Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Freitag, 31. März und Samstag, 1. April 1826

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To charles Maria v: Weber

No 91 gr: Portland Street Portland

Place by Sir gorge Smart

per Hollande

London

erhalten London d: 14t Aprill 1826
btw ---------------
durch No: 19.

Mein innig geliebter Theurer Carl! Beynah 8 Tage habe ich nun wieder keinen Brief, aber ich weiß, daran ist der contraire Wind Schult, Knobloch hat mir das gesagt, und so muß ich ja wohl zufrieden sein. Morgen kommen villeicht wieder 2. Ich bin recht ungenügsam nicht wahr mein Alter? aber wenn Du bedenkst daß ich, außer meinen Kindern, sonst jetzt keine Freude habe als Deine Briefe, so wirst Du über Deine Mukin nicht böse sein wenn sie so habsüchtig lauert. Die Henickstein die Dich herzlich grüßt, wird in 8 Tagen fortreisen, sie mahnt an Dein Versprechen ihr nach der Oper zu schreiben. Heute fant ich sie unpaß im Bett, sie klagte über Halsweh. von ihr erfuhr ich auch daß Du mit großen Beifall in Gesellschaft Klavier gespielt hast* — ist denn das wahr? Du schreibst kein Wort davon, drum zweifle ich auch noch. Wenn ich jetzt Abends 7 Uhr schlagen höre bekome ich immer Herzklopfen, denn dann denke ich immer — villeicht geht jetzt die Oper los ach wäre nur der Stein erst vom Herzen! wie man hier gespannt ist auf den Erfolg der Oper, kanst Du denken. Die Engländer sollen doch manchmal ein komisches Völkchen sein, was seinen eigenen Gusto hat. bist Du denn noch nicht beim König gewesen? oder ist er nicht in London? Hoffendlich ist auch bey Euch das Wetter beßer als bey uns, denn wir haben imerwährend Regen und Schnee, auch heitzen wir noch tüchtig ein, so daß ich mit Schaudern dem Ende unsers Holzes entgegen sehe. Ach meine gute Männe ich bin sehr betrübt wenn ich sehe wie das Geld so fliegt! Diesen Monat habe ich schon 130 Thaler Extra Ausgaben — ja ja, es ist toll. Auch im Haus ist wenig zu ersparen, denn die tröstenden Abendgesellschaften kosten immer viel Geld. ich sehe nun recht gut daß es ganz unmöglich ist mit dem Gehalt auszukomen, auch wenn die gewißen auswärtigen Blutigel nicht wären. Wie gesagt! sparen werde ich nichts, darauf spitze Dich nur nicht mein Alter.      Den 3t Aprill will ich auch das schwere Werk beginnen und unsern guten Lex abgewöhnen. Hedenus hat ihm jetzt zum Abführen eingegeben damit der Körper rein ist. habe ich Dir schon geschrieben das er mir auch seinen Sohn vorgestellt hat, und daß der nun viele Besuche für den Vater macht? ein recht artiger, ernster junger Mann, zu dem man Zutraun haben kann.      Gestern hat nun hier auch das Theater wieder begonnen, aber gleich recht unglüklich, denn das Stük (die falschen Vertraulichkeiten)* ist wieder so durchgefallen daß nicht viel an Pochen fehlte. Der arme Lüttigau!! |

Tieks, die ich gestern auch besuchte, grüßen bestens. Er ist noch recht schwach, aber außer Gefahr. Kaßkel hat mir heute einen diken ungesiegelten Brief zum einschließen geschikt, aber da er weiter nichts enthält als Freudenbezeugungen, und den guten Rath recht viel Austern zu eßen, und Dich tüchtig bezahlen zu laßen, so denke ich, wir wollen lieber den Thaler ersparen den er kostet, und Du liest ihn gelegendlich hier. — Außer den gewißen Directions Briefen, ist auch noch kein Auswärtiger eingelaufen, aber 6 Thaler Porto habe ich doch heute wieder bezahlt. Die Oper: Mathilde von Hauptman, hat in Kaßel sehr gefallen, sie soll hier gegeben werden*, und Marschner hat die Partitur hier bey Dir gesucht. Schon zu Könneritz Zeiten soll sie gekauft worden sein. Das Suchen war aber vergebens, gerne hätte der Neidhamel bey der Gelegenheit seine Nase ein bischen in die Partitur des Oberon gestekt, aber ich mannöverirte ihn geschwind wieder aus Deiner Stube.      Es ist sonderbar mein Alter daß mich imer noch in Deinen Zimer eine solche Wehmuth befällt! muß ich hinüber gehen, ist mir immer das Weinen näher als das Lachen. Im ganzen aber bin ich äußerst sehr brav, und halte mich tapfer. Auch fange ich an wieder beßer zu schlafen, daß ist eine große Wohlthat für mich. Hedenus hat mir etwas zum Abführen verschrieben aber diesmal wars gut, und ich habs ortendlich gern genomen. Ich weiß nicht, ich fange an das Zutraun zu den homoopatischen Mitteln zu verlieren. Die Diet ist aber gewiß recht gut, und ich will sie auch beybehalten. Was magst Du wohl jetzt machen? vermuthlich bist Du im Theater oder wirst zu Hause hotten und arbeiten? Doch das Letzte will ich nicht hoffen, das wäre etwas spät. Ich will nun in mein Bett krichen und von meinen lieben lieben Muks träumen.

