Helmina von Chézy an Karl Theodor Winkler in Dresden
Wien, Samstag, 31. Januar 1824

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Es ist mir angenehm, mein verehrter Freund, daß wenigstens einer den Dichter von Webers Opern ihn wacker erfunden, gewiß! ich werde ihm auch noch diesen Beinamen geben können, u wünsche dies mir u ihm. Weshalb Sie von unserer Mißhelligkeit mit so verhaltenem Wehmuth sprechen ist mir unbegreiflich, doch ziehe auch ich es vor das Schweigen über diesen Gegenstand nicht zu brechen. Da sich mir selbst Castelli als Verfasser jenes Aufsatzes genannt* in welchem die absurde Vergleichung mit Schikaneder* u die Vorwürfe, als hätte ich nicht aus jeder Kraft für die Erreichung der Zwecke des Tondichters gestrebt[,] kränken mußten ist es mir gleichwohl lieb daß Sie Bedenken trugen den Aufsatz zu drucken, darum habe ich ihn Ihnen nicht wieder zugeschickt, denn ohne alle Frage mußte in der Abendzeitung, wenn sie Platz zu Ausfällen über mich hat, auch Platz zu meiner Vertheidigung seyn. Wahrscheinl. wird irgend ein Correspondent, der die Euryanthe nicht nach seinem Geschmack findet, der klassischen, effektvollen u in der höchsten Potenz vollendeten Dichtung der neuen Oper: der Taucher den Weyrauch streuen, mit dem die Wiener Schöngeister so sparsam gegen mich gewesen.

Empfangen sie meine verspäteten Glückwünsche zum neuen Jahre, u behalten Sie in gütigem Andenken Ihre Ergebenste
Helmina v. Chezy
geb. v. Klencke

[ausführliche Nachschrift vom 10. Febr. 1824:] […] Auch die Rosamunde hatte bey der ersten Vorstelllung ein schönes Publikum u bey der Zweyten [am 21. Dezember] ein ganz angefülltes Haus, allein wegen der schlechten Besetzung einiger Nebenrollen u der vernachläßigten Ausstattung (eine Folge der Zwistigkeiten zwischen der Beneficiantin [Emilie Neumann] u der Direktion) mußt ich sie zurücknehmen, u sie wird, in etwas (nur der Form wegen) verändert besser besetzt neu einstudirt werden.

Apparat

Zusammenfassung

freut sich, dass wenigstens einer den Dichter von Webers Opern anerkenne; will über die Mißhelligkeiten mit Schweigen hinweggehen; ist durch Castellis Aufsatz u. Vergleich mit Schikaneder (vgl. AZ) gekränkt u. macht ihm Vorwürfe deswegen u. weil bisher keine Verteidigung gedruckt worden sei; wahrscheinlich werde irgendein Korrespondent, der die Euryanthe nicht möge jetzt der neuen Oper, Der Taucher, Weyrauch streuen

Incipit

Es ist mir angenehm, mein verehrter Freund, daß wenigstens einer

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Wien (A), Wienbibliothek im Rathaus (A-Wst)
    Signatur: H.I.N. 1355

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • am Ende des Briefes langes Postskriptum (2 b. S., datiert mit 10. Februar 1824)

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Till Gerrit Waidelich, „Durch Webers Betrügerey die Hände so gebunden“. Helmina von Chézys Kampf um die Urheberrechte an ihrem Euryanthe-Libretto in ihrer Korrespondenz und Brief-Entwürfen, in: Weberiana. Mitteilungen der Internationalen Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft e. V., Heft 18 (2008), S. 62

    Einzelstellenerläuterung

    • „… als Verfasser jenes Aufsatzes genannt“Waidelich nimmt an, dass Castelli den Text Winkler als Privatbrief bereits nach den Proben zur „Euryanthe“ schickte. Es war in Wien bekannt, dass er als Autor für Winklers Blatt schrieb; vgl. Waidelich, Weberiana 18, S. 62 Anm. 61.
    • „… die absurde Vergleichung mit Schikaneder“Zum Vergleich mit Schikaneder s. Chézys Reaktion.

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