Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Donnerstag, 3. Juli bis Freitag, 4. Juli 1817 (Nr. 63)
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Welch einen gar herzlieben guten Brief hast du mir durch No: 66 geschenkt. Könnte ich dich doch gehörig dafür abküßen. Er hat auch gar gute Wirkung gehabt, und mir großentheils mit zu dem Schluße eines hoffentlich gelungenen Duettes in der Jägersbraut geholfen, daß ich heute Nachmittag aufgeschrieben habe*. Gott gebe nur seinen Seegen dem Ganzen. Gestern d: 2t war Probe von Lodoiska, dann gieng ich zu Kind wo ich Schreyvogel traf. Mittag im Engel. dann gearbeitet, hierauf aufs Baad gegangen, wo ein neues Stük, der 1t Aprill* , förmlichst ausgepocht wurde. dann ging ich mit Kind noch zu Chiapponi*, war aber so müde daß mir immer die Augen zu fielen. Heute habe ich meine Antwort an Brühl expedirt, und bin nun begierig was aus der Sache wird; besonders aber auch, was du dazu sagst. Indem ich dieses schreibe, mußt du No. 62 schon erhalten haben. Dann gieng ich zu denen Wiener Herren, die ihre Anträge wiederholten*, und denen ich vor der Hand versprechen muste, die Jägersbraut sogleich zu schikken, und eine Oper für Wien zu schreiben und sie dann selbst aufzuführen. um Mittag reisten sie ab. und gleich darauf erhielt ich die Nachricht daß der Graf Odonell angekommen sey. ich konnte aber heute nicht hingehen, und werde es Morgen nach Tische thun, ich kann also nicht berichten wie es Ihnen geht und wie sie mir gefallen. ich hoffe du hast sie schon auf meine Bärenkälte aufmerksam gemacht, damit sie nicht erschrekken wenn sie so ein ernstes Wesen sehen. den Ganzen Nachmittag habe ich gearbeitet. bin um ½ 9 Uhr einen Augenblik ins Theater gegangen um Probe auf Morgen zu bestellen, und jezt plaudere ich ein bißel mit Muks, dann nehme ich ein Tränkchen ein, was ausputzen soll, und gehe in Bett. Nun zu deinem lieben Brieflein. Nun, ich glaube ich habe nicht sehr mit dir gezankt, doch weiß ich nicht was du vielleicht alles aus meinem Brief herauslesen wirst. Du hast wohl Großentheils recht in dem was du in deinem Briefe sagst, aber es ist und bleibt traurig, denn es macht mich nicht groß, sondern nur die Andern klein. Wie ganz anderst und herrlich ist es seines Gleichen gegenüber zu stehen, einem Lichtenstein, Hoffmann pp O du dummer Muks, verdientest auch noch Haue, daß du hast vor mir so Scheue sein können, nun hats aber ein Ende, gelte? die Mukkin hat einsehen lernen daß es nicht so arg ist, der steinerne Herr auch sehr schwache Seiten hat, und überhaupt ein gutes Vies ist, der nie jemand etwas wißentlich zu leide thut. Ja ja, Lina, ich freue mich unendlich auf die Zeit unsrer Vereinigung, erhält dir Gott diesen heitern Sinn, so wird er auch mir nicht fehlen, und die Jahrelange über mir liegende Eisrinde wird schmelzen, und ein heiterer Brumbär hervorgehen. Die Stelle aus dem Buche ist sehr wahr, und‡ schön, und freudig rufe ich mit aus, Gott segne die freundlichen Geschöpfe, wenn sie nehmlich so ganz sind was sie sein sollen. Welche herrliche Bestimmung, ein steter lebender blühender Friedens und VersöhnungsZweig zu sein, zu stärken, zu erheitern, zu laben, giebt es ein höheres Glük, als das Andere Glüklich zu machen? Ja wohl hat die Natur dir alle Anlagen dazu gegeben, und der Himmel schenke dir Kraft und Einsicht sie zu benuzzen und auszuüben. An Gelegenheit dazu wird’s nicht fehlen, meinst du Spizbube selbst. Ja ja, kannst Recht haben. Wird aber nicht so arg sein, wenn du immer so handelst daß ich meine Freude dran haben kann, wie denn kein Zweifel ist. Es wird schon Alles gut gehen. Der Mutter gratulire | doch nachträglich bestens in meinem Nahmen. ich habe mirs nun aufgeschrieben und werde es nicht mehr vergeßen. – Junghs hätten sie freilich einladen können, aber – es war so ehrlicher von ihnen. Wir wollen da nicht viel davon sprechen. Wäre die Mutter 40 Jahre früher unter andere Menschen gekommen, so wäre vieles beßer. – O Theater – – Ist mir lieb daß du dich mit der Dr:n einmal recht ordentlich ausgeplaudert hast. So in einsamer Stunde geht das freilich am besten, denn den Tag über komt man nicht leicht dazu, da immer etwas störendes dazwischen fährt.
