Georg August von Griesinger an Carl August Böttiger in Dresden
Wien, Samstag, 9. März 1822

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Mein verehrter Freund,

Ich ersuchte den Bon Haus, ehedem Instruktor des KronPrinzen von Neapel*, und jüngerer Bruder dessen der in Palermo lebt, um eine Uebersicht von seiner Gemähldesammlung für Ihr Notizenblatt. Er stellte mir beiliegendes Verzeichniß zu, was nicht wie ich wünschte, raisonnirend, sondern etwas troken ausgefallen ist. Indessen hat es für Liebhaber doch auch einiges Interesse zu wissen, wo dieses oder jenes Gemählde zu finden ist. Wenn Sie etwas darüber druken lassen, so bitte ich um ein Blatt für den Bon Haus.

Am 7. dirigirte v. Weber im Kärnthnerthortheater zum Benefiz der Mslle. Schröder den Freischüz. Das Haus war zum Erdrüken voll, der Jubel ungemein groß. Weber wurde herausgerufen, den Kranz, der ihm angeboten wurde, lehnte er bescheiden ab, er wurde ihm aber nach der Vorstellung in seine Wohnung überbracht. Auch Blätter mit einem Gedicht* flogen | aus den obersten Logen aufs Parterre, wovon ich aber keines habhaft werden konnte. Der Sinn davon ist: Das Wahre und Schöne, wenn auch eine Zeitlang verkannt, komme durch das Genie doch immer wieder zu Ehren*. – Man kann darin eine Anspielung auf die Rossinische Musik finden. Ich wünsche, daß wir in der Oper von Partheysucht zwischen Germanisten und Italienern frei bleiben. Jedem Verdienste seine Krone! Weber ist gut, Rossini ist gut, x, y, z sind gut, warum soll der eine den andern ausschließen?

Am 14. giebt Weber ein Concert zu seinem Vortheil* und heute dirigirt er den Freischüz, zum 2tenmahl. Ihren Brief habe ich ihm sogleich zugestellt. Bei seiner Frau können Sie die Gedichte auf ihn lesen. […]

Ihr
Gr.

Apparat

Zusammenfassung

schickt ihm ein Verzeichnis der Gemäldesammlung vom Baron Haus und berichtet von Webers Freischütz-Dirigat zum Benefiz der Mlle Schröder, das viel Jubel ausgelöst hat, es flogen Gedichte und ein Kranz wurde ihm überreicht; am 14. folgt ein Konzert, das Weber zum eigenen Vorteil geben wird.

Incipit

Ich ersuchte den Bon Haus, ehedem Instruktor des KronPrinzen von Neapel

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. h 37: 4, Bd. 64, Nr. 111

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S.)

    Provenienz

    • 1926 Dresden SLB

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Ludwig Schmidt, Zeitgenössische Nachrichten über Carl Maria v. Weber, in: Die Musik. Monatsschrift, hg. von Bernhard Schuster, Jg. 18, 2. Halbjahrsband, Heft 9 (Juni 1926), S. 655 [Ausschnitt].

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Instruktor des KronPrinzen von Neapel“Ferdinand (II.) Karl, späterer König beider Sizilien (1810–1859).
    • „… Auch Blätter mit einem Gedicht“Zu den Gedichten vgl. den Kommentar zu Webers Brief vom 7. bis 9. März 1822 an seine Frau.
    • „… doch immer wieder zu Ehren“Franz von Schobers Gedicht „Wohl kann die Zeit der Wahrheit sich entwöhnen“; vgl. Weber-Studien, Bd. 8, S. 455–457. Erstmals gedruckt wurde es in der Dresdner Abend-Zeitung vom 18. März 1822.
    • „… ein Concert zu seinem Vortheil“Das Konzert wurde auf den 19. März verschobenT.

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