Helmina von Chézy an Karl Theodor Winkler in Dresden
Wien, Montag, 29. November 1824
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Kontext
Absolute Chronologie
Vorausgehend
- 1824-10-28: an Engelhardt
- 1824-11-11: von Brühl
Folgend
- 1825-02-04: an Gubitz
- 1824-12-17: von Castelli
Korrespondenzstelle
Vorausgehend
- 1824-01-31: an Winkler
Folgend
- 1825-08-14: an Winkler
Empfangen Sie, verehrter Freund, meinen Dank für Ihr liebes Briefchen, u meinen ersten Gruß zum nahen neuen Jahre! Möge es Ihnen Zuwachs in allem Guten bringen, u einen Sohn*, der dem Vater gleiche!
Ich sende Ihnen mein nach H. Schreyvogels Rath umgearbeitetes Lustspiel*, das Sie in der rohen Anlage kannten. Es ist nun auf Deutschlands ersten Bühnen reusirt. Ich bitte Sie dahin zu sorgen daß es in Dresden gegeben werde, u den Ertrag in H. Zoches Hände zu übergeben. Ihre Freundschaft für Ihn u Ihre standhafte Güte für mich läßt mich hoffen, daß Sie in dieser Sache das Gute wollen werden, u so wie Sie wollen ist es schon gethan. Ich habe mit Fleiß das Stück nicht nach Leipzig geschickt, da ich hoffe Sie werden diese Freundschaft für mich haben, was denn noch sonst seyn könnte um | den bescheidenen u guten Mann zu zahlen dazu soll sich Rath finden, wenn H. Capellmeister von Weber es redlich u treu mit mir gemeint hätte, wie ich mit ihm, wäre dies, u manches andre schon beseitigt. Ich hatte ihn dringend gebeten mir zu schreiben, wie viel ich an den sämtlichen Bühnen zu hoffen habe. Statt mir Nachricht zu geben daß Stuttgart Braunschweig Mannheim ausfallenT, schreibt er blos: Er wüßte nichts, u das, als er das Frankfurther Honorar schon 2 Monath in Händen hatte! Er hat dies dann im Spt: nebst dem aus Cassel an mich geschickt, hätte ich gewußt, daß er es hätte, ich hätte H. Engelhardt gebeten es Z. zu geben, denn etwas entbehren ist leichter, als es hingeben. Es ist auch merkwürdig daß H. v. Weber empfindlich geworden daß ich mich zuletzt auf die bescheidenste u angemessenste Weise, die Ihn nicht kompromittiren kann noch soll mit einer Anfrage an die Direktionen gewandt. Ein Mann, der vom Freyschütz hoch in die Tausende u eben so von der Euryanthe bezogen | behandelt seinen Dichter so! Ich hoffe der Himmel wird mir in dem guten Vorsatz beystehn ihn nicht durch einfachen Abdruck seiner Briefe, denn mehr bedarf es nicht, dem ganzen Publikum zu enthüllen! Es sind hier Dinge geschehn, von denen Sie nichts wissen, Sie würden sich sonst gehüthet haben mir Vorwürfe wegen des braven Weber zu machen. Ich aber will Ihr Vertrauen in Ihn nicht weiter erschüttern u Sie auch nicht mehr damit behelligen. Den Geliebten im Gespenst* muß ich noch umändern u so wie ich ihn nach Berlin schicke, bekommen Sie ihn auch für Dresden, es ist mir nicht wahrscheinlich daß die Dichterin der Euryanthe auf dem Theater der Residenz, der sie selbst so viel Gutes nachgerühmt, u so viel Achtung bewiesen unterdrückt werden soll! wenigstens würde das mir eine bittere Empfindung gewähren. Sorgen Sie ja, werther Freund, daß die zwey Schwestern bald in die Szene kommen*, u daß Jahn bald Geld kriegt. Gold u Silber hab ich nicht, wenn aber selbst die Staaten mit Papier zahlen, warum nicht eine arme | Dichterin? Ich würde Ihnen eher geantwortet haben wenn der Schmerz um Underbergs Tod mir nicht lange Zeit alle Besinnung genommen.
Empfangen Sie meine besten Glückwünsche u Grüße, u vergessen Sie nicht meine Stundenblumen anzuzeigen*. Bald erscheint der dritte Band, es liegt nun also daran daß über die 2 Ersten vortheilhafte Stimmen im Publikum ergehen. Empfehlen Sie mich den Dresdner Freunden die meiner gedenken, u gedenken Sie selbst stets freundlichIhrer
Ergebensten
HvChezyd. 29 Nov.1824.
Apparat
Zusammenfassung
rechtfertigt ihren Anspruch auf Librettisten-Honorar und in diesem Zusammenhang ihre Schreiben an die Theaterdirektionen, urteilt kritisch über die Haltung Webers in dieser Angelegenheit
Incipit
„Empfangen Sie, verehrter Freund, meinen Dank für Ihr liebes Briefchen“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz
Überlieferung
Themenkommentare
Einzelstellenerläuterung
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„… Guten bringen, u einen Sohn“Als erstes Kind des Ehepaars Winkler wurde im Mai 1825 die Tochter Theodora (genannt Dora) geboren.
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„… H. Schreyvogels Rath umgearbeitetes Lustspiel“Gemeint ist der Einakter Der neue Narziß (1823 publiziert im Taschenbuch Orphea auf das Jahr 1824), uraufgeführt am Münchner Hoftheater am 26. Oktober 1823, danach als Der Wunderquell auch am Wiener Burgtheater gegeben (Premiere 15. Januar 1824). In Dresden kam keine Aufführung zustande.
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„… bald in die Szene kommen“Helmina von Chézy hatte das Stück auch an den Grafen Bühl nach Berlin geschickt; vgl. Brief von Brühl vom 11. November 1824.
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„… Sie nicht meine Stundenblumen anzuzeigen“Winkler hatte bereits im Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissenschaften, Beilage zur Abend-Zeitung, Jg. 9, Nr. 38 (11. Mai 1825), S. 150f. positiv auf den Bd. 2 von Chézys Novellen-Sammlung Stundenblumen hingewiesen.