Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Hamburg
Lübeck, Samstag, 14. Oktober 1820 (Nr. 16)
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Mein geliebtes treues Herz.
Also doch noch einmal muß ich die Feder ergreifen um mit der Mukki[n] zu plaudern. Du hattest ganz recht voraus gesehen, ich komme hier so schnell nicht weg als ich wollte. Alles stürmt auf mich ein, und ich habe mich fast schon bitterlich gezankt, man wirft mir vor ich behandle Lübek gar zu gering, daß ich nur wie eine Lufterscheinung vorüber ziehen wollte. Die Leute hätten mich alle lieb, sie wollten mich auch in der Nähe sehen und sprechen. Roek der sich wirklich trefflich der Sache angenommen hat, sitzt heute den ganzen Tag auf dem Rathhause, der Bruder hat Probe, alle sagen, wer weis wann wir uns je wiedersehen, den einen Tag kann uns ihre Frau ja wohl noch gönnen; kurz, mein geliebtes Leben, es zerreißt mir das Herz, und ich habe mit großem Wiederwillen noch den Sontag zugeben müssen, so daß ich erst Montag dich an mein Herz endlich wieder drücken kann. Die armen Leute werden übrigens Morgen meiner nicht sehr froh werden, denn ich bin durch und durch betrübt. aber ich finde es selbst billig und nothwendig, ich kann mir nicht nachsagen lassen, als ob ich blos des Geldes wegen nach Lübek gekommen wäre. | also — mein alter Stern — ich muß alles doppelt schwer erringen. aber ich freue mich auch! au!!! manchmal ist es mir wie ein Traum daß ich dir so nahe bin. ich bin etwas schnell gereißt. 4 Tage und 4 Nächte ununterbrochen. Es ist mir ein herrlicher Beweiß für meine Gesundheit, daß ich so frisch und munter dabei bin, und du wirst zufrieden mit der Männe ihrem Aussehen sein. Werde ich dich aber auch loben können? Ich weiß nicht warum ich aus deinem letzten Briefe die Besorgniß heraus lese, daß du nicht ganz so brav gewesen bist als es wohl sein sollte. So glaube ich es auch in deinem letzten No 12, den ich soeben erhalte, zu finden. Muki[n], Muki[n]! hezze dich nicht so ab. Wegen der Kleinen bin ich ganz einverstanden. Es thut mir leid, aber es geht wirklich jezt nicht*. Bist ein dummer Oz. der Ingwer ist vortrefflich!*
Gelt das heißt überraschen? Also hat dir mein altes Gesicht* Freude gemacht? Ist es wirklich recht ähnlich? Ja das hatte ich gut ausstudirt, daß mein Abdruck noch vor mir ankommen müßte, das war gewiß für dich überraschender und angenehmer, als wenn ich es selbst mitgebracht hätte. denn hoffentlich wirst du dich dann an das Original halten. o dumme, dumme | Frage ob ich mich auch freue. wirklich unbeschreiblich. Nun kann ich schon fast die Stunden genau zählen, die ich noch warten muß. Bist du mir aber auch nicht böse, daß ich dir noch diesen Tag entzog? Gelte Nein, du bist zu billig, es ging wahrhaftig nicht anders — Mit Klengel wird wohl nichts zu machen sein, du weißt ja daß er sich einbildete ich hätte was gegen ihn. den bitte ich also nicht. Mlle Pohlmann, ja. wohl durch Eule*. Was meint den[n] Romberg dazu. Das große Concert d: 16. versäume ich nun auch*, nun, das wäre das wenigste. aber die arme Mukkin, die nun schon so gewiß auf den Sontag Abend rechnete. —
Also die Madame hat viel Geld ausgegeben? nun, ich auch. Hoffentlich soll das hiesige Concert das Loch zumachen wenn du es nicht gar zu groß gemacht hast. aber ich kenne dich schon du Geizhals, wirst was rechtes an dich gewendet haben. ich bringe dir wahrlich nichts mit. spizze dich nicht etwa auf was. mein Portrait war das Einzige, und der treffliche Ingwer den du Krokodill nicht magst. Nun muß ich in die Probe.
Gott segne dich + + + und lasse dir den langen Tag Zuwage recht schnell vergehen. ich werde meine Ungeduld an dem Kutscher auslassen und treiben. Millionen Bussen [Kußsymbol] auf dein gutes knuspriges Maul!!! bald bald bald selbst !!! Ewig dein Carl. Lübeck d: 14 8b 1820.
Apparat
Zusammenfassung
da viele seiner Freunde ihn nicht so schnell aus Lübeck weglassen wollten, musste er noch den Sonntag zugeben und meldete seine Ankunft in Hamburg für Montag in großer Wiedersehens-Vorfreude
Incipit
„Also doch noch einmal muß ich die Feder ergreifen“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 144Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (3 b. S.)
- Abschrift von unbekannter Hand
- am oberen Rand der Rectoseite Notiz von Max Maria von Weber (Tinte): „Das Original am 25 Juni 1875 Fr.v.Littrow (Wien) geschenkt“
- am oberen Rand der Rectoseite mit Rot- u. Blaustift (vermutlich von Max Maria von Weber:) 14 8br 1821 [sic!]
Themenkommentare
Einzelstellenerläuterung
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„… es geht wirklich jezt nicht“Zu Überlegungen, eine der beiden Töchter Edmund von Webers (bzw. beide) für einige Zeit nach Dresden zu holen, vgl. die Anmerkung zum Brief vom 11. September 1821.
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„… hat dir mein altes Gesicht“Weber spielt offenbar auf ein Porträt an, das er seiner Frau als Aufmerksamkeit aus Kopenhagen schicken ließ (vgl. auch die entsprechende Andeutung im Brief vom 9. Oktober 1820). Die gerade erst in Kopenhagen entstandene Porträtzeichnung von Christian Horneman dürfte kaum gemeint sein, da dieses Original bis 1872 in Kopenhagen verblieb und keine weiteren Hinweise auf eine denkbare zweite Version vorliegen. Die Formulierung „altes Gesicht“ könnte möglicherweise auf einen älteren Druck (z. B. den Porträtstich von Johann Neidl nach Joseph Lange von 1804, der von Joseph Eder in Wien und Gombart in Augsburg vertrieben wurde) hindeuten.
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„… , ja. wohl durch Eule“Offenbar war zunächst erwogen worden, den Tenor A. G. Klengel zu bitten, sich mit einer Gesangsdarbietung an Webers Konzert in Hamburg am 21. Oktober 1820 zu beteiligen. Statt dessen sangen zwei andere Ensemblemitglieder des Hamburger Theaters, E. Pohlmann und F. Woltereck, je eine Arie, vermutlich vermittelt durch den Musikdirektor Eule.
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„… 16. versäume ich nun auch“Weber kam am 16. Oktober 1820 in Hamburg an und konnte laut Tagebuch das große Konzert in der Petri-Kirche besuchen; zum Programm vgl. den Kommentar zum Tagebuch.