Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Mittwoch, 3. und Donnerstag, 4. Mai 1826
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durch No. 28. No 20‡ Dresden.‡ den 3 May 1826.‡
Immer schreibe ich noch nicht von Hosterwitz mein geliebter Carl aber hoffendlich ist dies nun der letzte Brief aus Dresden denn heute fängt entlich der Himel an sich auf zu hellen auch ist die Luft etwas wärmer. Der König ist gestern trotz Sturm und Regen hinaus gezogen* gegen den Rath und das Bitten der Aertzte. Die Zeit war da, er muste fort. ich denke nun den Sonnabend den 6t hinaus zu rutschen da bekome ich auch vorher noch ein Briefel von meiner guten Männe, vorher[.] darauf zu rechnen habe ich schon ganz verlernt, denn leider komen nur alle Sonabend die Briefe, wo sie steken mag Gott wißen. Der Himel gebe nur daß Du dieses häßliche Wetter gut überstehst hier ist fast alles krank. meine ganze Abend Gesellschaft hat Schnupfen und Chatarr. ich danke nur Gott daß die Kinder so verschont bleiben. Der arme Keller hat viel Vertruß mit seiner Bauerey, er ist aber auch ein bißel selbst Schult, er will alles zu gut austippeln deßhalb besinnt er sich zu oft anderst. Erst wollte er nur 2 Stok bauen, da aber der alte Grund gut ist so will er nun 3 aufsetzen. Das will nun die Baukomision nicht leiden weil auf der ganzen Seite die Häuser nur 2 Stok hoch sind. Nun hat aber Keller schon alles in Akort gegeben, so, daß ihm diese Weigerung in große Verwirrung setzt. kurz, fange nur einer zu bauen an dann fehlt es auch nicht an Aerger. Die arme Frau ist ganz krank vor Sorgen. Ich hätte es wohl recht gern wenn wir einmal ein kleines Eigentheim bekämen, aber ich würde um alles in der Welt bitten, nur ja nicht selbst zu bauen. Ich gestehe mein Alter daß ich entsetzlich neugierig bin zu erfahren was Du wohl in England verdient hast. Nachrechnen kann, und will ich auch nicht, und ich nehme mich auch in Acht mir irgend eine Summe zu denken. Von den | Benefitz kann ich mir auch keine Idee machen, weil ich nicht weiß was man einnehmen kann. Die Unkosten aber finde ich enorm. Ist denn der König noch nicht in Londen? hast Du keine Hoffnung ihm vorgestellt zu werden? es ist doch sonderbar, das Du mit den Großen Herren kein Glük hast – Der Gröste aber ist Dir gewogen, damit kanst du Dich trösten. Wie ist es denn mein Alter, soll ich Dir nicht eine Streke entgegen komen? ich könnte ja die Fürstenau und Rothe mit bringen? Die könnte dann mit ihren Mann in einen Wagen, und Rothe und wir in den andern fahren — Schon Jetzt mahle ich mir die Freude des Wiedersehns aus, und denke und träume nichts anderst — ich glaube immer diese letzte Hälfte wird mir langsamer vergehn als die erste. Also bis Mitte Juli — nun Gott gebe nur daß Du gesund bleibst. Die Rükreise mache nur ja recht langsam, damit Du dich nicht so angreifst[.] Unsere Buben wirst Du beide verändert finden, denn die wachsen wie Spargel; sind aber Gott lob! dabey recht stämig und derb. Alex hat auch ein scheide Zänchen bekomen, und ist dabey ganz wohl geblieben. Gott sey ewig Dank dafür.
