Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Dienstag, 11. März, bis Freitag, 14. März 1817 (Nr. 34)
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Muks! Muks! Muks! Ich hab ein Quartier!! und! Nun! ein schönes, wenns mir schon äußerst sehr gefällt, und du weist daß ich ein bischen eigen darin bin, so kann ich schon hoffen daß es meinem Schneefuß auch behagen wird. Erstens ists auf dem AltMarkt. aber — 3 Treppen! aber gute Treppen, und da werden die Liebhaber nicht so oft kommen — dann, alles unter einem Schloß, der ganze Stok, Vorn heraus, ein sehr großes Vorzimmer, dann 2 schöne Zimmer, und ein SchlafZimmer mit Alkoven, alles sehr nobel. dann komt ein Arbeitszimmer für miß. dann Zimmer für Bedienten, KöchinT, Speisekamer, eine helle herrliche Küche, großer Boden, Keller, Mangel im Hause. Wagenplaz — und kostet freylich 150 rh: aber, angenehm zu wohnen ist wohl einige Thaler werth, und unter 120 rh: hätte ich auf jeden Fall keines bekommen. ich habe also auf der Stelle alles richtig gemacht und 10 rh: drauf gegeben damit mirs keiner wegschnappt. Ich bin so vergnügt und froh darüber daß ich dirs gar nicht genug sagen kann, denn ich hoffe es wird dir gefallen. Der gröste Vortheil ist auch der, daß die Zimmer alle schön gemalt und in gutem Zustande sind, wir also nichts hinein zu stekken brauchen, was sonst beinah bei allen Quartieren der Fall istT. Nun adje muß ins Theater, hab dir nur in aller Eule meinen guten Fund melden wollen. 100tnd Bußen.
bon jour, Mamsell Mukin! wie gehts? wie haben Sie geruht und geträumt? wie ein Jud, hoff ich. ich bin noch ganz vergnügt über meinen Quartier Fund, denn man findet doch selten so recht ordentlich alles wie man es wünscht beisammen. Wenn’s nur schon an der Zeit wäre hineinzuziehen! – ach! – Geduld, und immer wieder Geduld, bald wird mir die Geduld über der vielen Geduld ausgehen. poz blitz, das darf ich ja nicht sagen, sonst machst dus auch so und es hilft uns doch am Ende nitz, müßens schon abwarten.
Vorgestern d: 10t war ich Mittags beim Schwiegersohn von Rochlitz mit Neumanns, dann fiel es Sr. Majestät auf einmal ein Mad: Neumann den andern Tag im zwischenAkt zu hörenT, und ich hatte zu rennen und alles zu besorgen, denn sie kommen immer an mich wenn was geschehen soll. Abends war ich zum Thee beim Französ: Gesandten. Gestern d: 11t hatte ich von 9 Uhr an Probe von den 2 Arien, dann blieb ich noch ein bischen in der Vestalin Probe und um 11 Uhr gieng ich in die Porzellän Auktion*, war aber nichts gescheides da, und ich zappelte durch die Straßen mit der Nase in der Luft nach Quartieren. sehe den Aushänge Zettel, und denke ganz verächtlich, im 3t Stok? gehe aber doch ganz mechanisch hinein finde die Treppen schön, steig und steig, mein Wohlgefallen steigt auch, und Puntum ich lauf vor die Stadt zu der HausInhaberin und mach den Handel richtigT. Freß ganz lustig im Engel, besuche dann den kranken Hellwig dems etwas beßer geht. gehe dann ins Theater wo die Sessi ihre 2 Arien sehr brav sang, und plauderte dann noch bey Schmidels, wo ich mir beiliegenden PreißZettel der Tischwäsche holen ließ. Die wird wohl hier beßer und auch nicht theurer als in Prag sein. Worüber abermals dero Weisheit entscheiden soll. Nun muß ich aber bald wieder ins Quartier laufen und mir die Farben der Zimmer merken wegen der dazu paßenden Einrichtung, was ich dir dann melden werde. Was aber den Schreibtisch für mich betrifft, geliebter Muks, so danke ich dir dafür 1000mal herzlichst, den werd ich mir schon hier bestellen nach meiner Hand und nach dem Plaz wo er hin soll. du wirst genug zu thun haben wenn du übrigens alles so in Ordnung bringen willst, aber ich weiß es macht dir | Freude drum thue es in Gottes Namen, aber hübsch vorsichtig und ganz, laß dich nicht verleiten von Stümpern arbeiten zu laßen, man muß sie auch bezahlen, und hat am Ende geschmaklose unvollkomne Arbeit über die man sich täglich ärgert.