Ich bin recht froh, daß du den Brief durch Geyer erhalten hast, doch ist es Schade daß du ihn nicht selbst sprachst. ich sehe ihn oft und er hätte dir viel erzählen können. Das ist einmal ein kluges Wort was du am Ende sagst, daß du nicht wieder so dummes Zeug aus meinen Briefen herausstudiren wolltest. es wäre einmal Zeit – – – Die Ueberrökke werde ich seiner Zeit mitbringen. Auch mir hat [das] Wort Geduld lange kein so verdrießliches Gesicht mehr. Gott sei Dank; So muß endlich alles Leid sich in Frieden und Freud verkehren.
Das ist allerdings der Preiß des Calicos der hinten drauf steht, und zwar in guten Groschen, wo 16 auf einen Gulden gehen. Schreibe es nur wenn es Komißionen giebt, ich besorge es gerne.
Nun muß ich aber in Bett. Gute Nacht mein vielgeliebtes Bräutlein, Gott segne dich + + +, bleib ehrlich und from bis daß ich wiederkom, 3 Monat gehn bald herum. und behalte lieb deinen dich über alles liebenden treuen Carl.
Alles Schöne an Drs: und Grünbaums.
Das Tränkchen will nicht recht wirken. ich habe heute früh um 4 Uhr den Rest genomen, und es ist mir abscheulich dabei zu Muthe, das schadet aber nichts wenns nur hilft. Werde dann wohl auch ein Waßerl trinken müßen, und mich überhaupt recht ausputzen abstauben, auskehren und fegen und scheuern laßen, damit die Mukin, einen saubern Muks kriegt der eine Weile hält. das unangenehmste ist, daß der treffliche Dr: Weigl binnen wenig Tagen nach Italien reist. Nun er wird mir schon sagen was ich zu thun habe, und mich einem andern in die Hände liefern. Liebste Mukkenlina Heute kann ich mich nicht mit dir abgeben, muß bald in die Probe und um 12 Uhr geht schon die Pozt. hab dir auch eigentlich nichts mehr zu schreiben, denn so gewiß zärtlich und mit Flattdusen darf ich ja doch nicht mehr komen, dazu sind wir schon ein paar zu alte Liebesleute, und ich muß dich auch schon an den ehelichen Geschäfts Briefstiel gewöhnen. Lektion habe ich auch schon im Leibe*, jezt muß ich mich anziehen, und wenn die Probe nicht zu lange dauert /: was aber wohl geschehen wird :/ gehe ich noch zu Odonells. auf jeden Fall Nachmittag. Es ist recht schön, daß die Post jezt öfter geht, so kann man doch auf einen extra Fall eher Antwort haben. bin recht kurios wann deine auf No: 62 kömt. In diesem Monat muß sich alles entscheiden. Gehe ich | nach BerlinT, so ziehe ich nicht erst aus, selbst wenn ich das ganze Jahr hier aushalten müste, und du müstest auch in meiner kleinen SchachtelT vorlieb nehmen. die Möbel würden mit Kisten versehen, und gleich so weiter spedirt. Es wäre überhaupt ganz eigen. aufrichtig gesagt glaube ich es noch nicht. das ganze Resultat wird sein, daß man hier einsehen lernt daß ich auch von andern Seiten gesucht werde, und daß daher sich meine Verhältniße schneller ins Reine bringen laßen. aber mehr Gehalt und dergl: wird nicht herauskommen. – Nun wir wollen sehen ob ich recht habe. adio. Mukkin. sey brav und heiter. Gräm dich nicht etwa wegen meiner genommenen Laxanz, ich will dir auch recht oft schreiben wie’s mir geht, und hätte Euer Kaiser die Briefe nicht so theuer gemacht, so schikkte ich dir ein tägliches Gesundheits Bulletin deines Monarchen.
Nun also meine Beste, hier hat Sie in Gnaden Pfot zu bußen. – nun da sie sie so ehrfurchtsvoll bußt, so geb sie nur Schnut her, da da, Millionen — — Bußen. Gott segne dich + + + Ewig dein dich zärtlichst liebender Carl.
Editorial
Summary
habe am 3. Juli nachmittags ein Duett für die “Jägersbraut” geschrieben; Tagebuch 2. Februar; habe Brühl geantwortet; habe Zusage gegeben, die “Jägersbraut”, sobald sie fertig sei, nach Wien zu schicken, außerdem, eine Oper für Wien zu schreiben und sie dort selbst aufzuführen; betr. Berlin/Dresden
Incipit
“Welch einen gar herzlieben, guten Brief hast du mir”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
Thematic Commentaries
Text Constitution
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“und”added inline
Commentary
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“… ich heute Nachmittag aufgeschrieben habe”Schluss des Duetts Nr. 6 „Schelm! Halt fest“.
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“… , die ihre Anträge wiederholten”Erneute Engagementsofferte für die Wiener Hofoper; vgl. dazu auch die vorhergehenden Briefe an C. Brandt.