Korrespondenz-Nachrichten: Stuttgart, Bamberg, Darmstadt, Juli 1811

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Stuttgart. Mad. Beker sang hier mehrere Rollen, in denen sie den Beyfall des Königs und des Publikums in so hohem Grade erhielt, daß wir hoffen, sie wenigstens bis künftige Ostern, nebst ihren Mann für unsere Bühne zu gewinnen. Hr. Graff, der bekannte vortreffliche Violoncellist und seine Gattin, die liebliche Sängerin ¦ aus der Schule Rhiginis, haben ihre Entlassung genommen. Wir verlieren an beyden sehr viel, und jede Bühne kann sich gratuliren, sie zu besitzen.

Auch Hr. Tenorist Berger verläßt unser Theater und dürfte schwerlich durch Hrn. Schelble ersetzt werden. Hr. Krebs hat dem Vernehmen nach auf 4 Wochen Urlaub und hielt in Darmstadt und Karlsruhe Gastrollen. – Mad. Milder – Hauptmann, wird bey uns erwartet.

Bamberg. Unsere Theater-Anstalt scheint Festigkeit und Dauer erhalten zu wollen, besonders, da der Hr. Hr. Herzog Wilhelm dasselbe so großmüthig unterstützt. Das Streben nach Vervollkommnung ist aber auch höchst sichtbar und erfreulich, und verdient Aufmunterung. Besonders seit Hr. Bode die Regie übernommen hat, ist der glückliche Erfolg seines Fleißes auffallend. Wir haben vor Kurzem etwas sehr Gelungenes in der Darstellung der Andacht zum Kreuze von Calderon de la Barca (aus dem Spanischen übersetzt von A. W. Schlegel) gehabt*. Mit so vielen Schwierigkeiten eine solche Aufgabe für das hiesige Personale verknüpft war, so schön wurde sie gelöst. Die Vorstellung wurde nach 8 Tagen bey sehr vollem Hause wiederholt, und es spricht gewiß nicht zum Nachtheile des Publikums, daß es so empfänglich für diesen seltenen Genuß war. Unser Theater ist übrigens das erste, daß sich nach dem Weimarschen an die Aufführung eines ähnlichen Stückes gewagt hat, und der beßte Dank gebührt den Einsichten und dem Eifer des Hrn. Bode und dem Streben der übrigen Mitwirkenden.

Darmstadt. Die Oper Samori von dem berühmten Geh. Rath Vogler, wurde den 30sten Juny und 7ten July mit dem ausgezeichnetsten Beyfall gegeben*, so daß selbst die Frau Großherzogin, dem großen Künstler den Tag nach der ersten Vorstellung an der Tafel mit einem frischen Lorbeerzweig krönte. Die herrliche Composition dieses Meisterwerkes wurde unter des Componisten eigener Direction vortrefflich gegeben.

Eine Anzahl von (über) 100 musizirenden Personen kann aber auch unter einer solchen Leitung Effekt hervorbringen. Besonders bemerkenswerth sind die herrlichen Chöre (10 Diskant, 10 Alt und über 30 Tenor und Bässe) welche trotz ihrer Schwierigkeit, sehr pünktlich und kräftig ausgeführt wurden, und dadurch sich und ihrem braven Chormeister Hrn. Tenorist Marquard, die größte Ehre machten. Die Dekorationen von dem bekannten Landschafts-Maler Schönberger sind herrlich und von der größten Wirkung. Vorzüglich ein Seesturm und ein Sonnen-Aufgang.

Bey der 2ten Vorstellung war der Zusammenlauf von Fremden, besonders aus Mannheim, so groß, daß es in Gasthöfen an Raum fehlte alle aufzunehmen, und daher viele zurückgewiesen werden mußten. Der Beyfall war noch enthusiastischer als das erstemal, und wir sehen mit Sehnsucht der 3ten Vorstellung den 16. July entgegen. Unsere Bühne verbessert sich täglich. An Hrn. und Mad. Werner haben wir eine schöne Aquisition gemacht*.

Mlle. Frank aus Mannheim befindet sich hier* und Hr. Krebs aus Stuttgart wird erwartet*. Beyde werden uns durch gastliche Darstellungen erfreuen.

Apparat

Zusammenfassung

Neuigkeiten aus Stuttgart u.a. Gastspiel Minna Becker; Direktionswechsel in Bamberg (Carl Bode wird neuer Direktor) und die gelungenen und enthusiastisch aufgenommenen Aufführungen der Oper „Samori“ von Vogler in Darmstadt

Generalvermerk

Zuschreibung: vgl. TB 15. Juli und Übersicht Juli 1811

Kommentar: Es handelt sich bei diesem Text lediglich um eine redaktionelle Umarbeitung der Kritik G. Webers (1811-V-40) und anderer Zeitungsnotizen.

Entstehung

15. Juli 1811 (nach TB)

Überlieferung

  • Textzeuge: Gesellschaftsblatt für gebildete Stände, Jg. 1, Nr. 56 (17. Juli 1811), Sp. 455–456

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Teil über Darmstadt in: Baierische National-Zeitung, Nr. 176 (27. Juli 1811), S. 715 und Neue Fränkisch-Würzburgische Chronik, Jg. 6, Nr. 33 (17. August 1811), Sp. 516

Textkonstitution

  • „Hr. Hr.“sic!

Einzelstellenerläuterung

  • „… A. W. Schlegel ) gehabt“„Über die Aufführung der Schauspiele des Calderon de la Barca auf dem Theater in Bamberg“ in: Die Musen, eine norddeutsche Zeitschrift, Heft 3, Berlin 1812, S. 157–167 .
  • „… mit dem ausgezeichnetsten Beyfall gegeben“Weber verwendete für den Teil zu Darmstadt die Ausführungen G. Webers in dessen Besprechung der beiden Vorstellungen (1811-V-40).
  • „… wir eine schöne Aquisition gemacht“Das Ehepaar wurde 1811 nicht ans Darmstädter Hoftheater, sondern ans Mannheimer Theater engagiert.
  • „… aus Mannheim befindet sich hier“Luise Frank gastierte in Darmstadt am 2. und 9. Juli 1811 als Gurli und Fanchon.
  • „… Krebs aus Stuttgart wird erwartet“J. B. Krebs sang in Darmstadt am 9. eine Szene aus Zingarellis Romeo und Julie sowie am 12. und 14. Juli den Sextus im Titus.

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