Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Hosterwitz, Sonntag, 4. und Montag, 5. Juni 1826

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Mein geliebter Carl! gestern erhielt ich Deinen lieben Brief No 30 von 22t und gott lob! ich fant ihn etwas ruhiger und nicht mehr gar so trübe. Ich mögte sagen: man fühlt es den Briefen an in welcher Stimung sie geschrieben sind. Mögte nun der Nächste noch freundlicher aussehen. Ich freue mich recht daß Du nun auch hübsche Partien machst und die Gegend von Londen auch kennen lernst. Wir waren gestern in Wesenstein. Ey Muks! da muß ich Dich hin führen! Das ist romantisch! ich wäre ganz entzükt gewesen – wenn Johan nicht ein Esel war. Der weg ist nehmlich nicht der beste und ziemlich bergig; Wesenstein liegt ganz tief und man sieht es nicht ehr als bis man vor der Schlucht ist. nun führt freilich ein steihler weg hinab zum Wirdshaus und der Johan glaubte die Pferde zu strabazieren wenn er da hinab führe. Wie ich nun grade anfangen will mich zu freuen über den schönen Anblik, kömt der quengelpeter mit seinen Bedenklichkeiten, schneit schrekliche Gesichter, und übergiest mich dadurch wie mit kalten Waßer. Es dauerte lang bis ich wieder recht zur Freude über diesen schönen Anblik komen konnte. Der dumme Hans! wenn die Hottel keinen Berg steigen sollten so müßen wir sie gleich in Schrank stellen und sauren Rahm darüber giesen. Es ist zwar gut das er die Thiere so lieb hat, aber zu toll muß mans nicht machen. Heute ist er aber schon wieder vernünftig und hat um Verzeihung gebeten. Wesenstein selbst, die Bauart, ist äuserst interesant, wir liesen uns herum führen und alles zeigen — na, die Männe muß das sehen — wenns Johan erlaubt.

Die Münchner Afaire* ist ganz so wie Du jetzt schreibst schon besorgt gewesen, aber Schlesingers Lüge: das Du die Arangements bis ende dieses Jahres ebenfals heraus geben würdest haben wir natürlich nicht geschrieben überhaubt ist mir der S. ganz entsetzlich zu wieder gewiß 10 Briefe habe ich von ihm erhalten worin | imer das Nehmliche steht, worin er sich imer über das Privilegien Wesen beschwert als wenn Du sie zu ertheilen hättest. Meinen letzten Brief wird er wohl die Wuth ansehen worin er geschrieben ist, und mich nun ungeschoren laßen. Gieb nur acht! wenns zum Unkosten zahlen geht wird er noch Tänze machen.      Vorgestern warn Kellers bey mir, und da erfuhr ich denn manches Neue. Die Geschichte mit Hauser ist ganz anderst, und Lüttigau hat keine Schult. Herr Hauser ist ein aroganter Bursch dem es Recht geschiet, daß er so abgeführt wird doch das erzähle ich Dir gelegendlich. wenn sie Dich nur mit all den Geschichten ungeschoren laßen. Marschner will auch zu Johani fort gehen wenn seine Braut nicht engagiert und er nicht lebenslänglich angestellt wird. Das wäre dumm, da käme meine arme Männe wieder in die Arbeit, doch villeicht macht sich alles noch gut. Uibermorgen hoffe ich nun auf eine Nachricht von Deinen Conzert — ach mir ist recht bange davon — wenn Du Dich nur nicht ärgerst — Guter herzens Muks! thu das ja nicht, ich beschwöre Dich. Morgen fahre ich in die Stadt meinen Brief selbst hinzubringen aber es fällt mir schwer auf’s Herz daß Du ihn in Londen gar nicht mehr erhälst wenn Du den 10 od. 11 abreist — dann hätte mein trübseliger No 26 den schlechten Beschluß gemacht, und ich hätte Dir nicht einmal glükliche Reise gewünscht. So froh mich Deine Abreise machte, so wäre mir das doch gar nicht Recht. Doch Du weist ja, das Deine Lina nur den einen Wunsch hat: Dein und der Kinder Wohl. Villeicht finde ich auch morgen schon ein Briefel von Dir worin Du mir Order giebst wohin ich diesen Brief schiken soll, ist es aber nicht so mag er noch nach London wandern. Die Kinder und die Mukin sind kreuz wohl auf, und tumeln sich | brav in Freyen herum. Du wirst lachen wenn ich Dir sage das Alex wieder einen Zahn bekomen hat. also in 3 Wochen 5 Zähne ohne alles Leiden, ist das nicht ein Glük? ich glaube Du wirst ihn etwas magerer finden wir bemerken das nicht so, aber das Milchfleisch ist doch wohl abgefallen. nun er ist kern gesund, weiter brauchts ja nicht. Maxel ist brav und lernt gut, auch soll ich den Vater erinnern: was mit zu bringen, das wird Dir aber schwer werden, denn der Bursch hat leider alles schon gehabt. Mit meinen Finanzen steht es ganz schlecht lieber Mann, es ist aber auch toll was wir brauchen — na, ich kann nichts dafür. Nun will ich für heute schließen — doch halt! Den Rothe muß ich noch verklagen: das ist ein schlechter Mensch! Alles will er immer bezahlen und immer muß ich mich mit ihm zanken. Wenn Du kömst must Du ihm den Kopf waschen.

Ade für heute mein guter guter Alter. Gott gebe diesen Brief ein fröhlig Ende.

Den 5t Ich wollte heut Deinen Brief entgegen fahren mein guter Carl, aber wie ich die Nase zum Fenster hinaus steke, kömt ein solch ein Regen und Sturm entgegen daß mich nun Rothe nicht fort laßen will — ich muß nun diesen Brief noch nach London schiken — Gott gebe daß er dich nicht mehr da findet, gewiß wird Smart ihn Dir nach schiken. hoffendlich bekome ich noch heute einen Brief mit der Ordonanz heraus, oder mein Bote bringt einen mit. Trifft Dich aber mein Brief noch so laß mich Dir glükliche glükliche Reise wünschen. Jeder Tag bringt dich nun näher zu den Deinen die Dich über Alles lieben und nur in Dir leben.

Gott segne Dich mein Carl und führe Dich gesund in unsere Arme zurück + + +. Rothe grüßt herzlich und wünscht ebenfalls Alles Gute. leb wohl! leb wohl mein Geliebter Mann. ewig Deine treue Lina.

Apparat

Zusammenfassung

berichtet über Ausflug nach Wesenstein, klagt über dauernde Briefe von Schlesinger über die Privilegien-Angelegenheit, die Münchener Angelegenheit ist in seinem Sinne erledigt; Marschner will weg, wenn seine Braut nicht engagiert wird und er nicht lebenslangen Vertrag erhält; Persönliches; hofft, von ihm Order zu kriegen, wohin sie die nächsten Briefe richten soll

Incipit

gestern erhielt ich Deinen lieben Brief No 30

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. Caroline von Weber 32

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt.: a) DRESDEN | 6. Jun. 26 b) F P O | JU - 16 | 1826

Textkonstitution

  • „… No 27“von fremder Hand Briefnummer durchgestrichen und mit Blei 30 darüber geschrieben, ebenso der Monat: May und daneben geschrieben: Juni

Einzelstellenerläuterung

  • Mayrecte „Juni“.
  • „… Die Münchner Afaire“Absprachen bezüglich des Privilegs der Oberon-Verlagsrechte für Bayern.

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