Aufführungsbericht Prag, Ständetheater: 30. September bis 7. Oktober 1815

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Theater zu Prag.

Den 30. September. Die Theatersucht, Lustspiel in 3 Akten von Schall. Es ist gewiß eine der glücklichsten Ideen für das Lustspiel die Theatromanie, diese alles verzehrende Seuche mancher Städte, in ihrer ganzen Lächerlichkeit darzustellen, und welcher von unsern jetztlebenden Theaterdichtern wäre wohl einem so schwierigen Vorwurf eher gewachsen als Schall, dessen frühere Arbeiten uns so glänzend beurkundet haben, welch komisches Talent und welche Gewalt über die Sprache ihr Schöpfer besitzt. Auch hier hat Hr. Schall bloß die komische Seite der Sache aufgefaßt, und durchaus alles zu beseitigen gewußt, was die reine Lust stören könnte. Selbst die wenigen vernünftigen Personen, die in Stücken dieser Art, oft den Totaleffekt schwächen oder aufhalten, sind launig gehalten, und verschmelzen in dem durch und durch komischen Ganzen. Einzelne komische Züge aufzuführen, würde zu viel Raum hinwegnehmen, denn es giebt wohl wenige Stücke, selbst unter den Dramen des Hrn. von Kotzebue, die deren so viele enthielten. Die Besetzung war sehr vorzüglich, und entsprach der poetischen Arbeit vollkommen. Hr. Liebich stellte den Schnäberle vortrefflich dar; eben so Hr. Löwe – welcher täglich mehr der Prophezeiung des verewigten Ifflands entspricht, der schon im Anfänger das große Talent erkannte – den Keck, Hr. Polawsky den Buchhändler Kern, Hr. Gerstel den Kraft, und Hr. Allram den Murr. Auch das weibliche Personale war wohl besetzt, und Mad. Junghans gab die Hofräthin so brav als Mad. Allram ihre Tochter, und Dem. Brand das listige Hannchen. Den vereinten Reitzen eines so geistreichen Gedichts, und einer in allen Theilen gelungenen Production konnte das kunstliebende Publikum zwar seinen Beyfall nicht versagen, doch ward dieß Stück nicht mit dem rauschenden Beyfall aufgenommen, welchen es verdient, und welcher ihm an andern Orten, z. B. in Wien und Breslau zu Theil wurde; die Ursache dieser Erscheinung ist wahrscheinlich der Umstand, daß diese Krankheit hier weniger als in den meisten Stadten Teutschlands einheimisch ist, und daher ihre Darstellung minderes Interesse erregt.

Den 3. Oktober. Die Jäger, Familiengemälde in 5 Aufzügen von Iffland. Hr. D. Ryge, kön. dän. Hofschauspieler von Kopenhagen gab den Oberförster als Gastrolle, und bewies, wenn es ihm gleich nicht gelang, Hrn. Liebich in dieser Rolle zu erreichen, doch großes Studium dieses Charakters, und eine ziemlich große Kenntniß der Bühne. Dieser talentvolle junge Mann war schon früher Arzt, und widmete sich erst seit zwey Jahren aus reiner Kunstliebe dem dramatischen Fache. Ungetheilter Beyfall belohnte sein Kunststreben, desselben Erfolges erfreute er sich am 7. Oktober, wo er in Fridolin als Graf von Saverne abermals eine sehr schwere Aufgabe löste, Hrn. Bayer eine seiner schönsten und gelungensten Rollen nachzuspielen. Er wurde beydemal vorgerufen, dankte mit ausgezeichneter Bescheidenheit, und nahm das zweytemal einen herzlichen Abschied von dem Publikum, welches sein Talent so ehrend erkannt und aufgemuntert hatte.

Apparat

Generalvermerk

nicht bei Buzga

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung, Jg. 2, Nr. 298 (25. Oktober 1815), S. 1219

    Einzelstellenerläuterung

    • Stadtenrecte „Staedten“.

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