Eben kam Böttiger der erzählte die Dewrient habe gestern im Blaubart herlich gespielt*, und sey wieder herausgerufen worden*. Das Mißfallen der Mell Wollbrük* hat ihr gute Die[n]ste gethan. Böttiger hat in einen Brief an Dich sehr gehätzt wie er sagt? Der alte Mann meint es gut. Es wäre würklich Toll wenn Kemble für den Klavierauszug 1000 £ bekomen hätte — doch das ist wohl nur so eine Rederey! schreibe mir doch was wahr ist. |
Gestern kam die Fürstnau noch, und hatte einen Brief von ihren Mann — die dumen Posten! ich habe keinen bekomen — habe heut auch schon zu Basange geschikt, aber auch da war nichts — na Geduld bis Sonnabend. Die Fürstenau muste mich die Stelle selbst lesen laßen die von Deinen Befinden handelt, da standt denn: Weber befindet sich jetzt beßer seit es gut Wetter ist also hast du doch gewiß viel gelitten mein armer Mann! aber die Nachricht: daß Du heiterer bist, hat mich sehr gefreut, auch daß die Oper fortwährend gefällt und das Haus füllt. Ja ja! Der Herr Kemble wird einmal wieder in’s Fäustchen lachen. Habe gestern auch wieder 2 Thaler müßen zum Fenster hinaus werfen. Da kömt ein lieber Verwanter ein junger Großman*, und bittet um eine Reiseunterstützung er ist roth gieser und will auf seiner Wanderung nach Prag. Wie ich eigendlich verwant bin, weiß ich nicht, aber seine Mutter nennt mich in ihren Schreiben Liebe Cousine, also muste ich wohl bluten, oder viel mehr, die arme Männe. Na warte nur mein Alter in Hosterwitz will ich schon spaaren. Der gute Rothe soll hungern, daß ihn die Sonne durchscheint. Mit meinen Schnupfen geht es heute wieder ganz gut, und ich könnte morgen hinaus ziehn, aber aber, morgen ist FreyTag, Du weist wohl: da geht es nicht. Also es bleibt bey Sonnabend. Ich denke wir werden noch viel von der Baumblüte finden, denn die Kälte hat alles zurük gehalten. Ich will auch heut in gottes Nahmen dies Briefel fort schiken damit die Männe nicht wieder zankt. Es steht eigendlich freylich fast gar nichts drin als daß wir gesund sind, aber Du willst nun einmal für das Geplauder das viele Geld ausgeben: Herr! Dein Wille geschehe! So laß Dir denn wenigstens recht viele gute Bußen geben mein lieber lieber guter Mann.
Gott segne Dich + + + Die Kinder küßen Dir die Hand, und Max wünscht mit der Mutter: der gute Vater mögte bald wieder komen. Alle Bekannte und Freunde grüßen schönstens. ewig die Treue Lina.
Editorial
Summary
ist ungeduldig zu erfahren, wieviel er in London verdient hat, Gerüchte gehen um, dass Kemble 1000 Pfund für den Klavierauszug bekommen habe; über Theateraufführungen, wird am Sonnabend, 6. Mai, nach Hosterwitz ziehen
Incipit
“Immer schreibe ich noch nicht von Hosterwitz”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 22Physical Description
- 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
- mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
- Siegelrest
- PSt.: a) DRESDEN | 4. Mai 26 b) F P O | MY - 15 | 1826 c) TT
Text Constitution
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“20”“17.” crossed out and replaced with “20”
-
“1826.”added inline
Commentary
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“… Sturm und Regen hinaus gezogen”Vgl. dazu auch das Pillnitzer Hoftagebuch von 1826 (Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Bestand 10006 Oberhofmarschallamt, O 05, Nr. 59).
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“… gestern im Blaubart herlich gespielt”W. Schröder-Devrient gab die Marie und „wurde am Schlusse gerufen“: vgl. Carl August Kornmann, Tage-Buch des Königl. Sächs. Hoftheaters, Jg. 10 (Zum neuen Jahre 1827), S. 32.
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“… und sey wieder herausgerufen worden”Bereits in der Blaubart-Aufführung am 24. April 1826 hatte W. Schröder-Devrient die Marie gegeben und „ward gerufen“ worden (ebenso am 30. April als Emmeline in der Schweizerfamilie); vgl. Tagebuch der deutschen Bühnen, Jg. 11, Nr. 5 (Mai 1826), S. 146f.
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“… lieber Verwanter ein junger Großman”Offenbar ein Enkel von Caroline Brandts Tante Caroline Großmann, geb. Hartmann.