Karl Theodor Küstner an Karl Theodor Winkler in Dresden
Leipzig, Sonntag, 26. November 1826

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An

Herrn Hofrath K. Th. Winkler

Wohlgeboren

in

Dresden.

frei

Verehrter Freund!

Nach längerer Unterbrechung sende ich diese Zeilen an Sie ab. Nach einer Idee, die Wendt gehabt, wird die Webersche Todtenfeyer jetzt gedichtet. Die Hauptidee davon ist, durch Gemälde die Hauptgattungen zu bezeichnen, in denen Weber Vorzügliches u Großes geleistet! Stieglitz d. junge Dichter führt sie aus. Quandt hat mir dazu meheres versprochen, woran ich Sie ihn zu erinnern bitte*.

Die Flitterwochen* habe ich gelesen, auch es der Devrient, die für diese Rolle wäre, mitgetheilt. Wir beyde theilen die Bedenklichkeit ob nicht das Stück zu sehr an die bezähmte Widerspenstige v. Holbein*, das Strudelköpfchen und auch Etwas an Stille Wasser erinnert? Alle Stücke, besonders das erstere, sind bei mir auf dem Repertoir*, was wohl den Eindruck der Flitterwochen sehr schwächen müßte. — Erste Liebe ist schon | seit 6 Wochen auf dem Repertoir. Die Krankheit Devrients, während derselben die Devrient wenig und nichts Neues spielte, hat es bis jetzt aufgeschoben. Jetzt ist es d. 9t Dez. angesetzt. Othello von Voß ist am Freitag mit vielem Beifall gegeben*. Das Ganze wie das Einzelne fand große Anerkennung. In dieser Woche ist d. Maurer* und den 23ten, wenn Gott will, Oberon*. Noch erinnere ich nachträglich, daß die Todtenfeyer u Freischütz wohl erst wird im Januar gegeben werden können, weil theils Wendt, der es früher versprochen, so lange gezögert, theils auch noch Vorbereitungen nöthig sind. — Theobald hat [trotz] aller Mühe die ich wie die Sänger sich gegeben, und ungeachtet alle Musikstücke vielen Beifall | fanden, [nicht] angesprochen. Man findet die Musik Compilirt u entlehnt, nicht originell. Das mag wohl wahr seyn, doch muß man italienische Musik von einem andern Gesichtspunkt als deutsche beurtheilen. Das ist auch Wendts Meinung. Die 2te Vorstellung fand mehr Beifall als die 1te*. doch — das Haus war leer u die Oper hat keinen Credit! — Schon diesen Sommer ging ich um, den Julius Cesar zu geben, und war schon mit der Einrichtung beschäftigt die Ihrige hat sich bewährt*, u Sie thun mir einen Gefallen, wenn Sie mir ein eingerichtetes Buch oder ein Manuscript nach dem Ihrigen schicken, doch recht bald!

Stets der Ihrige
KThKüstner
Die Flitterwochen folgen mit der fahrenden Post.

Apparat

Zusammenfassung

Mitteilungen über gespielte und geplante Stücke und Hinweis auf eine Idee Wendts, eine Totenfeier für Weber zu veranstalten vor einer Freischütz-Aufführung; die Dichtung dazu hat der junge Heinrich Stieglitz übernommen; da am 23. Dezember Oberon gegeben werde, wird die genannte Festaufführung erst im Januar 1827 stattfinden

Incipit

Nach längerer Unterbrechung sende ich diese Zeilen an Sie ab.

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler; Dagmar Beck; Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Leipzig (D), Stadtgeschichtliches Museum, Bibliothek (D-LEsm)
    Signatur: A/2012/807

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt auf der Adressenseite: LEIPZIG | 26 NOV. 26
    • geringfügiger Textverlust durch Siegelüberklebung am oberen Rand der letzten Briefseite

Textkonstitution

  • „d. junge Dichter“über der Zeile hinzugefügt
  • „ihn“in der Zeile hinzugefügt
  • „bezähmte“über der Zeile hinzugefügt
  • „Etwas“unsichere Lesung
  • „… sind bei mir auf dem“gestrichenes unleserliches Wort

Einzelstellenerläuterung

  • „… Sie ihn zu erinnern bitte“Zur Aufführung am 19. März 1827 vgl. den Bericht in der Allgemeinen Zeitung vom 8. Mai 1827 sowie Küstners Erinnerungen in: Karl Theodor Küstner, Rückblick auf das Leipziger Stadttheater, Leipzig 1830, S. 160–162.
  • „… Die Flitterwochen“Die Flitterwochen. Lustspiel in 2 Aufzügen von Theodor Hell.
  • „… die bezähmte Widerspenstige v. Holbein“Lustspiel in 4 Aufzügen, bearbeitet nach Shakespeare und Johann Friedrich Schink.
  • „… bei mir auf dem Repertoir“Leipziger Premieren (in Reihenfolge der Nennung der Werke) am 31. Mai 1822, 19. Mai 1826 und 24. Oktober 1817.
  • „… Freitag mit vielem Beifall gegeben“Die Voßische Bearbeitung hatte in Leipzig am 24. November 1826 Premiere.
  • „… dieser Woche ist d. Maurer“Le maçon (Maurer und Schlosser) von D. F. E. Auber; Leipziger Premiere am 1. Dezember 1826.
  • „… , wenn Gott will, Oberon“Die deutsche Erstaufführung des Oberon fand in Leipzig am 24. Dezember 1826 zur Feier des Geburtstages des Königs stattT.
  • „… Beifall als die 1 te“Premiere am 13. November; das Werk wurde nach der zweiten Vorstellung (22. November 1826) abgesetzt.
  • „… die Ihrige hat sich bewährt“In Dresden hatte das Werk am 31. Oktober 1826 in der Schlegel-Übersetzung Premiere; in Leipzig fand zu Küstners Zeiten keine Aufführung statt.

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