Heute habe ich den ganzen Morgen in meinen Musikalien gekramt und geordnet. nun schreibe ich noch ein paar Briefe, und – um 4 Uhr erst zu Mittag beym Graf Dillon, dann in die Vestalin*, und Abends zum Thee beim Englischen Gesandten. da komt dein armer Muks nicht aus den Schuhen heraus bei dem schändlichen Wetter. Jezt ists wieder ganz und gar Winter, viel Schnee und Sturm. Freytag solls aber aufhören und schön werden sagen die Wetterpropheten. Nun Gott gebs, mir wärs recht, denn nach gerade ärgerts mich auch das ewige Geregne und WindPusten.
Ich muß heute schon wieder dem Eduard gratulieren zu seinem Namenstag d. 18t küße ihn recht herzlich für mich. und d: 19 den kleinen Pepi, der wohl jezt schon ein ganzer Gelehrter ist. Nun, ba! H: v: Muks, will ein Kotteletchen verzehren sonst fällt mir der Magen in die Schuhe, dann rasieren und ein paar Briefe expediren.
Gott behüte dich mein geliebtes Leben. Morgen krieg ich wieder ein Brieferl und freue mich schon recht drauf. Gottes Seegen mit dir + + + sey brav und heiter. Millionen Bußen von deinem Carl.
Dank, 1000 Dank, geliebte Lina für dein liebes herzlich reines Schreiben No: 36 vom 10 und 11t huj: Wohlthuend hast du deine Seele darin für mich entfaltet, oft mich beschämt. Laß uns heilig diese Grundsäzze gegenseitig bewahren, und froh und heiter werden wir durchs Leben gehn. Wie kannst du glauben daß es mir unangenehm sein könnte deinen Schmerz bei der Trennung von der Mutter zu sehen, nein, ich ehre ihn gewiß wahrhaft, und zu mir mußt du immer alles schmerzliche tragen und bringen, damit ich helfe. und zu ertrösten suche, das ist ja ein schönes herrliches Vorrecht das nur die Liebe giebt. und das man sich nicht nehmen laßen kann. nun! ich freue miß. werde wohl erst recht mit Lust arbeiten wenn du bei mir bist, habe so gar Niemand dem ich sonst meine Sachen vorspielen möchte und um Rath fragen. da wirst du wieder zum Geheimen Musik Rath ernannt. – Vorgestern Abend kam Wohlbrük an, und ist Gestern zu mir gezogen, hat mir viel von dir erzählt was mich sehr gefreut hat, und läßt dich bestens grüßen. er spielt künftige Woche 4 mal. Hellwig ist noch immer bettlägrig. deinen Brief an Schmidls gab ich ihm gestern gleich selbst, da er eben bei mir war.
Ja ja es wird schon hübsch bei uns werden davor ist mir gar nicht bange. —
Ey so wollt ich doch — bin gewiß schon 10 mal gestört worden und kann zu nichts kommen. Du Spizbube, habe recht gelacht wie mir Wohlbrük dein Empfehlungsschreiben überreichte, aber Lina et Comp? das verbitt ich mir. — Du willst ich soll nicht zu viel kaufen, nichts als wo nothwendig ist? da hast du wohl recht, aber es ist so viel nothwendig und am Ende ist der Unterschied nicht so groß ob man gleich etwas recht Gutes kauft, oder so halbGut. Wegen den Ueberzügen warte bis zu meinen späteren Nachrichten was die Zimmer für Farbe haben. auch glaube ich fast, es wird beßer sein, die Möbel erst hier polieren zu laßen. Im May können sie immer kommen, ich werde auf jeden Fall sie wenigstens dann in eine Bodenkammer sezzen können, wenn es nicht anderst ist, ja vielleicht bin ich selbst schon dann im neuen Quartier, denn die Cecarelli will ihr Häuschen verkaufen und ich selbst muß im May herausT. ist wirklich schade, daß du das niedliche Looß nicht gesehen hast. ist wie eine Nürnberger Schachtel ineinander gestekt und klein, aber nett. Nun unser Quartier soll wenigstens eben so sein. Liebichs schwarzer Schreibtisch wäre wohl nicht übel, doch ist er nicht ganz wie ich ihn wünsche. er hat wohl zu verschließen aber nicht oben auf, und man muß erst alles wegräumen, was ich bei meinem Alten nicht brauchte. Geht er aber