Aufführungsbesprechung Berlin: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 18. Juni 1821 (Teil 1 von 3)

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Der achtzehnte Juni war der beziehungsvolle Tag, an welchem das erste Singspiel auf Berlin’s neuer Bühne, von einem Deutschen Dichter, Friedrich Kind, eigends gedichtet, und einem vaterländischen Tondichter, C. M. von Weber, in Musik gesetzt – unter eigener Anordnung und Direktion des hochgeschätzten Componisten, mit dem ausgezeichnetesten Erfolg gegeben wurde. Der geniale Tonsetzer ist in Deutschland durch seine zahlreichen Gesang- und Klavier-Compositionen, | wie durch dramatische Werke zu bekannt und geehrt, als daß die Erwartung einer neuen Oper von seiner stets eigenthümlichen Erfindung nicht die gespannteste Erwartung erregt hätte. Das Interesse an dieser Vorstellung zu erhöhen, trug auch die Wahl des auf einer Böhmischen Volks-Sage beruhenden – von dem geistreichen A. Apel bereits als Erzählung benutzten, und zum Theil hiernach von Hrn. Hofrath Kind in Dresden sehr gelungen für die Bühne bearbeiteten, romantischen Sujet’s, so wie das neue Lokal und dessen scenische Einrichtung nicht wenig bei. Was der Zuhörer von der Musik zu erwarten berechtigt war, das zeigte gleich Anfangs die, die Haupt-Fäden der interessanten Handlung zusammen knüpfende Ouverture. Bedeutsam und sinnig beginnt diese in leisem, anwachsendem und wieder verhallendem Unisono; vier Corni tragen einen sanft melodischen Gesang vor, den die in der Oper stets auf gleiche Weise angedeutete Erscheinung des schwarzen Jägers unterbricht. Das leidenschaftliche legitato enthält die wesentlichsten Bestandtheile der Scene des zum Freischützen verleiteten Jägers Max, im 1sten Act: „Doch mich umgarnen finstre Mächte,“ imgleichen der grausenvollen Beschwörungs Scene im 2ten Akt, mit der größten Kunst und Wahrheit verbunden, zuletzt in dem kindlich reinen, heitern Thema des Schluß-Gesanges aufgelößt, welches in der vortrefflichen Scene Agathens im 2ten Act "hoffnungsvoll" schon mit tiefem Sinn angedeutet ist.

Diese ganz eigentliche Ouverture, als Prolog der romantisch-phantastischen Oper, wurde nach der vollendet wirksamen Ausführung des im besten Verhältniß besetzten Orchesters, mit so entschiedenem Beifall aufgenommen, daß die Wiederholung gewünscht wurde, welche indeß mit Recht nicht erfolgte, da der vorbereitende Eindruck auf die sich unmittelbar anschließende Handlung dadurch gestört sein würde.

Für heute müssen wir über den Inhalt der Oper selbst das Weitere für das nächste Blatt d. Z. versparen, und bemerken nur, daß von 14 einzelnen Musikstücken 13 lebhaft applaudirt wurden. Die begehrte Wiederholung des Volksliedes im 3ten Act konnte auch, der Verbindung mit dem nächst folgenden Jäger-Chor wegen nicht erfolgen.

Die Damen Seidler und Eunicke, die Herren Stümer, Blume, Wauer u. s. w. Das Chor-Personale, unser treffliches Orchester – Alle Ausführenden wirkten mit Lust und Eifer zum Gelingen der anziehenden Darstellung mit.

Auch die Scenerie war sehr effektvoll und mit Umsicht angeordnet. Insbesondere verdiente[n] die höchst geschmackvoll erfundenen und mit Leichtigkeit ausgeführten Dekorationen von Hrn. C. Gropius, wie die wirksame Maschinerie und Beleuchtung bei den sehr schweren Aufgaben im 2ten Act, anerkennende Erwähnung.

Herr Capellmeister v. Weber wurde durch enthusiastisches Hervorrufen geehrt, und als der schätzbare, bescheidene Componist mit Mad. Seidler und Dem. Eunicke hervortrat, flogen ihm Blumenkränze und Gedichte zu. In letzteren war nur der Schluß unpassend und hat Herrn v. Weber zu einer Erklärung veranlaßt, welche wir nachstehend mittheilen.

(Die Fortsetzung folgt.)

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Berlin: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 18. Juni 1821 (Teil 1 von 3). Die beiden letzten Teile folgen in den nächsten Ausgaben.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Zeitung für Theater und Musik zur Unterhaltung gebildeter, unbefangener Leser. Eine Begleiterin des Freimüthigen, Bd. 1, Heft 25 (23. Juni 1821), Sp. 99–100

        XML

        Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
        so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.