Amalie Beer an Giacomo Meyerbeer in München mit Nachschrift von Jacob Hertz Beer
Berlin, Samstag, 27. Juni 1812

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Herrn

J. Meyerbeer wohlgeb

in

München

Lieber Meyer schon längst hat ich mir vorgenommen Dir zu schreiben wie außerordentlich freundschaftlich sich Iffland gegen uns nimmt, allein die Unpäßlichkeit von Großvater macht, daß ich täglich nach der Stadt muß, daher mir immer so wenig Zeit zum schreiben bleibt, daß ich froh bin, wenn ich Dir das Nöthigste schreiben kann, da ich aber heute hier bleibe, so will ich Dich ein wenig davon unterhalten, da es Dir eigentlich lieb sein muß. Iffland ist den Winter über öfters zu mir gekommen, den Sommer, wo ich wie Du weißt, im Großvaters Haus im Thiergarten wohne, kömmt er alle Woche einigemal zu mir ja öfters kömmt er so gar, des Morgens um 7 Uhr schon, bleibt bei uns bis Vater nach der Stadt fährt, dann bringt ihm Vater nach den Tehater, er gefällt sich so bei uns, daß er mir öfters gesagt hat, ich bin bei keinnem Menschen lieber als bei Ihnen, er ist von einer zu vorkommenheit, die kaum von ihm denkbar ist, den weil er sonst so gar sehr sparsam da mit ist, so daß viele leute glauben er ist stolz und Mühe haben an ihn zu kommen, so geht es mit Herr von Weber, den kann er nicht gut verdauenT. In 8 Tage wird seine Silvana gegeben das wäre gewiß nicht geschehen, wenn wir nicht waren, der Kapelmeister hat mir heilig versichert Iffland gibt sie weil es Meyerbeer und sie wünschen, denn es soll nicht viel dran sein, meinetwegen gestehe ich Dir offen hätte er es können bleiben lassen, so könnte ich Dir 1000 Dinge erzählen wie gefällig er gegen mich ist, Order hat er | im Tehater gegeben, daß jeden Tag bis ein Uhr des Mittags eine Loge für mich aufbewahrt werden muß, kurz er hat von ersten bis zum Lampenputzer, al[le]s in Respekt gesetzt, der Kapellmeister sagt ich weiß nicht was sie mit I gemacht haben, er war nie so gegen ein Frauenzimmer, und ich gestehe Dir selbst hätte ich nicht in München und Berlin lebende Beweiße rum zu gehen ich werde anfangen an meiner Weiblichkeit zu zweiflen. Er hat aber auch Dich sehr lieb und hat warhaft echtes Intresse für Dich, er kömmt nicht einmal wo er sich nicht gleich erkundigt wie es Dir geht, so kam er Donerstag zu mir frug mich was macht ihr Herr Sohn, ist er wohl, und wird seine Opera bald gegeben, ich sagte ihm es macht mir Kummer, daß Du die Fataliteät hättest mit dem Bassisten, und gab ihm Dein Brief, als er mit lesen fertig war, frug er darf ich um den Brief wissen, so sagte ich wie natürlich warum nicht, nun dann erlauben sie, daß ich an ihm schreiben darf, denn da er einmal in München ist so darf er nicht weg gehen, ehe man was von ihm gehört hat, da liegt mir zu viel dran, und ich werde den Brief so einrichten daß ihm Vogler auch sehen kann, denn vielleicht würden ihm die Demaschen* schwer, die da zu gehören um eine Opera auf der Bühne zu bringen und das wird Vogler so wie auch Seligmann leicht, das hat er aber so war Gott der Allmächtige lebt, gethan ohne dem daß wir eine Sielbe zu ihm gesagt haben, Du köntest sonst glauben wir haben ihm dazu aufgefordert, und eben schickt er mir den Brief | den Du einliegend erhälst, ich bitte Dich nur um alles in der Welt antwort ihm ja gleich und mache es nicht mit ihm wie mit so vielen andern, so viel sei versichert kömmt eine Opera hier von Dir auf der Bühne, so wird sie gewiß an keinen Ort der Welt so gegeben als hir Du hast ein großen Stein bei ihm in Brett Ob ich Dich zwar noch lang unterhalten könnte so erlaubt mir die Zeit nicht mehr zu sagen als Dich zu bitten ja an Iffland Anwort zu schreiben,

Du erfreust dadurch Deine Dich liebende MutterABeer

Da Mutter den Brief schon zu gesiegelt so mus ich meinen Gruß hier anbringen, du hast mir kein Wort über das reise Fortepiano gesagt obs dein Beyfall hat indeßen Warum verlange ich just heraus antwort da ich auf so viele an Fragen keine erhalte ist dieses allen Großen Männern eigen?JHBeer

Apparat

Zusammenfassung

über Besuche Ifflands, der C.M.v.Weber nicht „gut verdauen“ könne; in 8 Tagen werde dessen Silvana gegeben, was nur auf Drängen der Beers möglich war; B.A.Weber habe versichert, sie würde nur gegeben, weil MB und Beers dies wünschten; B.A.Weber wolle wegen der Aufführung von MB’s Oper nach München schreiben

Incipit

Lieber Meyer schon längst hat ich mir vorgenommen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Heinz Becker; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: N. Mus. Nachl. 97, A/87

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S.)
    • auf der Adressenseite Nachschrift von J. H. Beer

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Becker (Meyerbeer), Bd. 1, S. 185–186

Textkonstitution

  • „immer“über der Zeile hinzugefügt
  • „er“über der Zeile hinzugefügt
  • „den“über der Zeile hinzugefügt
  • „ist“über der Zeile hinzugefügt
  • „Dinge“am Rand hinzugefügt
  • „ge“über der Zeile hinzugefügt
  • „lebt“über der Zeile hinzugefügt
  • „dem“durchgestrichen
  • „daß“über der Zeile hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • „… vielleicht würden ihm die Demaschen“Demarche = diplomatischer Einspruch.

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