Carl Maria von Weber an Gottfried Weber in Darmstadt
Dresden, Dienstag, 29. November 1825

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Dem Großherzogl: Heßischen

OberhofGerichts Rath pp

Herrn Gottfried Weber

Wohlgebohren

zu

Darmstadt

franco.

Verzeihe lieber Br: daß ich erst heute deine am 1t 9b erhaltenen Briefe beantworte. aber ich habe, erstlich, eine Antwort die ich sogleich niederschrieb, den andern Tag ins Feuer geworfen weil ich mich darin unnüzzer Empfindlichkeit hingegeben hatte die zu nichts führt weil weder du noch ich uns jezt noch ändern werden.

und 2tens wollte ich dir gerne ordentliche Auskunft wegen dem Requiem v. Mozart geben.      Nach Durchsuchung aller Archive, und Privat-Sammlungen des Königs hat sich ein Manuskript des Requiems nicht vorgefunden. dagegen aber eine gedrukte Partitur mit folgenden Titel. /: sehr splendid gedrukt :/

1tes Blatt. W. A. Mozarti
Missa pro Defunctis
Requiem.
W. A. Mozarts

Seelenmesse
mit
untergelegtem deutschen Texte
im Verlage der Breitkopf und Härtelschen Musikhandlung
in Leipzig.

2tes Blatt. Seiner
Churfürstlichen Durchlaucht
von
Sachsen
dem
Kenner und Beschützer religiöser Tonkunst
unserm gnädigsten Herrn
unterthänigst gewidmet
von
den Herausgebern
Breitkopf e Härtel
. /[:] NB ohne Jahreszahl :/

Diese Ausgabe ist nun ganz gleichlautend mit den bekannten. und der deutsche Text heißt, „Friede den Entschlafenen, segne du sie Ewiger pp.“ Hinten angedrukt sind noch folgende Text Uebersezzungen. 1) das Requiem nach dem Lateinischen zu W. A: Mozarts Musik, von Herrn Profeßor C. A. H. Clodius in Leipzig. „Ruhe in Ewigkeit schenke ihnen, Himmlischer[]. pp.

2). der Tag des Gerichts Parodie des Requiem von Herrn KapellMeister Hiller in Leipzig. „Lehre uns bedenken, daß wir sterben müßen, um klug zu werden[] pp. |

willst du diese 2 Texte vollständig haben so laße ich sie dir abschreiben.

Bei meinem vielen Herumfragen bei den ältesten Mitgliedern der Kapelle nach dem Requiem habe ich aber noch eine geschriebene Partitur aufgefunden, die dem verstorbenen Sänger Mariottini gehörte. und nach welcher das Requiem aufgeführt worden ehe es gedrukt war.      hier habe ich folgende Abweichungen gefunden.

Gedrukte Geschriebene Part:
No. 1. Requiem. Allabreve.
Kyrie. /[:] Basszeile. :/
Grader Takt.
Beginn des Kyrie Beginn des Kyrie u: so fort
NB: nichts beziffert. NB: alles sehr sorgfältig beziffert.
/: dieß sind schon Abweichungen die von verschiedener Art aufzuschreiben herrühren, und nicht blos des Abschreibers Werk sein können. :/
Tuba mirum.
gerader Takt. Allabreve.
3 Takte Posaunen dann Fagott Solo. durchaus Solo für die Tenor-Posaune.
die Fagotte ihre eigene Zeile, und erst beim cum vix justus eintretend.
Rex tremendae
And Grave. Andante.
Recordare.
kein Tempo. Adagio.
Lacrimosa.
Larghetto. Adagio. |
Die ersten 2 Takte Pausen im Baße die ersten 2 Akte Beginn der Baßstimmme

und nun folgende Bemerkung von Mariottinis Hand.

