Carl Maria von Weber an Friederike Türcke in Berlin
Prag, Dienstag, 12. September 1815
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Meine liebe Türkin!
Ihnen als meiner bravsten Correspondentin muß ich von Rechtswegen auch wieder zuerst schreiben. ich bin seit 4 Tagen von meiner UrlaubsReise zurükgekehrt*, sizze in einem Hauffen von Geschäften, habe mir aber troz denen vorgenommen von nun an auch fleißig im Briefschreiben zu sein, und meinen Freunden keine so lange‡ Ursache mehr zu geben über zu langes Stillschweigen sich zu beklagen. Viel und mancherley habe ich unterdeßen erlebt, trübe Tage sind vor mir hergegangen, und ein dumpfes Brüten hat mich beynah von allem losgerißen für alles todt gemacht. seit lange habe ich daher auch nichts von meinen guten Berlinern gehört. d: 25t May erhielt ich Ihren lieben Brief vom 22t May. eben. als ich [in] den Anstalten zu meiner Abreise begriffen war, die d: 7t Juny vor sich gieng*. 3 Monate lang bin ich nun in München gewesen*, habe da und in Augsburg Concerte mit glänzendem Erfolg gegebenT, habe angefangen wieder fleißig zu arbeiten, und so kam es denn, daß immer noch etwas dringenderes mich drängte, als meinen Wünschen gemäß mit meinen Freunden plaudern zu können. da haben Sie so ungefähr einen Umriß meines Lebens, auf deßen lezte Zeit ich ohnedieß nicht gerne zurükblikte, und nun zur Beantwortung Ihres Briefes.
Was den Bräutigam betrifft, danke ich für die Gratulation und werde sie aufheben bis ich einmal Gebrauch davon machen kann. Glauben Sie aber künftig nur offiziellen Nachrichten, von mir, und nicht den oberflächlichen gewißer Leute.
Romberg geht glaube ich nach Hamburg und im Winter nach Warschau es ist also mit seiner Anstellung in Berlin nichts. Was ich binnen Jahr und Tag thue, weis Gott. warscheinlich gehe ich nach Italien und dann nach England. /: das bleibt aber unter uns :/
H: Friedel hat die Unverschämtheit gehabt hier durchzureisen ohne mich aufzusuchen*, hat mir das sogar von Wien aus geschrieben und mir noch einen Brief an Freytag zu bestellen eingeschloßen. Wirklich man sollte ganz Menschenfeindlich werden bey solchen Begebenheiten. der guten Koch sagen Sie alles Liebe und Gute von mir, obwohl ich wirklich etwas auf sie böse bin, daß Sie mir gar nicht mehr antwortet, und ich nicht weis ob Sie mit mir schmollt oder nicht. Es freut mich das Riekchen fleißig ist, und ich gebe ihr meinen herzlichen Seegen aus der Ferne dazu. Grüßen Sie mir den braven Tolle und alle Bekannte die sich meiner errinnern wollen. und halten Sie beßer Wort als bisher, denn Sie versprachen mir 3 Briefe auf einen von mir. jetzt haben Sie einen und ich habe also 3 zu gute.
der Himmel erhalte Sie gesund und froh und gedenken Sie Ihres
alten unveränderlichen
Freundes Weber.
Prag d: 12t Sept: 1815.
Apparat
Zusammenfassung
meldet Rückkunft in Prag; berichtet kurz über seinen Aufenthalt in München; verwahrt sich gegen ein Gerücht, er habe sich verlobt; Reisepläne; betr. gemeinsame Berliner Bekannte
Incipit
„Ihnen als meiner bravsten Correspondentin muß ich“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
Themenkommentare
Textkonstitution
-
„lange“durchgestrichen
Einzelstellenerläuterung
-
„… ich nun in München gewesen“Vom 18. Juni bis 5. September 1815.
-
„… hier durchzureisen ohne mich aufzusuchen“Friedel schuldete Weber noch Geld; vgl. Tagebucheinträge vom 21. und 30. September 1815.