Carl Maria Webers Oberon (Teil 5/8)

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Carl Maria Weber’s Oberon.

Fortsetzung.

Wir huben diese drei Momente darum allein heraus, nicht, weil nicht mehrere dramatische im Sujet selbst lägen, die bei einer gehörigen Bearbeitung desselben für eine Oper hätten herbeigezogen werden müssen, sondern weil es in der vor uns liegenden Bearbeitung die einzigen sind die aufgenommen, und doch auf diese Weise behandelt worden sind. Es ist nur eine noch, die nur einigermassen ausführlich bearbeitet wurde – das übrige ist, selbst die schönen Elfenchöre, unter die Rubrik des Liedes zu bringen, – und gerade diese ist die oben angeführte undramatische. Rezia ist mit dem Huon durch einen Sturm auf eine Insel verschlagen und wird nachher von Seeräubern entführt. Im Wieland* dauert dieser Aufenthalt längere Zeit, und ist ein ruhiges Silleben; von den dort vorgehenden Dingen, dem anfänglichen Verschmachten, der Täuschung mit der inwendig faulen Frucht, dem Leben bei dem Eremiten, alles das giebt nirgend einen Stoff zur geringsten dramatischen Scene, da wie gesagt, alles im Stillverhalten, im Leiden besteht. Handlung wird erst dann wieder, – so lange ist der seichteste, keiner Leidenschaft in Beziehung nach Aussen zu Raum gebende, Stillstand – als die Seeräuber Rezia rauben, Huon fesseln, und sie fortführen. Daher hätte auf jeden Fall nach meiner Ansicht die Zeit vor dem Ankommen auf der Insel bis ¦ zu jener wiederum entscheidenden Scene weggelassen, nur später durch das Rauben aus jenem Zustande selbst angedeutet werden müssen. Allerdings durfte der Meersturm, die Verfolgung der Liebenden auf diese Weise, der Handlung selbst, schon des Ausfüllens derselben wegen, nicht übergangen werden, um so weniger, als in ihm selbst unendlich verschiedene, und originelle dramatische Effekte liegen. Warum ist die beim Wieland so entscheidende Schiffscene ausgelassen? die für die Bühne obscöne Handlung im Epos war nicht nothwendig ebenso wieder zu geben. Ein willkührlich kleineres Verbot des Oberon, hätte dasselbe für die Musik thun müssen, einen Kampf zwischen beiden Liebenden herbeizuführen! Welcher dramatische Wechsel dann, der darüber munter scherzende Scherasmin, die warnende Fatime, die ganz hemmend für die dramatische Wirksamkeit aus der Amme in ein Kammermädchen umgewandelt ist! Dann der Sturm mit der Catastrophe; sogleich darauf die Seeräuber; hinter solchem immer fortdrängenden Leben wäre dann der schöne, rein lyrische, doch ruhige, heitre gemüthliche Schluss des zweiten Akts mit den Meermädchen von unbeschreiblicher Wirkung gewesen. – So ist davon nichts in der Oper vorhanden; statt dass der erste Akt mit der Catastrophe mit dem Sultan schlosse, beginnt er den zweiten; die Zwischenzeit bis zur Schiffahrt und dem Sturm füllt ein Lied der Fatime, das, so hübsch es ist, doch eben so gut, ohne das ganze zu stören, wegbleiben kann, und offenbar nur zur Ausfüllung der Zeit da ist, endlich ein an sich nicht sehr bedeutendes Quartett, obendrein das einzige in der Oper. Und nun singt Rezia eine lange Arie, wo sie zuerst, so schön die Musik ist, doch mit ihrer verzweifelten, leidenschaftlichen Lage nicht in Uebereinstimmung, ruhig den Ocean und den Sturm, den wir gehört, und meisterhaft musikalisch durchgeführt gehört, im ruhigen Recitativ beschreibt, dann eine Arie singt, die vollkommen der der Agathe im Freischütz nachgebildet, im Schluss des Winkens und Rufens nach Huon mit dieser fast identisch ist. Statt dass dort das Mondaufgehen beschrieben ist, wird hier das Wiedererscheinen der Sonne dargestellt, eine ¦ Reminiscenz, (?) die zu bedeutend ist, um nicht mit Unmuth bemerkt zu werden. Jeder muss fühlen, hier ist ein mit Gewalt herbeigezogener Stillstand, um dieser Arie Platz zu machen, zu der sich obendrein, unmotivirt, Huon erst entfernen muss. Statt nun den nun eintretenden Effekt des Erscheinens der Seeräuber zu benützen, singen diese nicht, Rezia, Huon, alles muss daher zu ihnen sprechen, und die Musik sieht zu der Handlung zu, während sie vorher ihre Töne zu Betrachtungen hergeben musste. (Fortsetzung folgt.)

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Schreiter, Solveig

Überlieferung

  • Textzeuge: Münchener allgemeine Musik-Zeitung, Jg. 1, Nr. 46 (16. August 1828), Sp. 734–736

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Seeräuber n entführt. Im Wieland“Christoph Martin Wielands Epos Oberon. Ein romantisches Heldengedicht, erstmals erschienen 1780 in vierzehn Gesängen im ersten Vierteljahresheft des Teutschen Merkur; im gleichen Jahr erschien auch eine Einzelausgabe: Oberon, ein Gedicht in 14 Gesängen, Frankfurt und Leipzig 1780; 2. Fassung 1785 in zwölf Gesängen: Die Sieben ersten Gesänge des Oberon sowie Die Fünf Lezten Gesänge des Oberon (Wielands auserlesene Gedichte, Bd. 3 und 4), Leipzig 1785.

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