Aufführungsbesprechung, Prag: Erwähnung verschiedener Ausführenden und Werke, November 1814

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Theater.

Wien. – Theater nächst dem Kärnthnerthor. – […]

Prag. Den 23. Nov. gab Herr Andreas Romberg eine große musikalische Akademie im Redoutensaale. So hoch auch der Eintrittspreis gesetzt war – 5 fl. für den Cercle und 2 fl. für den zweyten Platz, den hier Niemand besuchen mag – so that doch der Nahme Romberg seine Wirkung, und die Erinnerung an den unvergleichlichen Violoncellspieler Bernhard verschaffte seinem Vetter, dem Violinisten Andreas, eine ziemlich gute Einnahme. Aber wahrscheinlich war es auch diese Erinnerung, welche die Erwartungen so hoch gespannt hatte; und daher mag der geringe Beyfall gekommen seyn, als man zwar einen braven und soliden Violinspieler, aber keineswegs ein artistisches Genie kennen lernte, das es wagen dürfte, nach Durand und Polledro hier glänzen zu wollen. Die Akademie, deren Piecen den Zuhörer meistens kalt ließen, bestand ganz aus den eigenen Compositionen des Herrn. R., und eine derselben war: Monolog aus der Jungfrau von Orleans, gesungen (!) von Mad. Grünbaum. Das meiste Glück machte sein Violinconcert.

Den 24. Nov. zum Benefice des Herrn F. R. Bayer (zum ersten Mahl): Friedrich, Erzherzog von Österreich, Schauspiel in 5 Aufz. von. A. W. Iffland. Es ist sehr zweifel¦haft, in welchem Sinne das: „zum ersten Mahl“ bey einem Schauspiele zu deuten sey, welches vor 24 Jahren als Gelegenheitsstück für die teutsche Kaiserkrönung geschrieben worden ist. Wahrscheinlich wollte er damit sagen: zum ersten Mahl zu seinem Besten; wollte Gott, er hätte Tags darauf sagen können: zum ersten Mahl mit Beyfall; denn leider hatte es das alte Schicksal, lange Weile zu machen, und selbst die Bemühungen des Herrn Bayer (Friedrich), Mad. Liebich (dessen Gemahlin) und Mad. Schröder (die verwitwete Kaiserinn) konnte dem Publicum kein Interesse einflößen; und wenn gleich zu Ende des Stücks einige dankbare und kunstbegnügte Gemüther Herrn Bayer hervorriefen – der sich heute nicht so lange als gewöhnlich bitten ließ – so schien doch ziemlich der zischende Theil die Oberhand zu behalten.

Den 27. Nov.: Fidelio, Oper in zwey Aufzügen von Hrn. van Beethoven. Wenn man gleich diesem Werke des geistvollen Compositeurs Originalität und Genieblitze nicht absprechen kann, so erfüllt es dagegen die Forderungen der Klarheit und Rundung eines tonischen Kunstwerkes um so weniger. Herr v. B. hat hier neuerdings beweisen, daß er in der Musik ganz dasselbe, was Jean Paul in der Poesie ist. Beyde haben einen Reichthum von Gedanken, der oft fast Überfluß wird; aber der Geist beyder ist zu unstär, um den Gedanken deutlich auszubilden. Fidelio enthält herrliche, melodische Motive; aber das allzureiche Gewebe der Instrumentation verwirrt alle, und deckt den Reitz der menschlichen Stimme, die doch immer, am meisten aber in der Oper, dominiren soll. Es ist natürlich, daß hier Tadel manche Gesangstücke mehr, andere minder, und ein Paar gar nicht trifft, und diese sind es, die den Hörer bey jeder Production auf’s Neue erfreuen werden. Jedoch im Ganzen müssen wir gestehen, daß Paers Behandlung dieses Stoffes (Leonore), so sehr sie dieser neuern Bearbeitung an Geist und Originalität nachsteht, doch weit mehr auf Bühneneffect berechnet, mehr ein abgerundetes Ganzes ist, als Fidelio. Mad. Grünbaum sang und spielte die Leonore vortrefflich; nur wäre von ihr, wie von Mad. Allram – welche ebenfalls die Marzelline recht artig darstellte – eine etwas minder glänzende Kleidung zu wünschen gewesen. Mad. Milder und Dlle. Bondra sind weit mehr im Geiste ihrer Rollen gekleidet, ohne daß man sie deßhalb eines Mangels an Achtung gegen das Publicum oder die Bühne beschuldigt. Herr Siebert sang den Rocco, und Mad. Grünbaum die untergeordnete Rolle des Florestan recht brav. Diese Oper wird sich schwerlich lange auf dem Repertoir unserer Bühne erhalten.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Jakob, Charlene

Überlieferung

  • Textzeuge: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 7, Nr. 15 (4. Februar 1815), S. 68

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