Schlaf wohl mein guter Alter. Gott schenke Dir eine ruhige Nacht +++ Deine Lina wird noch den lieben Gott um Glük und Segen für die Männe bitten. gute gute Nacht.

Den 1t Aprill Mittags.      Wieder ist kein Brief gekomen! aber der Briefträger vertröstet auf morgen, nun gott gebe es das ich eine frohe Nachricht erhalte. Den ganzen Morgen | war ich überlaufen von Besuchen die alle Nachricht von Dir haben wollten. Böttiger grüßt bestens. Von Schlesinger habe ich einen sehr unzufriedenen Brief bekomen. Ich hatte ihm nehmlich eine Abschrift von dem Privilegum geschikt, und weil er daraus sah daß es von der Behörde Dir und nicht ihm ausgestellt ist, fürchtet er gewiß die Hände mögten ihm gebunden sein. Den Brief von S. habe ich Engelhardt geschikt der mag darauf antworten. Er mahnt auch wieder an die Partitur*, aber ehe Du mir darüber nichts schreibst, bekömt er sie nicht. Wer weiß denn in was für Hände sie da kömt, und was der alte Jude damit anfängt. erst muß die Oper gegeben sein ehr vertraue ich dem Schuft nichts an. Doch gnug von den Angelegenheiten, muß der guten Männe auch noch ein paar freundliche Worte von uns sagen. Kein Augenblik vergeht wo wir nicht mit inniger Sehnsucht an unsern guten Vater denken. Konntest Du [nur] einmal unsichtbar einen Tag unsere Gespräche, unser Thun und Treiben belauschen, du würdest manchmal lächlen, aber gewiß dich auch freuen wenn Du siehst wie wir nur in Dir leben. Der gute Rothe hat mich eben verlaßen, und mir alles Schöne an Dich aufgetragen.      Unser Max meint, der Vater blieb diesmal recht lange aus, er würde gewiß schon recht brav und groß sein wenn er wieder kömt. Heute früh sagte ich ihm, bitte den lieben Gott um Segen für Deinen Vater. Dar meinte er: was soll denn der Vater mit Sägen machen? ja jetzt fängt er schon recht an zu fragen, und alles will er erklärt haben. Das mag denn künftig Dein Geschäft sein, denn mich würde er manchmal in Verlegenheit setzen.

nun behüthe Dich der liebe Gott mein theurer lieber lieber Carl. bleibe Gesund, und behalte uns nur halb so lieb als Dich Deine Lina hat. 1000 Küße.

Apparat

Zusammenfassung

wartet mit Sehnsucht auf den Premieren-Bericht; Privates; hat einen Brief von Schlesinger bekommen, in dem er moniert, dass das Privilegium auf Weber und nicht auf ihn ausgestellt ist, mahnt die Oberon-Partitur an, die sie ihm aber nicht ohne Weisung herausgibt

Incipit

Beynah 8 Tage habe ich nun wieder keinen Brief

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. Caroline von Weber 11

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
    • PSt.: a) DRESDEN | 1. Apr. 26 b) F P O | Ap - 14 | 1826

Textkonstitution

  • „gorge“sic!
  • 10„9“ überschrieben mit „10
  • i„g“ überschrieben mit „i
  • „r“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… in Gesellschaft Klavier gespielt hast“Gemeint ist die Gesellschaft bei Harriett Coutts am 12. März; vgl. Tagebuch sowi den Antwortbrief.
  • „das Stük ( … falschen Vertraulichkeiten )“Les fausses confidences, Komödie in 3 Akten von Pierre de Marivaux, Uraufführung 1737, deutsche Bearbeitung von Johann Georg Kettel. Es handelte sich um die erste Vorstellung des deutschen Hoftheaterdepartements in Dresden nach der Osterpause; die italienische Hofoper hatte bereits am 29. März den Betrieb wieder aufgenommen.
  • „… sie soll hier gegeben werden“Zur Uraufführung in Kassel am 19. Februar 1826 vgl. u. a. AmZ, Jg. 28, Nr. 31 (2. August 1826), Sp. 506. In Dresden kam das Werk nicht zur Aufführung.
  • „Er mahnt auch … an die Partitur“Gemeint ist der Oberon; vgl. Brief von Weber an Caroline vom 6. bis 7. April 1826.

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