Carl Maria Webers Oberon (Teil 1/8)

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Carl Maria Weber’s Oberon.

Fortsetzung aus No. 3[3]*.

Wenn wir zu dem Buche der Oper nun selbst übergehen, und uns dort fast noch mehr wundern müssen, wie Weber seine Musik, – der auf jeden Fall das schon im Voraus nachzurühmen ist, dass sie durchaus nicht nach Knalleffekten strebt, dass sie stets den Situationen natürlich sich anzupassen sucht, und nirgends darüber hinausgeht, das in der Musik streng natürlich wiederzugeben, was die Handlung andeutet und erfordert – wie eben diese seine Musik Weber zu einem solchen Texte hergeben konnte; so müssen wir, um jede Missdeutung von uns abzuwenden, angeben, warum wir in dieser Beziehung gerade den grössten Maasstab an Webers Kunstschöpfungen anlegen müssen. Zu Allem, was Verstand, kritischer Sinn, Anlage und Auswahl der Materialien nur zu der Hervorbringung eines schönen Ganzen beitragen können, was Weber vor Allen, die vielleicht je im Reiche der Tonkunst arbeiteten, berufen, und darin steht er einzig in seiner Art da; für Alles daher, was dagegen gefehlt ist, ist er im höchsten Grade verantwortlich. Hören wir aus dem unsaglich inte[Spaltenwechsel]ressanten von ihm hinterlassenen, und von Th. Hell herausgegebenen Tonkünstlerleben seine eigenen Ansichten von der Oper.

*„Stillstand, festhalten eines leidenschaftlichen Momentes – das ist die grosse Klippe aller Opern und deren Erzeuger. – Wie schwer wird es Letzteren, zu beweisen, […] heisst anspannend, langweilig und in Folge der Aufmerksamkeit, – unverständlich.“

Legen wir diesen von Webern selbst aufgestellten Maasstab an ihn an, so müssen wir zugeben, dass was die Musik allein betrift, er stets gestrebt hat diese Gesetze zu erfüllen, mit Ausnahme der durchaus vor den letztern Theilen, – der Vermeidung nämlich des Frappanten und der gröblich aufreizenden Kunstlust, – nicht bestehenden Wolfsschlucht, in der, wir wiederholen es noch einmal, Weber durchaus die an demselben Orte von ihm selbst aufgestellte Charakteristik der Musik, sie sei den Künsten, was die Liebe den Menschen, sie sei die reinste ätherische Sprache der Leidenschaft, – auf das auffallendste aus den Augen gesetzt hat. Können wir bei dem durchaus sanft gehaltenen Ganzen des Oberon der Musik an sich nun diesen Vorwurf nicht machen, so wird unser Schmerz dadurch um so fühlbarer, dass die Musik statt der verwandten Künste in diesem untergeht, ohne eine neue Welt zu bilden, indem sie, uns den mit der Scenerie und einem charakterlosen Gedicht erzeugten Bastard zum Anschauen fast allein überlässt. (Fortsetzung folgt.)

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Schreiter, Solveig

Überlieferung

  • Textzeuge: Münchener allgemeine Musik-Zeitung, Jg. 1, Nr. 40 ( 5. Juli 1828), Sp. 634–636

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Fortsetzung aus No. 3 3“Obwohl als Fortsetzung des dreiteiligen Berichts von R. O. Spazier ausgegeben, ist nachfolgende Rezension (in acht Teilen) nicht unterzeichnet, sodass die Autorschaft unklar bleibt.
    • „… “Der folgende Abschnitt entstammt Webers Romanfragment zu „Tonkünstlers Leben“ (Fragment XIII) in etwas abgewandelter Form; vgl. Entwurf und Erstdruck sowie Bd. 1 der Schriften-Ausgabe von Th. Hell.

      XML

      Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
      so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.