Gottfried Weber an Carl Maria von Weber in Berlin (Auszug)
Mannheim, Sonntag/Montag, 12./13. Juli 1812
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Auszug aus einem Brief. vom 12t July.
von Gottfried Weber in Mannheim an H. C. Maria. v. Weber
Ich bitte Dich was ists denn mit dem Beer; nun hat er seit April circa 8 Briefe von mir voll inniger Liebe und Freundschaft, die letztern mit den dringendsten Bitten mir doch nur um Gotteswillen mit einer einzigen Zeile zu schreiben ob er die früheren erhalten habe und mich aus der unbeschreiblichsten Verlegenheit zu reißen in die mich die Besorgniß versetzt hat daß jene mochten verlohren gegangen sein. Alles ohne alle Antwort. Ich habe ihm durch‡ die Generalin Deroi durch Seligmann in München Briefe zugeschickt welche auch alle abgegeben worden sind, und immer wieder bloß die alte Bitte um nur eine Zeile Empfangs Nachricht. Er würdigt mich aber keiner Antwort. Ich hatte ihm meine Umarbeitung des Te deum und meine französische Cantate zur Privatrezension zugeschickt und meine Frau während ihres Wochenbettes* sich ein Geschäft daraus gemacht ihm ein kleines Andenken zu schicken. Auch darauf keine keine Antwort keine Empfangsanzeige. So etwas ist denn am Ende unverkennbarer Beweis daß man absichtlich beleidigen will denn bloße Nachläßigkeit ist das nicht, es ist die unzweideutigste Erklärung daß er nichts mehr mit mir zu thun haben will; wahrscheinlich weil seine Zartheit sich wieder einmal piquirt glaubt und seiner Eigenliebe zu wenig gethan findet. Gott weiß worin und nun durch absichtliche Ungezogenheit sich in seinen eigenen Augen eine Satisfaction zu geben meint. Wie leid es mir thut seit diesem Betragen endlich alle Achtung für ihn aus meinem Herzen schwinden zu sehen kannst Du Dir denken. Das ist mir einmal wieder eine liebe Erfahrung[.] Ich wollte es noch immer nicht ahnden nicht glauben; bis er mir denn nachgrade die Ueberzeugung so unzweideutig aufdringt. Am Ende wäre ich froh gewesen nur meine Partitur zurückzuerhalten. Ich wußte kein anderes Mittel als ein Halbbekannten in München zu bitten Sie ihm höflichst und freundschaftlichst in meinem Namen wieder abzufordern und sie mir zu schicken. Vor 3 Tagen antwortet mir mein Correspondent er habe die Musikalien sogleich von Herrn Beer bekommen und ich würde sie p. Postwagen bekommen. Mit der Aufführung v. Gott und die Natur gehet mirs kümmerlich. Ich hatte es immer verschoben bis meine Frau wieder singen könnte nach Ihrer | Niederkunft. Ihr Catarr statt aufzuhören dauert aber immer fort und jetzt ist ihr vollends alles Singen verboten für den ganzen Sommer. In welche Verlegenheit mich dies bringt besonders unter den vorerwähnten Verhältniß denke Dir selbst und daß hier ohne die Gustel (besonders seit Gustel Schmalz weg ist) kein Oratorium mit Chören von lauter Weiberstimmen aufzuführen ist weißt Du selbst. Nun setze ich es mir aber doppelt in den Kopf; es muß gegeben sein und sollte ich allen Theaterprinzeßinnen auf den Knien herumrutschen daß sie mir singen. Ich bin nicht ganz ohne Besorgniß wegen meiner Gustel das verdammte Selbstschenken hat ihr zugesetzt. Ich habe seit 6. Monathen aus obigen Gründen nichts als Solo Gesang aufführen können. Dies wird Herrn Meier Beer wenigstens überzeugen daß es meine Schuld nicht ist daß es noch‡ nicht gegeben wurde. Denn seit den neuesten Aufschlüssen halte ich ihn wohl fähig dergl. von mir zu muthmaßen.
Vom 13e July. — Soeben erhalte ich richtig durch Münchner Postwagen meine Partitur zurück ohne weiteres. Was aus 3 Empfehlungsschreiben geworden ist von meiner Schwester, von Tonel Härtling und Nanette Weiler welche ich ihm schickte weiß ich übrigens auch nicht; wahrscheinlich hat er keinen oder Gott weiß welchen Gebrauch davon gemacht, welches mir um desto unangenehmer ist da sämmtliche Briefstellerinnen ihm durch mich sagen ließen daß der Inhalt derselben nicht bloß Empfehlungsschreiben sondern auch sonstiges sei.
Apparat
Zusammenfassung
Beschwerde über Meyerbeer; betrifft Aufführung von Meyerbeers Gott und die Natur in Mannheim
Incipit
„Ich bitte Dich was ists denn mit dem Beer; nun hat er seit April“
Generalvermerk
Dieser Brief-Auszug (Kopie von Wilhelm Beer) ist Bestandteil des Briefes von Wilhelm Beer an seinen Bruder vom 25. Juli 1812.
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: N. Mus. Nachl. 97, A/50Quellenbeschreibung
- 1 Bl. (2 b. S.) innerhalb des kompletten Briefes: 1 DBl. (4 b. S.)
- Rötel-Unterstreichungen von fremder Hand, außerdem am Kopf der 1. Seite mit Blaustift „25. Juli“
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Becker (Meyerbeer), Bd. 1, S. 194–196 (Auszug)