Carl Maria von Weber an Friedrich Wollank in Berlin
Dresden, Donnerstag, 22. April 1824

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Dem Herrn Justizrath

Fr: Wollank

Wohlgebohren.

Breite Straße 31.

Berlin.

Das ist recht schön von dir, mein sehr lieber Bruder, daß du einen unendlich Geplagten mit so lieben Zeilen beschämst, die er dir nur verdanken, aber nicht ordentlich erwiedern kann.      Meine Plage und ununterbrochene Anstrengung hoffte ich jezt bald beendiget zu sehen, aber leider ist diese Hoffnung verschwunden. Morlachi hat um abermaligen Urlaub gebeten, um noch in Neapel eine Oper zu schreiben*. hat es dabei so listig einzurichten gewußt daß man ihm wenigstens bis Ende Juny noch bewilligen mußte —       Anfangs July gehe ich aber unfehlbar ins Marienbad; denn wenn man 8 Monate den Dienst für Viere gethan hat, ist es Zeit daß man die paar Knochen die noch zusammen halten wollen, wieder gehörig befestiget und stärkt.      Marschner ist nicht angestellt, und wird es schwerlich werden*. ich bin also immer noch allein.

Im Argen liegt Euer Opernwesen, und sehr intereßant ist mir was du darüber schreibst.      Bin nun sehr begierig was mir Sp: antwortet, und wie sich die Sache noch drehen und wenden wird. Auf keinen Fall kann ich nun selbst die Aufführung vor dem Herbste wünschen*.      Ärgern will ich mich dabei wahrlich nicht, sondern es wie eine fremde Comödie betrachten, die allerdings wunderlich genug ist.      Ein öffentlicher Schritt würde immer das lezte Hülfsmittel bleiben, und nur höchst gezwungen würde ich ihn thun. Ich bin daher noch so milde wie möglich aufgetreten, um mir ein gehöriges Crescendo zu sparen.      Am neugierigsten bin ich was nun Brühl thut, und thun muß.

Meine Lina hat einige Tage das Bett gehütet, mit Chatarr fieber. es geht aber gottlob beßer, und Max ist ganz munter.

Viel Glük zum neuen Quartier*. der Himmel laße es drin wohl ergehn. In einigen Tagen ziehe ich wieder nach Hosterwitz. Komme doch einmal wieder her — aber bald wenn du Eury: noch sehen willst, denn im halben May geht die Devrient auf Urlaub.

Die Berl: Musik: Zeit: ist eine wahre Sp: Hofzeitung, und beehrt mich mit gütiger Opposition*.      immer zu! — —

Freue mich deiner Thätigkeit, und erwarte mit Vergnügen die versprochenen Geschenke.      ich kann an Arbeiten gar nicht denken, muß nur büffeln, und das verleidet einem Alles, auf lange.

Nun lebe wohl, herzlieber Bruder, Lina grüßt mit mir bestens dich, und deine liebe Frau.      immer in treuer Liebe dein Weber.

Alles herzliche an die Freunde.

Apparat

Zusammenfassung

dankt für Brief; Hoffnung auf Entlastung zerschlagen, da Morlacchi Urlaubsverlängerung erhalten habe; Ankündigung des Kuraufenthaltes in Marienbad; zur Komödie, die sich um die geplante Berliner Euryanthe-Aufführung entwickelt habe; Privates; Einladung, nach Hosterwitz zu kommen; Klage über Arbeitspensum

Incipit

Das ist recht schön von Dir, mein sehr lieber

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 241

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt: DRESDEN | 22. Apr. 24

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • La Mara, Musikerbriefe, in: Die neue Rundschau, Jg. 24, Bd. 2, Heft 6 (Juni 1913), S. 807f.; dazu abschriftliche Vorlage von Marie Lipsius (auf Bl. 20f.) sowie korrigierte Druckfahne in D-B, Mus. ep. La Mara-Konvolut 6

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Neapel eine Oper zu schreiben“Nach der Uraufführung der Ilda d’Avenel in Venedig (27. Januar 1824) vollendete Morlacchi in diesem Jahr keine weitere Oper. Er kehrte erst im September 1824 nach Dresden zurück (vgl. Webers Tagebucheintrag vom 10. September 1824).
    • „… und wird es schwerlich werden“Nach einer Anstellung auf Probe im Frühjahr 1824 erhielt Marschner seine reguläre Anstellung als Musikdirektor am Dresdner Hoftheater im Herbst d. J.
    • „… Aufführung vor dem Herbste wünschen“Betrifft die geplante Berliner Einstudierung der Euryanthe; vgl. auch Webers Briefe an den Grafen Brühl und an Hinrich Lichtenstein vom 12. April 1824 samt den darin genannten Beilagen.
    • „… Viel Glük zum neuen Quartier“Im Allgemeinen Wohnungsanzeiger für Berlin auf das Jahr 1824, hg. von J. W. Boicke (Stand Ende 1823, S. 136) wird Wollank noch unter Leipziger Str. 70 geführt, in der Ausgabe auf 1825 (Stand 1824) unter der auch im Brief angegebenen Adresse Breite Str. 31.
    • „… beehrt mich mit gütiger Opposition“Webers Kantate Natur und Liebe wurde in der Berliner allgemeinen musikalischen Zeitung, Jg. 1, Nr. 12 (24. März 1824), S. 109–111 negativ rezensiert. Auch die Besprechung seiner Lieder op. 80, ebd., Nr. 4 (28. Januar 1824), S. 27–29 dürfte Weber verärgert haben.

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