Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Ems, Samstag, 23. und Sonntag, 24. Juli 1825 (Folge 1, Nr. 9)
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Da sind wieder 2 Tage verstrichen wo ich nicht mit meiner guten Mukkin plaudern konnte, obwohl Sie es so lieb und gut in Ihrem Brief No: 4 vom 12t und 13 gethan, den ich d: 21t erhielt, und mit großem Herzklopfen eröffnete. ich fand aber gottlob daß du recht brav warst, und daß meine bald aufeinander folgenden Briefe Dich bald beruhigen mußten. Mit meiner Laune geht es im ganzen recht gut, und außer einer gewißen Wehmuth, und Sehnsucht nach Euch, kann ich sogar lustig sein. Mein ganzes Nervensystem ist sichtlich kräftiger und weniger reizbar, und daraus geht auch mein Wohlbefinden hervor. Johann hat mich nicht weiter geärgert, im Gegentheil muß ich ihn als exzellenten Kutscher rühmen, und wenn er auch ein QuängelPeter ist, und alles so komode haben will wie zu Hause, so ist doch immer die Sorgfalt für seine Thiere die Ursache dazuT. Das Wetter ist herrlich. ein paar Tage war es kühler und heute Morgen regnete es, jezt aber ist der Himmel schon wieder heiter. Was den H: v. Martini* betrifft, so soll er zum Gukguk gehen. während ich das Geld verschwende, sollte meine Mukkin sparen? und mit den Kindern sich der nothwendigsten Gartenluft entschlagen? Nein, nein, daraus wird nichts. Nun sind wir einmal da eingewohnt, allem Glauben nach bekommen wir einen sehr schönen Herbst, und da wollen wir noch 5—6 Wochen miteinander recht fröhlich sein, und den Garten genießenT. Also — ein Kompliment, und es wär nitz! Das freut mich recht, daß Du Dir endlich ein Herz gefaßt, und in meinem Bette geschlafen hast. gewiß ist es beßer und nicht so beängstigend als in dem kleinen Käfferchen. Und siehst Du! da bist du gleich vergnügter und ruhiger aufgestanden. Für Mosje Max bitte ich sehr um Rhabarber, denn mein guter Junge ist doch sonst nicht so unbändig. Daß Devrients in Berlin angekommen waren, hatte ich gehört, daß Sie aber so schnell nach Hause giengen hätte ich nicht geglaubt. Doch es ist gut so, daß sie etwas braucht und sich erholt. Also hat Euryanthe ihre Schuldigkeit gethan?* Gottlob! —
Nun kommen meine Neuigkeiten. Wolfs kommen hieher, und die Milder. auf erstere freue ich mich sehr. d: 20t war ich Mittags recht angenehm bei Piattis. Abends war Gesellschaft im Saale. und ich erhielt einen Brief von Kemble der in wenig Tagen hier eintreffen und die Sache mit mir ordnen wird. Er warf meine Bedingungen gar nicht weg, und meint wir würden uns schnell einigen. wenn er also nur die Hälfte zugiebt, so kann ich schon auf ein hübsches Sümmchen rechnen.
Wie ruhig und fröhlich will ich sein wenn Gott mir noch die Beruhigung schenkt, Euch sorgenfrey zu wißen. Der 21t vergieng in der täglichen geschäftigen Nichtsthuerey des Trinkens, badens, An, und Ausziehens pp. und wurde erheitert durch dein liebes No — 4. d: 22t Machten wir in 3 Wagen, nach dem Trinken, um 1/2 10 Uhr , die herrliche Parthie nach Koblenz*. Ein bedekter Himmel mit einzelnen Sonnenblikken begünstigte uns sehr. wir fuhren auf der Mosel und dem Rhein, aßen in Thal Ehrenbreitenstein* zu Mittag, und besahen nach Tische die neue Festung. Welche Aussicht!!! Wunderherrlich. und um 7 Uhr waren wir wieder in Ems. Die HothosT laufen wie beseßen, und der Johann ist nicht wenig stolz darauf, daß die Dresdner Equipage die schönste hier ist; obwohl seit Gestern mich Bethmann ein bischen in Schatten stellt*. Heute Mittag habe ich beim Prinz Friedrich gespeißt, Kaffee bei Leerse getrunken, und dann bin ich davon gelaufen um endlich mit Dir zu plaudern, und nun gehe ich ins Konzert eines H. Gehring, Violinspielers. Die Bäder sind äußerst mild und angenehm. sie jagen mir an vielen Stellen des Leibes und der Brust einen Friesel heraus. Mein Kopf ist frey, meine Glieder leicht. Apettit, Verdauung und Schlaf gut; aber ich huste öfter wie sonst, und die Heiserkeit ist ohngefähr so wieder, wie ich abreißte. Doch ist mein Arzt zufrieden, und ich bin es auch, in Hoffnung auf die Folgezeit. Ich muß nur immer noch zu viel sprechen; und ich mag fliehen wohin ich will, man findet mich auf und hält mich fest. Mündlich werde ich Dir manche spaßhafte Anektodte erzählen können. Nun aber ade für Heute. Gute! gute Nacht! Ihr Lieben!!! was habe ich für Sehnsucht nach Euch! — — Geduld — wenn ich Euch nur erst wieder ansingen kann!!! — —
d: 24t So eben erhalte ich Deine No: 5 vom 16 und 17t und bin herzlichst erfreut daß der Gelnhauser seine Schuldigkeit gethan und Dich beruhigt und so liebenswürdig gemacht hat. Wenn ich Dich also zu Hause einmal so recht extra bon jour haben will so werde ich Dir einen Brief schreiben müßen. ich werde fast eifersüchtig auf den H: v: Bezahlhaas werden, er ist ganz der Mann darnach. O! ich laße mir auch die Cour machen von all denen Damen. Kannst aber ganz ruhig sein, es giebt nur eine Mukkin für mich. — Du guter alter Hamster. Da hast’n Buß [Kußsymbol]. |
Das ist hübsch von dem alten Hedenus daß er Dich besucht, und noch viel hübscher von Dir daß Du ihn nicht brauchst. Die HothosT sind ganz dik und fett. ich sagte dem Johann daß seine Frau noch nicht nach ihm gefragt habe, ach die — sagte er. — — Das mit der Lene wäre sehr fatal. hast du es ihr denn nicht vorgehalten? Wenn Mosje Beral nicht zu dir komt so thut es auch weiter nichts, laß ihn laufen. Du hast sehr Recht wenn Du glaubst daß T. viel zu viele Leute engagiert — Meinetwegen — sollen nur mich gehen laßen. Also das Eßen gewöhnst Du Dir ab? Ey! Ey! Da werde ich nicht Gesellschaft leisten können, mir schmekt es recht gut. aber freilich Abends eße ich auch nur Suppe und compot. Du hast Recht, Roth alles zum Aufheben zu geben. brauchst Du denn aber nichts? ich bitte mir es aus daß Du nicht etwa übertrieben sparst und Dir es an der Seele abknikkerst.
