Helmina von Chézy an Carl Maria von Weber in Hosterwitz
Dresden, Sonntag, 20. Juli 1823

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Mein Gemüth hat sich von der Euryanthe u ihrer Vollendung noch immer nicht los gemacht, so daß ich nicht anstehe, Ihnen, dem am Meisten an Klarheit gelegen seyn muß ein paar Zeilen meiner Arbeit für den 1sten Akt zuzumuthen, die zur Verständigung unumgänglich nothwendig, u Ihnen willkommen seyn werden.

Ich schließe sie bey, nebst einigen kleinen Wortänderungen hie u da, die Ihren Compositionen nichts verschlagen, nur den Sinn beßer ausdrücken.

Auch noch mit der Geister Idee | beschäftigt mach ich Ihnen folgenden Vorschlag:

Als Euryanthe auftritt ist es Abendzeit.

Während Eglantine mit ihr spricht kann sich der Himmel momentan verdunkeln.

Am Schluß des Recitatifs kann ein blaues oder röth rosiges Licht die Szene erhellen.

In diesem Licht kann Emma aus der Gruft, den beiden ungesehn, hervorschweben, mit bekümmerten Geberden, flehend gen Himmel schauen, u bald wieder Verschwinden mit den letzten Worten des Recit: | nach ihrem Verschwinden, und während des Duetts kann Alles wieder hell werden, sehr schön wäre überhaupt eine Andeutung von Sonnenuntergang hinter der Waldung während Euryanthes Cavatine: Glöckchen im Thale.

Auf diese Weise halt ich dafür daß die Erscheinung u die Erwähnung Emmas inniger mit der Handlung verknüpft wird, u mehr aufklärt.

Nächstens, hoffentl. mündlich ein Mehreres, auch über die Schlußszene. Erwünscht wäre es mir, wenn Sie mich | in der Stadt besuchen könnten, wenn Sie einmahl bald wieder durchkommen.

Viel Glück zum Fleiß, von dem ich höreIhre Ergebenste
HvChezy

Ich muß nun bald fort*, u habe Sie nothwendig vorher zu sprechen.

Apparat

Zusammenfassung

sie sei von der Euryanthe noch immer nicht losgekommen, schlägt ihm einige Änderungen vor, speziell zur Geisterszene mit Emma und hinsichtlich der Lichtverhältnisse in dieser Szene; möchte ihn so bald wie möglich selbst sprechen

Incipit

Mein Gemüth hat sich von der Euryanthe

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. V (Mappe IA), Abt. 2, Nr. 15

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • auf der ersten Briefseite oben Zusatz von F. W. Jähns mit Tinte: „Brief von der Dichterin Chezy, an C. M. v. Weber, über Euryanthe.“

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Carl Maria von Weber, ... wenn ich keine Oper unter den Fäusten habe ..., S. 154

Textkonstitution

  • „… gemacht, so daß ich nicht“versehentlich doppelt geschriebenes „ich“ durch Übschreiben in „nicht“ korrigiert
  • „… u da, die Ihren Compositionen“aus „Tonsch“ durch Überschreibung zu „Compositionen“ geändert
  • „röth“durchgestrichen
  • V„v“ überschrieben mit „V
  • „… Dresden d. 20“„2“ evtl. mit „1“ überschrieben. Der 10. Juli wäre auch denkbar, da Weber am darauffolgenden Tag einen Besuch bei der Chézy im TB vermerkt.

Einzelstellenerläuterung

  • „… Ich muß nun bald fort“Im August 1823 reiste die Dichterin von Dresden zunächst nach Wien, dann nach wenigen Tagen weiter nach Baden bei Wien, um sich Mitte Oktober in der Wiener Vorstadt Wieden niederzulassen.

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