Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater, 6. März – 16. März 1814

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Theater.

Prag. – Den 6. März: Die Jungfrau von Orleans, Tragödie von Schiller. – Mad. Brede gab wegen Unpäßlichkeit der Mad. Löwe die Johanna, und führte diese so äußerst schwierige Rolle mit vielem Kunstsinn durch.

Den 7.: Sargines, oder: Der Zögling der Liebe, Oper in 2 A. von Paer. – Herr Neumayer, Mitglied der Münchener k. Hofcapelle, gab den Carl als ersten theatralischen Versuch, und ward vom Publikum in dieser Hinsicht mit herzlicher Theilnahme und Nachsicht aufgenommen. Seine Stimme ist zwar nicht stark, aber ziemlich wohlklingend, und sein Vortrag rein und nett. Ist es wahr, daß dieß sein erster Versuch ist, so gibt er die schönsten Hoffnungen für die Zukunft. Lebhaftigkeit und Gewandtheit, die ihm jetzt noch ganz fehlen, wird er hoffentlich gewinnen, ¦ und es ist nur zu wünschen, daß er auch seinen südteutschen Dialect zur reinen Schriftsprache ausbilden möge. Hr. Kainz, der nach einer langwierigen Krankheit zum ersten Mahl wieder die Bühne betrat, ward mit lautem Applaudissement empfangen, und gab den Sargines Vater recht brav.

Den 9.: Die Sonnenjungfrau, Schauspiel in 5 A. von Kotzebue. – Hr. Gley gab den Rolla zur letzten Gastrolle, und erhielt hier mehreren Beyfall als in den erstern. Das tiefe unterdrückte Schmerzgefühl des leidenden Mannes gelang ihm weit besser, als der Leichtsinn des Spielers und das stürmische Wesen des Jünglings Ferdinand. Seine Einnahme mag nicht die glänzendste gewesen seyn!

Den 10. abermahls Sargines, und Dlle. Bach, neu engagiertes Mitglied unserer Bühne, gab heute den Carl zum ersten Debut. Ihre Stimme ist stark und kräftig, dagegen ihre Intonation äußerst unrein und unsicher. Deßhalb ist der jungen Künstlerinn, die von der Natur mit den besten Anlagen ausgestattet ist, ein fleißiges Studium ihrer Kunst anzurathen, damit jene immer schöner aufblühen mögen. Was den mimischen Theil ihrer Darstellung betrifft, so wird es für sie sehr vortheilhaft seyn, wenn sie sich einiger Wirthlichkeit in Gesten befleißigte. Ihr Spiel ist so vehement, daß wir gewünscht hätten, einen Theil ihrer Lebhaftigkeit auf den Sargines vom 7. März übertragen zu können, womit beyden geholfen worden wäre. Sie fand weniger Beyfall als Hr. N., doch sind ihre Fehler von der Art, daß es nur ihres festen Willens bedarf, um sie abzulegen.

Den 12.: Die Verwandlungen, Oper in 1 A. nach dem Französischen des Segur mit Musik von Fischer. – Ein alter bekannter Stoff, den Hr. von Kotzebue in einem Lustspiele viel anziehender durchgeführt hat, wird hier von einer ganz alltäglichen Musik in französischem Geschmack begleitet – wie soll dieß Singspiel sich einen bedeutenden Erfolg versprechen?

Dlle. Brand sang die Witwe recht artig, und diesem Umstande, verbunden mit der vortrefflichen Darstellung des Hrn. Wilhelmi (Reich) und dem natürlichen Spiele der Mad. Allram (dessen Frau) verdanken die letzten Scenen dieses Stückes den Beyfall des Publicums.

Den 16.: Don Juan, von Mozart. – Hr. Kainz gab die Hauptrolle zum ersten Mahle, und wenn wir nach der löblichen Gewohnheit Prags (die durch das neueste Blatt des Allgemeinen teutschen Theateranzeigers Nr. 19 als Regel der Kunstkritik sanctionirt worden ist) das Wahre und Schöne nur durch Vergleichung aufzufinden vermögen, so müssen wir allerdings sagen, daß er an natürlicher Lebhaftigkeit und Noblesse des Benehmens weit hinter unsern ewigen Muster Bassi zurückblieb, so müssen wir ihm aber auch zugestehen, daß er seinen letztern Vorgänger weit übertraf. Auch scheint es, als sey seine Intonation reiner als sonst; ob dieß wahr oder Täuschung oder Gewöhnung ist, muß die Folge lehren, wenn wir ihn wieder in neuen Rollen beobachten. Dlle. Bach sang wegen Unpäßlichkeit der Mad. Allram die Donna Elvire; doch ist ihre Stimme und Kunst jetzt noch lange nicht genügend für diesen herrlichen und so äußerst schwierigen Part. Die übrigen Rollen – mit Ausnahme des Hrn. Manetinsky, welcher von Hrn. Schnepf den Masetto übernommen hatte, und ihn eben so unbarmherzig wie jener maltraitirte – waren, so wie das vorige Mahl, nicht besetzt.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Ina Klare

Überlieferung

  • Textzeuge: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 6, Nr. 72 (5. Mai 1814), S. 288

Textkonstitution

  • „nicht“sic!

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