Caroline von Weber an Hinrich Lichtenstein in Berlin
Hosterwitz, Freitag, 30. Juni 1826

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Zürnen Sie mir nicht, theurer Freund, daß ich Sie schon wieder belästige, aber mein Herz treibt mich Ihnen zu sagen: wie unendlich dankbar ich Ihnen für Ihren liebevollen theilnehmenden Brief bin, daß er mich gestärkt hat, diese schwere Prüfung standhafter zu ertragen und mit Muth und Vertrauen der dunklen Zukunft entgegen zu gehen. Ich war von all den auf mich einstürmenden Leiden so zu Boden gedrükt, daß sogar meine armen Kinder keine Theilnahmer mehr bei mir fanden, ich wünschte nichts mehr als bei ihm zu sein. – Das Vertrauen auf Gott und Menschen hatte mich verlassen, ich kam mir so einsam vor auf dieser weiten Welt, so verlassen –– Ihr Brief hat mir den ersten Tropfen Trost gegeben, ihm verdanke ich es, wieder über meine Lage denken zu können. Gott segne Sie dafür, theurer Freund. Ihre Pläne zu unserem Vortheil sind so schön, aber erwarten Sie ja nichts von der Theilnahme fremder Menschen, in England hofften wir auch, und es war leer in der Benefice – – betrüben Sie sich nicht, wenn ihr redliches Bemühn in Berlin auch solchen Erfolg hat, ich bin darauf gefaßt: wo das Glük einmal den Rücken kehrt, hält es kein Flehn zurück – – [Lücke]

Ich hatte mit dem Oberon einen Plan, der, wenn er in Erfüllung ginge, mich mancher Sorge und Angst enthöbe. Wenn ein Verleger sich fände, der das ganze Eigenthumsrecht an sich kaufte, der vor der Welt nur als unser GeschäftsFührer erschiene, die Partitur in Manuskript an die Theater in unserem Nahmen verkaufte, und vielleicht erst später die Partitur drukte; sollte der nicht eine unbedeutende Summe dafür zahlen können? Weber hat doch gegen 5000rh für den Freischütz eingenommen, sollte Webers letztes Werk weniger tragen? | Verkaufte ich es so im ganzen, so hätte ich den Vortheil bald zu wißen, wie ich mich einrichten muß, und käme endlich in die Ruhe, die ich so sehr bedarf – Sie glauben nicht bester Freund wie peinlich mir dies Handeln und Treiben ist – und doch muß ich es der Kinder wegen thun, auch quälen mich meine Freunde deshalb. Von den Pinto’s haben wir bis jetzt nur wenig gefunden, ich hoffe Weber hat etwas davon mit nach England genommen, dann sollen Sie alles sogleich bekommen. Mir hat Weber oft den ganzen ersten Act vorgespielt, es wäre betrübt, wenn er ihn nicht aufgeschrieben hätte.

Noch sitze ich in Hosterwitz, wohin mein guter Carl sich so sehr gesehnt wo er fast alle seine Opern geschrieben – sobald ich aber Pferde und Wagen verkaufen kann, muß ich auch diese liebe Einsamkeit verlassen, wo ich mit ihm so froh – und nun so sehr unglücklich gewesen bin – ach wäre nur noch ein halb Jahr vorüber! Nun Gott wird helfen! – Ihre
Lina v. Weber

Apparat

Zusammenfassung

dankt ihm für seinen trostreichen Brief, schöpft nun wieder etwas Mut zum Weiterleben, möchte einen Verleger finden, dem sie das Eigentumsrecht an Oberon verkaufen könnte, damit sie für ihre Kinder sorgloser sein könnte. Von den Pintos hat sie bisher nur wenig gefunden, erinnert sich, dass Weber ihr den ganzen ersten Akt vorgespielt habe, hofft, dass Weber etwas nach England davon mitgenommen hat. Wenn sie den Nachlaß erhält, soll er das Manuskript sogleich bekommen. Will Pferd und Wagen verkaufen und dann das Sommerdomizil auch aufgeben

Incipit

Zürnen Sie mir nicht, theurer Freund

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Kopie: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. V (Mappe IA), Abt. 3, Nr. 31b

    Quellenbeschreibung

    • Abschrift von Jähns
    • 1 DBl. (2 b. S.)

Textkonstitution

  • „mir“über der Zeile hinzugefügt

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