Aufführungsbesprechung Prag: Konzerte von J. N. Hummel am 19. und 26. April 1816
Conzert-Musik zu Prag.
AmΔ 19. und 26. April erfreute uns Hr. Kapellmeister Hummel mit zwey musikalischenΔ Akademien im k. k. Redouten-Saale*. Die erste enthielt:
1) Ouverture aus der Oper: Die Rückfahrt des Kaisers*, von Hummel. Ein sehr lebendiges, galant und effektvoll geschriebenes Werk, undΔ sehr gut exekutirt unter des KünstlersΔ eigner Leitung.
2) Pianoforte-Conzert*, komp. und gespielt von Hummel, in welchem erΔ den ausgezeichneten Ruf, der ihm vorangieng, auf das vollkommenste bewährte. Die Nettigkeit, Sicherheit und Rundung seines Spiels, die Ausdauer in den ermüdendsten fortgesetzten Figuren, und das außerordentlich glatte, elegante seines Vortrags erwarben ihm den rauschendsten Beyfall der zahlreich versammelten Menge. Das Conzert selbstΔ gehört nicht zu den ausgezeichnetsten Arbeiten dieses Künstlers, und besonders ungern vermißte Ref. ein bedeutenderes Adagio.
3) Arie von Paer, gesungen von Mad. Grünbaum. Diese etwas lange und breite Szene wurde wie immer trefflich gesungen, und wir mußten blos die für den Sänger so nachtheilige Hitze für sie fürchten, die meist die Stimme etwas belegt.
4) Großes Septett für Pianoforte, komp. und gespielt von Hummel. Ohnstreitig eines der gelungenstenΔ Werke, auf das der Komponist viel Fleiß und LiebeΔ verwendet zu haben scheint. Es enthält 5 Stücke, unter denen Ref. die Variationen und die Menuette dieΔ liebsten geworden sind; theils wegen der schönen Bearbeitung und Ausführung der Ideen, theils wegen schön verwebtem Ineinandergreifen der Instrumente. Das Trio der Menuette ist ungemein herzlich und ansprechend in seiner einfachen Horn-Melodie. Dieses treffliche Septett wurde nicht ganz gewürdigt, was nach einmaligem Anhören auch schwer vom großen Publikum zu verlangen ist, zumal als es für heute offenbar zu lang war, indem es aufs Allein Dastehen berechnet ist*.
Die Ausführung von Seiten unsrer braven Künstler Clement, Kutschera, Sellner, Janusch, Zalnžan‡Δ und Hause war sehr gut, und vom Komponisten natürlich trefflich zu nennen.
5) Die Orakelglocke, von Tiedge und der Stein der Treue, von Bürger, gesprochenΔ von Dem. Brandt. Zwey recht artige Kleinigkeiten und mit all der Herzlichkeit und Anmuth vorgetragen, die wir an dieser vielseitigen jungen Künstlerin so oft zu bewundern Gelegenheit haben.
6) Phantasirte Hr. Hummel allein auf dem Pianoforte. Hier entfaltete er erst ganz wie meisterhaft er Figuren aller Ard beherrscht, und wie sie ihm in ungestörter Folge in den verschiedensten Wendungen und Lager‡Δ, zu denen ihn seine augenblickliche Laune führt, zu Gebote stehen. Man kann nicht präciser und reiner ein notirtes Tonstück spielen, als hier Hr. Hummel phantasirend alles ausführte; das GediegeneΔ seines Spiels und gewisse ihm eigene kleine zarte Gesangsschweifungen entzückten allgemein. Seiner Ansicht zu Folge setzt er das Höchste im Pianofortespiel in das Passagenreiche und deutlich Vollendete, diesem weitere Vortheile der Natur des Instruments abzulocken und zu gewinnen, verschmäht er vielleicht allzusehrΔ. Uebrigens können sich nebst vielen andern auch jeneΔ Klavierspieler, die immer die Dämpfung bey Läufen etc. in die Höhe heben, an ihm ein Beyspiel nehmen.
Ein Beyfall, wie ihn Ref. hier kaum noch gehört hat, belohnte verdient den trefflichen Künstler.
