Carl Graf von Brühl an Helmina von Chézy in Wien
Berlin, Donnerstag, 11. November 1824

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Ihro

Der Frau von Chezy geb. Freyin von Klenke

Hochwohlgeboren

zu

Wien

Kärnthnerthorbastey

im Baron von Bretfeldschen Hause

frey

Ihre Hochwohlgeboren geehrtes Schreiben vom 18. August würde ich längst zu beantworten nicht ermangelt haben, wenn ich, recht ehrlich gestanden, gewußt hätte, was ich Ihro Hochwohlgeboren erwiedern sollte.

Die Angelegenheit wegen Aufführung der Oper Euryante auf der Berliner Bühne ist durch Kabale und hännsche Dazwischenkunft des alles Guten zerstörenden Kunstneides bis auf unbestimmte Zeiten ausgesetzt. Höherer Verfügung zu Folge ist der Komponist deshalb bis jetzt noch nicht honorirt und dürfte es auch wohl nicht eher werden bis die Oper wirklich zur Aufführung kömmt. Unmöglich würde es daher seyn der Dichterin das Honorar früher zukommen zu lassen, als es der Komponist erhält.

Unendlich leid thut es mir Ihre Hochwohlgeboren diese unangenehme Nachricht mittheilen zu müssen, aber wie schon oben bemerkt, es hat sich in dieser Angelegenheit betreffend die Oper Euryante so viel Kabale und böser Wille gezeigt, daß es mir gegenwärtig mit dem besten Willen unmöglich ist Ihren Wünschen entgegen zu kommen. Sobald die Zeit der Aufführung aber herannahen wird, soll es gewiß mein liebstes Geschäft sein, Ihrer sogleich zu gedenken und Ihnen das Honorar zu kommen zu lassen.

Das kleine mir zugesandte Schauspiel die zwey Schwestern habe ich mit Theilnahme und Aufmerksamkeit in der Umgestaltung wieder gelesen, und werde nach meiner Zurückkehr in Berlin welche vermuthlich im nächsten Monat geschehen dürfte die Aufführung desselben anordnen. Indeß dürfte sich dies leicht bis zum Monat Februar verzögern, und zwar zum Besten des Stückes[.] In dem benannten Monat nehmlich tritt Dem. Bauer vom Vorstadt Theater zur königl. Bühne über. Dieses schöne Mädchen mit einem bedeutenden Talent begabt, wird | die Rolle der Gräfin Adelaide trefflich leisten. Hatten Ihro Hochwohlgeboren nicht schon ganz bestimmt Mad. Esperstaedt die Rolle der Lisette sich ausbedungen so würde ich dieselbe an Frau von Holtey gegeben haben, welche zu Rollen dieser Art ganz vorzüglich geeignet ist. Indessen zweifle ich nicht daß auch Madam Esperstaedt derselben genügen wird. Nicht zu leugnen ist daß das Stück trotz seiner sehr interessanten Anlage sehr auf der Spitze steht, da eben die sentimentalen Anklänge und Erinnerungen an Corinna beinah nicht mehr an der Tages Ordnung sind, indeß gestehe ich auch eben so gern daß es höchst interessante Momente hat und bey einem vorzüglich guten Spiel seine Wirkung nicht verfehlen wird. Eine einzige Bemerkung kann ich nicht unterdrücken, da sie nicht allein mir aufgestoßen sondern auch mehreren Damen welchen ich das Stück vorgelesen! Fräulein Lisette ist wohl unmaßgeblich etwas zu Soubretten mäßig gehalten und in der Stellung in welcher sie zum General und zu Gräfin Adelaide ist wirkt dies nicht günstig. – Verzeihen Sie Gnädige Frau diese offenherzige Bemerkung, sie zeigt von meiner Theilnahme für Ihr Dichtwerk. Sobald dasselbe zur Aufführung kömmt werde ich nicht ermangeln für das Honorar zu sorgen.

Die Umarbeitung des Geliebten als Gespenst* welche Sie mir versprochen soll mir höchst willkommen seyn, da ich schon längst die Absicht gehabt das Stück zur Aufführung zu bringen, dasselbe auch bereits ausgeschrieben ist, allem so manches darin noch der Feile des Dichters bedarf. Eben so werde ich mit Vergnügen Ihre Rosamunde lesen.

Genehmigen Ihro Hochwohlgeboren die Versicherung meiner vollkommenen Hochachtung Graf Brühl

N. S.
Der zu frühe Tod unsres geistreichen Malsburg hat mir sehr weh gethan, so wie er’s allen müßte, welche ihn näher kennen.

Apparat

Zusammenfassung

er hätte ihr schon früher geantwortet, aber die Auff. der Euryanthe sei durch Kabalen verhindert worden und daher könne sie auch noch nicht honoriert werden; dankt für das Schauspiel „Die zwei Schwestern“, hat aber noch Besetzungsschwierigkeiten; über weitere Stücke

Incipit

Ihre Hochwohlgeboren geehrtes Schreiben vom 18. August würde

Überlieferung

  • Textzeuge: Krakau (PL), Uniwersytet Jagielloński. Biblioteka Jagiellońska (PL-Kj)
    Signatur: Slg. Varnhagen, MS. 39

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl.? (3 b. S. einschl.Adr.)

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Berlin 11 Novemb 1824.“Datumszeile unten mit Seifersdorf gekennzeichnet, was auch eher dem Inhalt des Briefes (s. 4. Abschnitt) entspricht.
    • „… Umarbeitung des Geliebten als Gespenst“Der Liebhaber als Gespenst, deutsche Bearbeitung nach Calderóns E Galán fantasma; vgl. auch Brief der Chezy an Karl Theodor Winkler vom 29. November 1824 sowie ihre Beitrag über „Euryanthe“ in der NZfM von 1840.

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