Hat denn Devrient die Euryanthe nicht abgeliefert?* und wie steht es mit der Abschrift für München? Bärmann hat mich dringend daran erinnert. sie wollen sie im 7ber‡ geben. Mit dem Ton angeben ist es nitz mehr, mein gutes Herz! hab’ ja noch keine Stimme. Vielleicht kömts mit der auch wieder. Heute sind 3 verschiedene Parthien arrangirt worden, man hat mich zu jeder so schön gebeten, nitz!!! Stumm wie ein Fisch, und ins Bad. So Parthien auf den ganzen Tag, bringen aus aller Ordnung. Nachmittags ja, wenn alle Geschäfte vorbei sind, da ist es was anderes. Ich habe hier noch 3—4 Personen gefunden die damals auch hier waren, was mich recht freute. Das gestrige Concert des H: Gehring war schauderhaft; aber doch sehr kurz.
Die Hizze war bei uns durch 6—7 Tage zwischen 25—30 Grad. Du kannst also denken wie sie war. nun ist die Luft etwas abgekühlt aber doch noch schön warm. und nun heißts sschließen. Grüße mir alle schönstens, meinen Herz Max und Lex küße ich innigst, die alte treue brave Mukkin umarme ich in treuster Liebe. Gott segne Euch Alle + + + und erhalte Euch froh und Gesund Eurem nur durch Euch in der Welt lebenden treuen Vater Carl.
Editorial
Summary
Reaktion auf die Briefe der Ehefrau; Berichte über anwesende und angekündigte Kurgäste, auch Kemble habe sein Kommen in Aussicht gestellt; Weber erregt Aufsehen mit seiner Kutsche; Erkundigungen nach Euryanthe-Abschriften; schauderhaftes Konzert von Joseph Gehring
Incipit
“Da sind wieder 2 Tage verstrichen”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 192Physical Description
- 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
Provenance
- Weber-Familiennachlass
Corresponding sources
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Joachim Veit, Eveline Bartlitz und Dagmar Beck (Hg.), “...die Hoffnung muß das Beste thun.” Die Emser Briefe Carl Maria von Webers an seine Frau, München 2003, S. 62-64 (mit Faks.)
Thematic Commentaries
Commentary
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“… Was den H: v. Martini”Vermutlich fälschlich für Michaeli: Bis zu diesem Tag (29. September), einem der üblichen Termine für Mietverträge, blieben die Webers in ihrem Sommerquartier in Cosels Garten vor den Toren der Dresdner Neustadt; am 30. September ist im Tagebuch der Umzug in die Stadtwohnung vermerkt. Statt der erhofften fünf bis sechs Wochen (vgl. weiter unten) verbrachte das Ehepaar nach Webers Rückkehr (1. September) noch genau vier Wochen im Sommerhaus (bis zum Martinstag wären es fast zweieinhalb Monate gewesen). Möglicherweise hatte Caroline von Weber angeboten, aus Ersparnisgründen schon früher mit den Kindern in die Stadt zurückzukehren.
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“… hat Euryanthe ihre Schuldigkeit gethan?”Während ihres Gastspiels in Königsberg war Wilhelmine Schröder-Devrient dreimal (23., 26. und 28. Juni 1825) in der Titelpartie von Webers Oper aufgetreten; vgl. den Bericht in der AmZ.
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“… Rhein, aßen in Thal Ehrenbreitenstein”Der nassauische Regierungsbezirk Thal-Ehrenbreitstein existierte nur bis 1815; Weber meint hier wohl ein Gasthaus unterhalb der Festung Ehrenbreitstein.
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“… Devrient die Euryanthe nicht abgeliefert?”Zur leihweisen Überlassung der Aufführungsmaterialien (handschriftliche Partitur und Orchesterstimmen) für die Aufführung in Königsberg vgl. Webers Brief vom 13. Mai 1825 an Carl Devrient.
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“7ber”abbreviation of “September”.