Carl Maria von Weber an Ignaz Franz Edler von Mosel in Wien
Dresden, Freitag, 26. Oktober 1821

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Dem

K: K: wirklichem Hofrathe, und

Vice Director der K: K. Hoftheater

Herrn von Mosel

Hochwohlgebohren

zu

Wien

Hochwohlgebohrner Herr Hofrath!
Hochverehrter Herr und Freund!
Δ

Seit einiger Zeit sind mir von vielen Seiten recht beunruhigende Gerüchte* über die Aufführung meiner Oper in Wien zugekommen. IchΔ habe mich dadurch nicht irren laßen, denn ich wußte mein Kind unter IhremΔ Schutze:Δ ich konnte mit Gewißheit hoffen, daß wenn Zensur Rüksichten, Änderungen gewaltsam herbeiführten, sie aufs einsichtsvollste gemacht werden würden.      IchΔ habe ja Gottlob einen wahren Kunstphilosophen, und keinen der leider so häufigen theatralischen Kunstwerk-Zuschneider vor mir. auch durfte ich darauf rechnen daß E: HochwohlgebohrenΔ mir gewiß Δ wären die Änderungen wahrhaft organisch eingreiffend, –Δ Nachricht davon gegeben hätten.      IchΔ beschwichtigte also die Unruhe meiner Freunde mit meinem unbedingtenΔ Vertrauen auf Sie, welches unwandelbar feststeht.

Nun giebt es aber allerdings noch einen Fall, deßen Δ beänstigenden Zustand ich selbst Δ erfahren habe.

Im Auslande herrscht der GlaubeΔ daß es fast unmöglich sey ein Werk in Wien auf dieΔ Bühne zu bringen.

Man hat Ihnen Schwierigkeiten bei meiner Oper in den Weg gelegt. der Freund fürchtet nun vomΔ Freunde verkannt zu werdenΔ, und sezt alles dran, das Werk nur in Szene zu bringen, und damit auch zu beweisen daß die K: K: Opernbühne sich fremder Arbeit willig öffne. Seine gütige Vorliebe traut auch wohl dem Werke mehr zu als es verdient, ErΔ hofft es troz mancher unerläßlichenΔ Verstümmelung, zur Wirkung zu bringen, und hat dann wenigstens den beruhigenden Trost, das seinige ehrlich gethan zu haben.       Vorher Δ vielleicht unnüz – | ängstigen, wollte er auch den zärtlichen Vater nicht; Δ und so gestaltet sich das Ganze, wie ich es wenigstens erfahren habe.

Ist es nun so? verehrter Herr und Freund? oder quäle ich mich mit Hirngespinsten*, und Sie lachen herzlich über den träumerischen Gespenster sehenden Papa?

Ey! ich habe wohl Ursache ein bischen Angst zu haben. Ein von Roßini berauschtes Publikum – EineΔ Art von OppositionsGeist zwischen südlichem und nördlichemΔ Beyfall pp – – WennΔ da mein Kind nicht voll ausgestattetΔ mit all dem bischen Guten was es vielleicht hat, vor seine Richter tritt, wird es da nicht verkannt werden?Δ und sollte ich dann nicht lieber wünschen daß es ihm gar nicht vorgeführt würde? Schelten Sie mich keinen Undankbaren, und zürnen Sie überhaupt diesem Geschreibsel nicht, das vielleicht Δ geschrieben wird während das Schiksal meiner Oper schon entschieden ist. Sie sind selbst Δ Komponist, darf ich mehr sagen, um mich von Ihnen ganz vestanden zu glauben? IchΔ mußte aber meinem Herzen Luft machen, und Ihnen wenigstens zeigen, daß ich den Lauf der Dinge wohl kenne die oft unser bestes Wollen und Streben verkehren.

Mögen diese Zeilen Sie froh und gesünder treffen, als sie mich verlaßen. Behalten Sie mich lieb, und glauben SieΔ mich immer mit der tief begründetsten reinsten Achtung und Liebe E. HochwohlgebohrenΔ treuen Freund
C. MvWeber

Apparat

Zusammenfassung

über die Nachrichten von der Zensur seines Freischütz; möchte von Mosel wissen, ob er das Werk mit allzuviel Kompromissen auf die Bühne gebracht habe, bloß um seine Anhänglichkeit zu beweisen; erwägt, ob es in verstümmelter Form angesichts des von Rossini berauschten Publikums überhaupt Erfolg haben könne; sichert Mosel aber sein volles Vertrauen zu