wohlfeil weg so wäre er doch hübsch. Wann ist denn die Versteigerung? die Fracht 100 f W W | Gienge noch an. Es wird wohl am Ende am Besten sein, ein ganzes Schiff allein zu nehmen. denn die Emballage wird viel kosten, da müste man vielleicht von solcher Leinwandt nehmen die man dann auch in die Gänge als Fußteppich brauchen könnte. Das Mägde Bett wird im Transport auch nicht mehr kosten, also behalte es nur in Gottes Namen. Den Schreibtisch gegen ein paar hübsche Wandschränkchen vertauschen ist wohl nicht übel, aber dann hast ja du keinen Schreibtisch. und du weist wohl daß du die Wirthschaftsbücher führen must. Das mit dem KüchenGeschirr ist auch gut, denn offenbar ist das alles wohlfeiler in Prag als hier. Es geht dir mit Junghs Geburtstag wie mir, ich möchte ihm auch eine Freude machen und weiß nicht mit was. Auch deiner Mutter möchte ich gerne eine Aufmerksamkeit beweisen, schreibe mir doch etwas das sie wünscht oder braucht. Das ist recht übel daß die Benda mißfallen hat*. ich bin nur begierig was noch aus dem Theater werden soll. Ich werde kein Concert hier geben lieber Muks, 1tens kömt nichts dabei heraus, und 2tens schikt es sich nicht recht, und sieht einer Bettelei ziemlich gleich. gegen das Frühjahr will ich aber eines für die Armen im Gebürge geben, die könnens brauchen*. Du dummer Muks, hab recht lachen müßen, wie du sagst wer weis ob’s der König erlaubt, er wirds wohl thun, und der Himmel schenke uns nie eine größere Schwierigkeit, dann geht uns gewiß alles leicht.
Nun muß ich schließen denn die Post geht. du wirst zwar wieder schimpfen über den kurzen Brief aber ich kann dir nicht helfen, vielleicht wird der nächste desto länger. Nun adio geliebtes Leben, sey gesund und brav, Gott segne dich + + + und behalte lieb, deinen dich über alles treu liebenden Carl.
Alles Schöne an die gute Mutter und Drs:
Millionen Bußen.
Editorial
Summary
teilt mit, dass er eine Wohnung in Dresden gefunden habe; Tagebuch 10.-12. März; betr. Wohnungseinrichtung; Wohlbrück kam an und wohnt bei ihm; Möbel und Einrichtung; er wird kein Konzert in Dresden geben, nur etwas später ein Benefizkonzert für die Armen im Gebirge
Incipit
“Muks! Muks! Muks! Ich hab ein Quartier!!”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 84Physical Description
- 1 1/2 Bl. (3 b. S. o. Adr.)
- am unteren Rand der Versoseite des halben Blattes Vermerk von F. W. Jähns: “(Gehört zu N. 34. 11. März 1817.)”
- Rötel- und Bleistiftmarkierungen von Max Maria von Weber
Corresponding sources
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Worbs 1982, S. 79–81
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Muks, S. 358–361 (unvollständig)
Thematic Commentaries
Commentary
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“… ich in die Porzellän Auktion”Die Königlich Sächsische Porzellan-Manufaktur veranstaltete „im ehemals Saulschen Hause, am Seethore No. I. vom 10ten März d. J. an und folgende Tage, eine große Auction von Meißner Porcellan, bestehend in weißen, blauen und bunten, Sortimentsweise hinter einander folgenden Tafel-, Caffee- und Theegeschirren, Biscuitgruppen und Figuren, Tabaksköpfe und mehrere Artikel aller Art“; vgl. die Anzeige in: Leipziger Zeitung, 1817, Nr. 40 (25. Februar), S. 431.
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“… daß die Benda mißfallen hat”Zu den Gastauftritten von C. Benda am Ständetheater (im Schauspiel und der Oper) berichtet der Sammler (Jg. 9, Nr. 42 vom 8. April 1817, S. 168): „[wir] lernten in ihr eine sinnige Künstlerinn kennen, welcher jedoch für unser nicht eben sehr vortheilhaft gebautes Haus mehr physische Kraft der Stimme zu wünschen wäre“.