L’Offertorio, il Sanctus e l’agnus Dei, non gl’ho trascritti, perche non mi anno passo essere del valore del precedente ne credo ingannarmi nel crederli, opera di un’altra penna. und noch eine unbedeutende Bemerkung über die Wiederholung des Lux aeterna pp. — — So weit meine Nachforschung. Außerdem hat man mir aber nun erzählt: André in Offenbach habe eine Skizze /: von Mozarts Hand :/, von dem Requiem, welches er als Schatz und Geheimniß bewahre.

Die Partitur des Robin hätte ich gern gehabt*, da du sie aber nicht schiktest ist es am Ende eben so gut.      die Verlangte Vergleichung hätte ich ohnedieß nicht schikken können; ich habe hier Niemand der so etwas für mich machen könnte, und fodere auch Niemand dazu auf.      der Brief von Castil Blaze ist intereßant genug. er ist eben ein Lump.

     mir hat er noch nicht geantwortet. — transeat cum ceteris — — !!!

Wegen der Mitreise nach Paris muß ich einen bestimmten Entschluß von dir haben. da meine ganze Reise Einrichtung dadurch anders wird, und ich beim Kauf eines Wagens darauf Rüksicht nehmen mußT.      15t oder 16t Februar gehe ich von hier mit Extrapost ab.      Schreibe mir also baldigst darüber.

Schon lange habe ich dir vorschlagen wollen dein Lehrbuch* unserm König zu übersenden.      hilfts nichts so schadets doch auch nichts.      du hast dabei nur einen Brief an den König selbst, und einen an den Hofmarschall, Königl: Kammerherrn GeneralDirector der Theater und Kapelle, Ritter des Civil-Verdienst Ordens pp von Lüttichau zu schreiben, dem du die Sache sendest, und um seine Uebergabe an den König ersuchst.      Das Weitere werden wir dann schon besorgen.      Aber thue es bald, so daß es gegen Neujahr hier eintrifft, wo ich von Berlin zurük bin.

Gott schenke dir und den deinen Gesundheit. bei mir geht es ziemlich. Grüße herzlichst deine geehrte Hausfrau, Kinder, Halwachsens pppp Wie immer dein
Weber.

Editorial

Summary

teilt die Ergebnisse seiner Durchsicht der Dresdner Archive im Hinblick auf Mozarts Requiem mit; betr. Angelegenheit Castil-Blaze, der noch nicht geantwortet hat; drängt zu einem Entschluss wegen Mitreise nach Paris; schlägt vor, sein theoretisches Werk dem König zu übersenden, und gibt entsprechende Anweisungen

Incipit

Verzeihe, lieber Bruder, daß ich erst heute

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: New Haven (US), Yale University, Beinecke Rare Book and Manuscript Library (US-NHub), Frederick R. Koch Foundation

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt: DRESDEN | 30. Nov. 25
    • am oberen Rand der Rectoseite Notiz von fremder Hand: N: XXII Gf: Weber Nov. 29. 1825

    Provenance

    • Stagardt Kat. 630 (1983), Nr. 1005

    Corresponding sources

    • (Anonym), Eine Reihenfolge von Briefen C. M. v. Webers, in: Caecilia, Bd. 7 (1828), Heft 25, S. 38 (unvollständig), fehlender Teil bei Gottfried Weber, Weitere Nachrichten über die Echtheit des Mozartschen Requiems, in: Caecilia, Bd. 4 (1826), Heft 16, S. 302–304
    • MMW II, S. 620–623
    • Bollert/Lemke 1972, S. 93–96

Thematic Commentaries

Text Constitution

  • “cum”added above

Commentary

  • Akterecte “Takte”.
  • “… Robin hätte ich gern gehabt”Gedruckte Partitur der Freischütz-Bearbeitung, erschienen bei Castil-Blaze in Paris (VN: C. B. 20.).
  • “… dir vorschlagen wollen dein Lehrbuch”Versuch einer geordneten Theorie der Tonsetzkunst zum Selbstunterricht, mit Anmerkungen für Gelehrte, Mainz: Schott, Bd. 1–4, 1817–21.
  • “… Dresden d: 29 t”Datum durch Einriss fehlend.

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