Caroline von Weber an Gottfried Weber in Darmstadt
Dresden, Samstag, 28. Oktober 1826
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- 1826-11-06: von Spontini
Korrespondenzstelle
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- 1826-06-30: an Weber
- 1826-05-18: von Weber
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- 1827-04-30: an Weber
Längst hätte ich Ihnen wieder ein Lebenszeichen gegeben, wenn mich in der letzten Zeit nicht ein Wust der unangenehmsten Geschäfte abgehalten hätte oder wenn wir nach der genausten Durchsicht das Liedchen, welches Sie wünschten, nur hätten finden können.
Hier sende ich Ihnen die Partitur des ‚Oberon‘ nebst deutschem und englischem Buch und imvoraus schon meinen herzlichen Dank für die freundschaftliche Sorgfalt, die Sie diesem Werke widmen wollen. Der Klavierauszug ist leider nicht vollständig hier, weil Weber den größten Teil in Briefen nach Berlin schickte*; doch ist es sehr nötig, so will ich gern alles sammeln und Ihnen schicken.
Meine Verhältnisse hier gestalten sich noch besser, als ich anfangs dachte: der König hat uns 300 Thaler Pension gegeben. Auch ist aus dem Verkauf unserer Sachen und des ‚Oberon‘ noch manche Summe eingegangen, die mich weniger sorgenvoll in die Zukunft blicken lassen‡. Gott verläßt uns nicht! Er wird mir auch wieder Mut schenken, ein freundenleeres Dasein zu ertragen.
Ich habe Ihnen auch die Arie beigelegt, die Weber in London für ‚Hüon‘ hat nachkomponieren müssen; auch das Gebet des ‚Hüon‘ im zweiten Akt wie die Polonaise im dritten ist bestellte Arbeit, die Weber noch hat in London machen müssen* und die vollends seine wenigen Kräfte aufgerieben haben‡. Ach, ich wollte, Sie könnten sein Tagebuch lesen, um zu wissen, was er gelitten! Und wie geduldig hat er alles verschwiegen, bloß damit die Kunde seines Unwohlseins uns nicht zu Ohren kommen und mich nicht ängstigen solle. Doch Sie haben ihn ja gekannt und wissen, wie gut er war.
Ich bitte, schreiben Sie mir, geehrter Freund, wenn der ‚Oberon‘ richtig in Ihre Hände gekommen ist, denn Sie können denken, daß jede Note meines geliebten Mannes ein Heiligtum für uns ist, dem wir mit sorgenvollem Herzen folgen […]
Apparat
Zusammenfassung
hat das von ihm gesuchte Liedchen nicht finden können; sendet Part. des Oberon; den Klavierauszug habe sie nicht vollständig, da Weber den größten Teil direkt nach Berlin schickte; ihre Verhältsnisse seien jetzt besser als gefürchtet; legt nachkomponierte Nummern bei
Incipit
„Längst schon hätte ich Ihnen wieder ein Lebenszeichen“
Überlieferung
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Textzeuge: Wilhelm Altmann, „Aus Gottfried Weber’s brieflichem Nachlass“, in: SIMG, Jg. 10 (1908/1909), S. 504 (Auszug)
Textkonstitution
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„lassen“sic!
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„haben“sic!
Einzelstellenerläuterung
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„… hat in London machen müssen“Gemeint sind die Ersatz-Arie für Nr. 5 „Yes! even love“, die Preghiera Nr. 12A (beide auf Wunsch Brahams nachkomponiert) sowie vermutlich Fatimes Romanze Nr. 16, die zwar Bestandteil des Originallibrettos war, von Weber jedoch zunächst zurückgestellt wurde, da er von ihrer dramaturgischen Notwendigkeit nicht überzeugt war. Die Nummer entstand erst Ende März 1826 kurz vor der Uraufführung in London.