur Reise gut brauchen. Jezt krieche ich in die Stiefel und trage den Brief auf die Post. man hat mir gesagt wenn er heute Abend hinkäme, so käme er viel früher nach Prag, als mit der morgenden Post, ich will es also thun und mich erkundigen ob es wahr ist.
Ich warte recht mit Schmerzen auf Nachricht von dir ob du glüklich und gesund angekommen bist, denn du schreibst, daß die Mutter nicht ganz wohl sey. ich hoffe aber daß es nicht von Bedeutung war, und Sie sich wieder erholt hat. Schreibe und erzähle mir nur recht ausführlich von allen Bekannten, wie es geht und steht. Mein Nachfolger ist ja auch angekommen, schrieb mir Apitz. — Glük zu. hüte du dich nur, und schimpfe nicht, sondern finde alles gut, damit der Mann und Niemand über dich klagen könne. Erzählen wirst du genug müßen und dir die Lippen wehe thun. Nun das ist ja auch eine Freude.
Grüße mir ja alle recht schön, die sich meiner errinnern. Gott erhalte dich froh, kräftig, heiter und Gesund. Sey brav und hehalte immer lieb von Herzen, deinen treuen dich unendlich liebenden Carl. |
An meine lieben Junghs, Kleinwächter und Apiz noch extra alles Erdenkliche.
Der Mutter wünsche ich viel Gesundheit.
Seyd Brav und verträglich.
[im Kußsymbol:] 10000000000 Bußen.
An Beers must du nun schon noch ein paar Zeilen nachträglich schreiben, und dich für das Zeug bedanken*.
hörst du?
Editorial
Summary
Tagebuch 7.-9. Dezember; teilt mit, dass er u. U. erst nach Neujahr abreisen werde, um noch etwas Reisegeld zu verdienen; erwähnt verschiedene Kompositionen, die er bis dahin noch schreiben wolle; betr. Ärger mit Seconda wegen alter Honorarzahlung
Incipit
“Jezt hat mein Muks schon 2 mal gut geschlafen”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Weberiana Cl. II A a 1, Nr. 24Physical Description
- 2 Bl. (4 b. S. einschl. Adr.)
- Siegelrest
- wurde zerschnitten; Bl.1 gelangte in den Weber-Familiennachlass, Bl.2 in die Sammlung Weberiana, aus inhaltlichen Gründen 1985 in der Sammlung Weberiana zusammengefügt
- am unteren Blattrand 2r Echtheitsbestätigung von F. W. Jähns (Tinte): “Nachschrift zu einem Briefe von C. M. v. Weber. (an seine Braut.)”
- ebendort Zusatz von ihm (Blei): “1816. No 8. 9. Dez.”
- am oberen Blattrand Vermerk von F. W. Jähns (Blei): “Zu N 8. 1816. 9. Dez. Berlin.”
Provenance
- Bl. 2 vermutlich zu jenen 60 Weber-Briefen gehörig, die Max Maria von Weber Anfang 1854 an Friedrich Wilhelm Jähns verkaufte; vgl. Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 403
Corresponding sources
-
Muks, S. 273–277
Thematic Commentaries
Commentary
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“… Hottos . die alte Hotho”Fraglich, ob Henriette Hotho gemeint oder deren ggf. im Haushalt wohnende Schwiegermutter.
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“… Dresdner Lorbeeren vorzeigen und erzählen”Berichte über Caroline Brandts Dresdner Gastauftritte vom 25. November bis 5. Dezember 1816; vgl. Tagebuch der deutschen Bühnen 1816, S. 364 und 1817, S. 13f. (Nachweis 5. Dezember lt. Theaterzettel) sowie die Presseberichte.