Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: 26. Dezember 1813 und 1. Januar 1814

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Theater.

Prag. – Den 26. Dec. Zum ersten Mahl: Heinrich von Hohenstaufen, König der Teutschen, Trauerspiel in 5 Aufzügen, von Caroline Pichler, geb. v. Greiner. – Dieses Werk stellt sich durchaus als die Geburt eines zarten und teutschen weiblichen Gemüths dar, welches mit dem historischen Theil oft sehr frey umging, um seine patriotischen Gefühle daran zu schmiegen, und selbe auszusprechen. Die Behandlung ist durchaus edel, doch hat es den Fehler der meisten Stücke dieser Art, daß die zu große Menge der mitspielenden Personen es den meisten Bühnen unmöglich machen, diese gut zu besetzen. Die Wirkung dieses Trauerspiels auf das Publicum war gering, woran wohl meistens Schuld seyn mag, daß die meisten und anziehendsten Stellen, die sich auf Teutschlands Wohl und Freyheit beziehen, jetzt, wo wir das große Rettungswerk gleichsam als vollendet ansehen, nicht mehr die Theilnahme erregen, als in dem Augenblick, wo es auf der Wiener Bühne erschien – wo gerade der erste Riesenschritt zur Befreyung gethan war, und alle teutschen Gemüther mit enthusiastischer Hoffnung erfüllte. So brav Herr Liebich den Kaiser, Herr Bayer seinen Sohn, Mad. Brunetti Brunnhilden, und Mad. Löwe die Margarethe gab, so ist das Stück dennoch bis jetzt noch zum zweyten Mahl auf die Bühne gekommen.

Mad. Schröder hat bisher noch drey Gastrollen gegeben, und sich in jeder derselben als vollendete Künstlerinn dargestellt; vor allem war Medea die Krone. Sie hat diesen Charakter so vollkommen aufgefaßt, und gibt den wilden Sturm eines empörten Gemüths so unübertrefflich wieder, daß es wohl sehr schwer seyn dürfte, sie in dieser Rolle zu erreichen. Bewundernswerth ist die Modulation ihrer Töne und die oft so äußerst schwierigen Übergänge dieser Rolle. Ein interessantes Seitenstück dazu war die moderne Medea, Gräfinn Orsina in Lessings Emilia Galotti, die sie mit eben so großem Studium und jener Delicatesse ausführte, welche die Künstlerinn vom ersten Range bezeichnet. Auch Johanna von Montfaucon sahen wir von ihr, aber hier bewirkte Kraft und Wahrheit ihrer Darstellung nur das traurige Resultat, daß uns die Mängel dieses bizarren Schauspiels noch mehr in die Augen fielen.

Den 1. Jän.: Zum ersten Debut der Dlle. Brand aus Frankfurt: Aschenbrödel, Oper in 3 Akten von Isouard. Diese Oper ist seitdem sechs bis sieben Mahl bey meist vollem Hause gegeben worden, und die Anbether der französischen Oper gründen darauf die Hoffnung, daß Prags Kunstliebhaber endlich ihren Geschmack an dieß Genre gewöhnen werden. Zu großem Unglück für diese ist es aber keineswegs der innere Werth dieser Oper, sondern eines Theils die anziehende Intrigue – denn eine Art von ¦ Intriguenstück hat der französische Dichter allerdings aus dem alterthümlichen Mährchen gemacht – und andererseits sowohl der äußere Glanz, womit sie von der Direction ausgestattet worden, als auch die sehr glückliche Darstellung, deren sie sich erfreut. In der That hat Herr Liebich nichts zu wünschen übrig gelassen, was dem Auge schmeicheln kann, und auch die Besetzung der Rollen ist so gut, als es das Opernpersonale zuläßt *); ja man möchte sagen, weit über die Kraft desselben, da Herr Liebich selbst die Rolle des alten Freyherrn übernommen, die er meisterhaft gibt; auch Herr Polawsky stellt als Dandini ein ganz vollendetes Bild in einem Genre dar, welches wir bisher an ihm noch nicht kannten.

(Der Beschluß folgt.)

[Original Footnotes]

  • *) Leider können wir dieß nicht immer von der Oper rühmen, und es ist unbegreiflich, wie ein so kenntnisreicher Operndirector, als Herr C. M. v. Weber, die Kräfte seines Personals so wenig abzuwagen und zu benutzen weiß. So muß z.B. Hr. Grünbaum, dem die Natur mehr Milde als Kraft verliehen hat, in jeder Woche drey bis vier Mahl singen, und in Rollen, die gar nicht für ihn taugen, die Gunst des Publicums in dem Grade verscherzen, daß es selbst manchmahl ungerecht gegen ihn wird, während Herr Mohrhardt, dem eine Riesenstimme zu Theil geworden, oft wochenlang gar nicht erscheint, so daß man schon den Capellmeister beschuldigte, er wolle diesem durch den Reiz der Seltenheit die erhöhte Theilnahme des Publicums sichern. Da es bey einem Kunstunternehmen dieser Art durchaus auf Totalwirkung ankommt, so sollten hier alle andere Rücksichten schweigen, und jeder die Rollen spielen, für die ihn sein Talent vorzüglich eignet. Da nun hier zwey erste Tenoristen sind, wovon der eine mehr in das sanfte und zarte Fach, der zweyte für lebhafte und Heldenrollen paßt, so wäre sehr zu wünschen, daß Herr Grünbaum, dessen solide musikalische Kenntnisse ihn vorzüglich zum Vortrag Mozart‘scher Musik geschickt machen, den Don Ottavio, Belmonte in der Entführung aus dem Serail, Titus, Tamino in der Zauberflöte, Ferrando in Cosi fann tutte, ferner Atar im Axur und andern ähnlichen Rollen in classischen Opern spielen möge; auch der sanfte Prinz Ramiro, in Aschenbrödel, der Herzog in Elisene, passen sehr wohl für ihn; nur wäre es dann zum Totaleffect in diesen Opern notwendig, daß Herr Mohrhardt zweyte Rollen, z.B. Masetto, Monostatos u. s. w. übernähme. Sollte dieß seine Ansprüche als ersten Tenoristen kränken, so trößte es ihn, daß der vortreffliche Tenorist Baglioni selbst den Monostatos sang; überdieß fallen sodann ihm, als ganz seiner Jugendkraft angemessen, die Helden Licinius, Cortez, und der jovialische Johann von Paris zu, da zumahl sich sein Vortrag und der größere Umfang seiner Stimme ganz für die neuere französische Oper eignet. Beyde fänden hier ihren Vortheil, beyde würden sich in der Kunst des Publicums erhalten, und das Ganz müßte, indem beyder Kräfte vereint für den Genuß des Publicums wirken, ohne Zweifel gewinnen.

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Ina Klare

Tradition

  • Text Source: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 6, Nr. 29 (19. Februar 1814), pp. 116

Text Constitution

  • “andere”sic!

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