Das 2te Conzert Δ* eröffnete die Ouverture zu dem Trauerspiel Marpha, von Hummel. Ein ernstes Tonstück mit kräftiger und gründlicher Ausführung.
2) An die Entfernte*, Romanze am Klavier von Hummel, gesungen von Mad. Grünbaum. Eine liebliche ¦ Kleinigkeit, und auch ebenso prunk- aber nicht schmucklos deshalb vorgetragen.
3) Pianoforte-Conzert, komp. und gespieltΔ von Hummel, in dem sich alle seine schon bewährten Vorzüge abermals in ihrem schönsten Lichte zeigten.
4) Lo‡ Sentinelle, gesungen von Hrn. Pohl, mit Variationen für Violine, Guitarre und Pianoforte, gespielt von Hrn. Clement, Sellner und Hummel. Ein angenehmΔ erfundenes, und dem neuen Zeitgeschmack gemäß ausgeführtes Musikstück, das mit VergnügenΔ gehört wurde.
5) Phantasirten Hr Hummel und Hr. Clement frey ohne Vorbereitung, mit einander auf dem Pianoforte und der ViolineΔ. Ohne einen vorher Δ einigermaßen abgeredeten Plane, der dem ohngeachtet der Phantasie der Spieler keine engenΔ Schranken setzt, ist es eine mißliche Sache um eine solche Verein-Phantasie. Man muß seine Zuflucht zu lauter bekannten Melodien nehmen, und zuletzt wird das Ganze einem Pot-Pourri ähnlicher, als einer Phantasie. DemΔ Ideenstrome und der Harmoniefülle desΔ Hrn. Hummel so zu folgen, daß alles als dazu gehörig und nicht wie einΔ ängstliches Einschieben und Eindrängen aussieht, ist beynahe unmöglich, besonders wenn auch nicht von beyden TheilenΔ mit einer, gewissen Rücksicht nehmenden Schonung zu Werke gegangen wird. Die Sache hatte großes Interesse erregt, ob sie es auch zurückließ, will Ref. nicht entscheiden.
So viel ist gewiß, daß Hr. Hummel einer Aufnahme und Würdigung sich zu erfreuen hatte, wie sie vor ihm Wenigen zu Theil geworden istΔ. Das zweyteΔ Conzert war womöglichΔ noch voller als das erste, und somit hoffen wir, daß auch Er zufrieden, Böhmens Hauptstadt verlassen hat.
Apparat
Zusammenfassung
Besprechung von zwei Konzerten des J. N. Hummel in Prag; auf dem Programm überwiegend Werke Hummels; zweites Konzert verlief noch erfolgreicher als das erste
Generalvermerk
Die beiden Hummel-Konzerte sind bei Kaiser, S. 88–91 getrennt aufgenommen; obwohl sie in derselben Zeitungs-Nr. enthalten sind; das Publikationsdatum ist bei Kaiser falsch mit Nr. 155 vom 3. Juni 1816 angegeben.
Entstehung
14. Mai 1816 (laut A)
Überlieferung in 2 Textzeugen
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1. Textzeuge: Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung, Jg. 3, Nr. 154 (2. Juni 1816), S. 615
Dazugehörige Textwiedergaben
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Kaiser (Schriften), S. 88–91 (Nr. 91 und 92)
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2. Textzeuge: Entwurf: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (VI), Bl. 44b/r–44b/vQuellenbeschreibung
- keine Überschrift; Incipit: „D: 19t. und 26t. Aprill erfreute uns H: Kapellm. Hummel aus Wien mit 2 Akademien“;
- auf Bl. 2r und v von DBl. (Format 33,6x20,1 cm, grünliches Papier, WZ: bekröntes Ornament mit Horn, Gegenmarke: IFOM, Kettlinien ca. 2,4–2,6 cm); vermutlich beide Konzerte im Zusammenhang niedergeschrieben und von Weber datiert mit: geschrieben d: 14t. May 1816 in Prag.; im TB unter 14. Mai: ZeitungsAufsäzze vollendet.