Incipit

Seit einiger Zeit sind mir von vielen Seiten

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung in 2 Textzeugen

  • 1. Textzeuge: Wien (A), Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung (A-Wn)
    Signatur: Autogr. 7/124 - 13

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelrest u. -loch
    • Vermerk von unbekannter Hand am linken unteren Rand der Adressen-Seite: „v. Weber No: 7“
    • Vermerk von unbekannter Hand am rechten oberen Rand der Adressen-Seite:„No: 3.
    • PSt: DRESDEN | 26. Oct. 21

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Schmid, Anton: Briefe von Carl Maria von Weber an... Franz Edlen von Mosel in: Wiener Allgemeine Musikzeitung 6 (1846), S. 489
    • MMW II, S. 346–347
  • 2. Textzeuge: Entwurf: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (XI), Bl. 75a/r

Textkonstitution

  • „… Wien“Entwurf überschrieben mit: An H. Hofrat v. Mosel in Wien.
  • „unbedingten“über der Zeile hinzugefügt
  • „ich“durchgestrichen
  • „[…]“gelöschter Text nicht lesbar
  • „Man sagt es […] Wien nach“durchgestrichen
  • „[…]“über der Zeile hinzugefügt
  • unleserliche Stelle
  • „Im Auslande herrscht der Glaube“am Rand hinzugefügt
  • in Wien auf die„auf die […]“ überschrieben mit „in Wien auf die
  • vom„den“ überschrieben mit „vom
  • verkannt zu werden„mehr zu thun“ durchgestrichen und ersetzt mit „verkannt zu werden
  • „… sich fremder Arbeit willig öffne“im Entwurf zuerst: „fremder Arbeit auch die K: K: Opernbühne sich eröffne“; „auch“ gestrichen, „willig“ über der Zeile hinzugefügt und Satz durch Ziffern umgestellt
  • „unerläßlichen“über der Zeile hinzugefügt
  • „später“durchgestrichen
  • „Sch[…]“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

Lesarten

  • Textzeuge 1: Hochwohlgebohrner Herr Hofrath! Hochverehrter Herr und Freund!
    Textzeuge 2: Z. H. von H. Hofr.
  • Textzeuge 1: Ich
    Textzeuge 2: ich
  • Textzeuge 1: Ihrem
    Textzeuge 2: Ihrem
  • Textzeuge 1: :
    Textzeuge 2: ,
  • Textzeuge 1: Ich
    Textzeuge 2: ich
  • Textzeuge 1: Hochwohlgebohren
    Textzeuge 2: H:
  • Textzeuge 1:
    Textzeuge 2: Text nicht vorhanden.
  • Textzeuge 1: , –
    Textzeuge 2: ;
  • Textzeuge 1: Ich
    Textzeuge 2: ich
  • Textzeuge 1: unbedingten
    Textzeuge 2: unbedingten
  • Textzeuge 1: Text nicht vorhanden.
    Textzeuge 2: ich
  • Textzeuge 1: Text nicht vorhanden.
    Textzeuge 2: […]
  • Textzeuge 1: Im Auslande herrscht der Glaube
    Textzeuge 2: Man sagt es […] Wien nach Im Auslande herrscht der Glaube
  • Textzeuge 1: in Wien auf die
    Textzeuge 2: auf die […] in Wien auf die
  • Textzeuge 1: vom
    Textzeuge 2: den vom
  • Textzeuge 1: verkannt zu werden
    Textzeuge 2: mehr zu thun verkannt zu werden
  • Textzeuge 1: Er
    Textzeuge 2: er
  • Textzeuge 1: unerläßlichen
    Textzeuge 2: unerläßlichen
  • Textzeuge 1:
    Textzeuge 2: ,
  • Textzeuge 1:
    Textzeuge 2: Text nicht vorhanden.
  • Textzeuge 1: – Eine
    Textzeuge 2: , eine
  • Textzeuge 1: südlichem und nördlichem
    Textzeuge 2: Südlichem und Nördlichem
  • Textzeuge 1: pp – – Wenn
    Textzeuge 2: – wenn
  • Textzeuge 1: voll ausgestattet
    Textzeuge 2: voll ausgestattet
  • Textzeuge 1: ?
    Textzeuge 2: .
  • Textzeuge 1: Text nicht vorhanden.
    Textzeuge 2: später
  • Textzeuge 1: Text nicht vorhanden.
    Textzeuge 2: Sch[…]
  • Textzeuge 1: ? Ich
    Textzeuge 2: . ich
  • Textzeuge 1: Sie
    Textzeuge 2: Text nicht vorhanden.
  • Textzeuge 1: Hochwohlgebohren
    Textzeuge 2: H.

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