Carl Maria von Weber an Friedrich Rochlitz in Leipzig
München, Sonntag, 13. August 1815

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Theurer verehrter Freund!

Wäre es meinen Wünschen und Plänen nach gegangen, so empfiengen Sie jezt statt dieser Zeilen mich selbst.      d: 14t März schrieb ich Ihnen zum leztenmale und theilte Ihnen meine Idee zu dem F moll Concerte mit. vergeblich sah ich bis jezt einer freundlichen Antwort entgegen die mir Ihre Ansicht darüber ausspräche. Ich weiß weis wohl, daß ich als der saumseligste Schreiber auf der Erde nicht ein Fünkchen Recht habe mich über den nehmlichen Punkt zu beschweren, aber so ist der Mensch, an sich findet er alles zu entschuldigen und verzeihlich. –      Ich habe eine trübe Epoche meines Lebens überstanden, und habe noch ein vielleicht Verdruß reiches Jahr vor mir, aber nun da meine Gesundheit sich wieder mehr und mehr befestigt ist auch mein Muth und meine Ausdauer fester geworden. Ich habe viel nachzuholen, viel vorzuarbeiten. aus denen Beylagen* sehen Sie daß ich endlich mein Versprechen gelöst habe. glauben Sie hinundwieder etwas für mich hinzufügen zu könen, so überlaße ich das Ihrer Freundes Hand. ich konnte es leider nicht umgehn selbst so viel von meinen Anstrengungen sagen zu müßen. die 3t Beylage ist ein Brief von Baron Poisl der Ihnen als Componist mehrerer gelungener Opern schon rühmlichst bekannt sein wird, schon längst wünschte er mit Ihnen in Berührung zu kommen, und da Ihr hiesiger Correspondent der einseitigste und zugleich seltsamste Mensch von der Welt ist, den alle Menschen als den Einsender kennen, so glaubte ich Ihnen seine Bekanntschaft nicht unangenehm.      den Brief an Freund Wiek schließe ich Ihnen offen bey, damit Sie sich selbst überzeugen mögen wie gerne ich ihm nüzlich sein möchte.      d: 7t Juny trat ich meine Jährliche UrlaubsReise an*, und zwar direkte hieher, von wo aus ich dann den Rükweg über Gotha Weimar und Leipzig zu machen gedachte. Mein Concert aber verschob sich durch 1000 Umstände bis d: 2t AugustT. unterdeßen hatte ich die Idee gefaßt eine Cantate zu schreiben deren Anzeige hier beyliegend ich bitte der M: Z: einzurükken.      da dieses Werk bald vollendet sein muß, und die Zeit zu einer so weitläufigen Reise ohnedieß schon zu kurz geworden war, so entschloß ich mich kurz den Rest meines Urlaubs hier mit arbeiten zuzubringen. und d: 7t September wieder ins Joch nach Prag zurükzukehren.

d: 8t huj: gab ich mit Bärmann in Augsburg Concert mit dem glänzendsten ErfolgeT. d: 9t war ich wieder hier, und d: 10t erhielt ich von dem Vizekönig von Italien, Prinz Eugen hier, einen brillant Ring mit seiner Chiffre, als Beweis seiner Achtung für meine ausgezeichnesten VerdiensteT. | Da haben Sie den Hauptumriß meines Thuns und Treibens bisher.

Was mein ferneres Leben betrifft, so bin ich fest entschloßen Prag nach Ende meines Kontraktes zu verlaßen, und mich wieder auf einige Jahre auf großen Reisen dem Strudel der Welt zu übergeben. Anfangs Winter 1816 rechne ich mit Gewißheit darauf Sie im Schoos Ihrer theuren Familie die ich recht herzlichst grüße zu sehen.      Ich hatte mich schon dieses Jahr so innig darauf gefreut, daß es mich viel Ueberwindung kostete meine Reise aufzugeben.

     Ist es Ihnen möglich so erfreuen Sie mich noch hier mit ein paar Zeilen die mir die schöne Gewißheit geben, daß Sie noch in Liebe gedenken Ihres Sie unveränderlich herzlich achtenden und liebenden Freundes Weber. Maximilians Plaz No: 1328.

Apparat

Zusammenfassung

hat auf Stellungnahme R's zu seinem Plan zum F-Moll-Konzert gewartet; über Poissl, den er ihm empfiehlt; über seine Urlaubsreise, Konzerte u. die geplante Kantatenkomposition; will sein Amt in Prag nach Kontraktende aufgeben

Incipit

Wäre es meinen Wünschen und Plänen nach gegangen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. II A c, Nr. 9

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)

    Provenienz

Textkonstitution

  • „weiß“durchgestrichen
  • „habe“über der Zeile hinzugefügt
  • „von Italien“über der Zeile hinzugefügt
  • „ausgezeichnesten“sic!
  • „ich“über der Zeile hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • „… viel vorzuarbeiten. aus denen Beylagen“Laut Tagebuch übersandte Weber seinen Prag-Bericht, die Anzeige seiner Kantate Kampf und Sieg sowie einen Beitrag über sein Münchner Konzert am 2. August 1815T. Webers Hinweis in diesem Brief, die 3. Beilage sei ein Brief von Poißl, könnte (wenn die Zählung stimmt) darauf hinweisen, dass die Rezension zum Münchner Konzert in der AmZ vom 30. August 1815 aus Poißls Brief stammt.
  • „… ich meine Jährliche UrlaubsReise an“Weber verließ Prag laut Tagebuch am 8. Juni 1815 und reiste zunächst nach Hradek, dann nach München.

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