Dazugehörige Textwiedergaben
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HellS II, S. 191–195
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MMW III, S. 116–119
Textkonstitution
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„Zalnžan“sic!
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„Lager“sic!
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„Lo“sic!
Einzelstellenerläuterung
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„… im k. k. Redouten -Saale“Vgl. Webers TB-Einträge sowie die Anzeigen zu den beiden Konzerten.
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„… Oper: Die Rückfahrt des Kaisers“Singspiel in einem Aufzug op. 69; UA im Juni 1814 in Wien (Theater an der Wien). Die Musik zum Werk ist verschollen, ein Textbuch von Emanuel Veith hat sich erhalten.
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„… 2) Pianoforte-Conzert“Evtl. Concertino G-Dur für Klavier und kleines Orchester op. 85 von 1816 = Bearbeitung des Mandolinenkonzertes G-Dur (1799).
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„… aufs Allein Dastehen berechnet ist“Johann Nepomuk von Chotek äußerte sich in seinen Tagebüchern: „[…] das Septett sehr schön aber so schwer, daß er wohl wenig Praenumeranten auf deßen angekündigte Herausgabe erhalten wird, mir ist es aber weniger lieb als ähnlichen Compositionen von Mozart und Beethoven […]“ in Weberiana 19 (2009), S. 60.
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„dekl.“Abk. von „deklamiert“.
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„… 2) An die Entfernte“Nr. 1 aus „5 Lieder op. 84“ – „Neidisch trennen Thal und Hügel“.
Lesarten
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Textzeuge 1: „Am“Textzeuge 2: „d:“
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Textzeuge 1: „musikalischen“Textzeuge 2: Text nicht vorhanden.
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Textzeuge 1: „und“Textzeuge 2: Text nicht vorhanden.
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Textzeuge 1: „Künstlers“Textzeuge 2: „Komp:“
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Textzeuge 1: „in welchem er“Textzeuge 2: „H: Hummel hat“
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Textzeuge 1: „selbst“Textzeuge 2: „an und für sich“
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Textzeuge 1: „gelungensten“Textzeuge 2: „gelungenen“
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Textzeuge 1: „Fleiß und Liebe“Textzeuge 2: „Liebe und Fleiß“
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Textzeuge 1: „die“Textzeuge 2: „am“
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Textzeuge 1: „Zalnžan“Textzeuge 2: „Zaluzan“
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Textzeuge 1: „gesprochen“Textzeuge 2: „dekl.“
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Textzeuge 1: „Lager“Textzeuge 2: „Lagen“
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Textzeuge 1: „Gediegene“Textzeuge 2: „geperlte“
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Textzeuge 1: „allzusehr“Textzeuge 2: „in einem etwas zu hohen Grade“
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Textzeuge 1: „jene“Textzeuge 2: „die“
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Textzeuge 1: Text nicht vorhanden.Textzeuge 2: „d: 26.“
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Textzeuge 1: „komp. und gespielt“Textzeuge 2: „gespielt und comp.“
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Textzeuge 1: „angenehm“Textzeuge 2: „artig“
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Textzeuge 1: „mit Vergnügen“Textzeuge 2: „unterhielt und gern“
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Textzeuge 1: „auf dem Pianoforte und der Violine“Textzeuge 2: „auf Pianof. und Violine“
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Textzeuge 1: Text nicht vorhanden.Textzeuge 2: „nur“
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Textzeuge 1: „engen“Textzeuge 2: Text nicht vorhanden.
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Textzeuge 1: „Dem“Textzeuge 2: „Einem“
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Textzeuge 1: „des“Textzeuge 2: „wie bey“
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Textzeuge 1: „wie ein“Textzeuge 2: Text nicht vorhanden.
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Textzeuge 1: „auch nicht von beyden Theilen“Textzeuge 2: „auch von beyden Theilen nicht“
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Textzeuge 1: „sie vor ihm Wenigen zu Theil geworden ist“Textzeuge 2: „vor ihm Wenigen geworden ist“
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Textzeuge 1: „Das zweyte“Textzeuge 2: „2t“
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Textzeuge 1: „womöglich“Textzeuge 2: „möglich“