Carl Maria von Weber an Wolfgang Adolph Gerle in Prag
Dresden, Freitag, 16. April 1824

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Mein sehr lieber Freund!

Gestern hat mir H: Kaskel Ihr mich eben so sehr ehrendes als erfreuendes Geschenk* überbracht; und ich eile Ihnen meinen herzlichen Dank für die schöne Gabe darzubringen. Sie ist mir als ein Beweis Ihrer fortdauernden Liebe und Freundschaft für mich, unendlich werth, und wird mir manche trübe Stunde erheitern, wenn ich mich durch ihre Hülfe in jene wunderbare Welt versezt fühle, wo die Phantasie als Herrscherin thront, und alles Treiben der Mitwelt links ab liegen läßt.      Solcher Freude bedarf ich jezt eben sehr, wo die Gegenwart sich recht bleiern auf meinen armen Schultern sich niedergelaßen hat.      Seit meiner Rükkunft von Wien anfangs 9br 1823*, bin ich nehmlich in einem DienstVerhältniß das auf Viere berechnet ist, der Einzige im Dienst; und habe nun genau die Gefühle eines abgetriebenen Postpferdes würdigen und schätzen lernen.      Wahrlich so gänzlich geistig und körperlich abgespannt bin ich lange nicht gewesen. — Was ist zu machen? — Wie Gott will!

Gratulire bestens zu der noch frühzeitig genug erfolgten Woltmann-Scheidung*. Sie scheinen hinlänglich von ihr erfüllt zu sein, und doch ist sie gewiß noch ein Engel gegen das Chezy. — —

Bin sehr begiering was das neue Triumvirat in Prag zu Stande bringen wird. Einnahme zu machen werden sie verstehen. Ob sie sich lange vertragen?*

Wenn Sie die Euryanthe ordentlich sehen wollen, so kommen Sie hübsch hieher.      Es soll ja ein Eilwagen errichtet werden da geht das schnell, und es wäre recht schön; wenn Sie einmal unser freundliches Dresden besuchten.      Wir können Ihnen zwar weder so viel Thürme, noch Juden, wie Prag, vorsetzen, aber nebst der herzlichsten Aufnahme gewiß Manches was Sie anziehen könnte.      also ... komen Sie, | kommen Sie.      Nur nicht vom halben Juny bis Ende July, da gedenke ich im Marienbade mich zu erholen.

Mit Vergnügen werde ich lesen was Ihre stets freundliche Theilnahme über Eury: gesagt hat.      die Prager Aufführung muß sehr schlecht gewesen sein*.      Hier hat die Oper eine außerordentliche und Enthusiastische Theilnahme erregt. doppelt zu verwundern nach allem Gekrittle darüber, was die gute Person meine Dichterin, veranlaßt und großentheils selbst verfertigt hatte*.

Mit Spontini hat sich über die Oper eine merkwürdige Correspondenz eröffnet, die ich Ihnen seiner Zeit mittheilen werde.

Nochmals herzlichen, warmen Dank für Ihr liebes Buch, das gewiß die beste Aufnahme finden wird; denn wer nimmt nicht mit freudiger Vorliebe für den Erzähler daßelbe zur Hand. Meine Frau erwidert bestens Ihren freundlichen Gruß, und ich bin mit alter Liebe und Freundschaft Ihr
CMvWeber
Dresden d: 16t Aprill 1824.

Die Inlage ist abzugeben.

Die besten Grüße an Lämels, Weber, Triebensee, Pixis, und wer sonst sich meiner errinnern will.

Apparat

Zusammenfassung

ausführlicher Dank für das als Geschenk erhaltene Buch; schildert seine Überlastung; gratuliert zur „Weltmann-Scheidung“; zum „neuen Triumvirat in Prag“; Prager Euryanthe-Aufführung müsse sehr schlecht gewesen sein; Einladung, nach Dresden zu kommen um dort die Oper zu sehen, die vom Publikum sehr gefeiert wurde; erwähnt Briefwechsel mit Spontini um geplante Berliner Euryanthe-Aufführung

Incipit

Gestern hat mir H. Kaskel Ihr mich eben so sehr

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. t 4203

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)

Textkonstitution

  • „sich“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… sehr ehrendes als erfreuendes Geschenk“Romantischer Rittersaal, hg. von W. A. Gerle, Bd. 1: König Artus und die Ritter von der Tafelrunde. Romantische Dichtungen der Vorzeit, Brünn: J. G. Traßler, 1824; Karl Maria von Weber gewidmet.
  • „… Wien anfangs 9 br 1823“Ankunft in Dresden am 10. November 1823.
  • „… frühzeitig genug erfolgten Woltmann -Scheidung“Gerle hatte gemeinsam mit der Schriftstellerin C. von Woltmann die Zeitschrift Der Kranz, oder: Erholungen für Geist und Herz herausgegeben; nach offensichtlichen Differenzen zwischen beiden war sie ab Februar 1824 die Alleinherausgeberin.
  • „… Ob sie sich lange vertragen?“Kainz, Polawsky und Štĕpánek führten das Prager Ständetheater zehn Jahre lang (bis 1834) gemeinschaftlich.
  • „… muß sehr schlecht gewesen sein“Zur Prager Erstaufführung am 11. März 1824 vgl. die Presseberichte.
  • „… und großentheils selbst verfertigt hatte“Vgl. die Publikationen der Dichterin in diversen Journalen.

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