Korrespondenz-Nachrichten Dresden
Dresden. (Beschluss aus der 44sten Num.) Zur fernen Feyer jenes Tages, und zugleich zur Unterstützung Hülfsbedürftiger, gab die königl. Kapelle, im Vereine mit allen anderweitigen Kunstkräften, die ein Orchester- und Sänger-Chor von 250 Personen bildeten, am 23. Septbr. in der Neustädter-Kirche eine grosse musikal. Akademie. Sämmtliche königl. Hoheiten, so wie auch der Herzog Albert von Sachsen-Teschen, beehrten sie mit ihrer Gegenwart; die Anzahl der Zuhörer aus allen Ständen war sehr gross und der für die Armen erhoffte Gewinn beträchtlich.
Erster Theil. 1. Jubel-Ouvertüre, comp. vom Hrn. Kapellm. Carl Maria v. Weber. Von dieser haben wir schon gesprochen: es ist die nämliche, welche Abends am 20ten im grossen Opernhause gegeben worden war. 2.Carmen saeculare, eingefasst von einer Hymne, die voran geht, und einer Epode, die beschliesst. Die Worte der Hymne und Epode sind aus den Psalmen, nach Buchanans metrischer Uebersetzung; und das Carmen saeculare, nach Horaz bearbeitet, vom Hrn. Hofrath Böttiger; die Musik vom Hrn. Kapellm. Morlacchi. Dieser hält sich im Hauptabschnitt an den grossen Styl der Kirche; den ganzen Psalm liess er von der Harfe (von Fräulein von Winkel gespielt) begleiten, behielt aber hier jenen grössern Styl nicht ganz bey; und in der Epode wurde die Schreibart feurig und glänzend. Der Gesang ist für zwey Chöre gesetzt, aber darum noch nicht für acht Stimmen, vorzüglich im letzten Allegro fugale, wo oftmals ¦ die beyden Soprane oftmals mit einander unisono gehen, und so auch die zwey Alte, zwey Tenore und zwey Bässe; was denn natürlich für den Musikverständigen vier, nicht acht giebt. Vom Publicum wurde dieses Stück mit Beyfall aufgenommen. Die ersten Solostimmen sangen im ersten Chore: die Herren F. Sassaroli, Buccolini, Tibaldi und Benincasa; im zweyten: Mad. Sandrini, Mad. Miecksch, Hr. Benelli und Hr. G. Sassaroli. Die vorzüglichste Stimme wurde, wie in der Kirche gewöhnlich, dem Sopranisten, Hrn. Sassaroli übertragen: da dieser aber eben nicht besonders bey Stimme war, so brachte er nicht die erwartete Wirkung hervor, und beraubte uns auch des Vergnügens, die Cantate des Hrn. von Weber, von welcher wir nachher sprechen werden, den Tag darauf noch einmal zu hören. – Zweyter Theil. Ausgewählte Chöre aus dem Messias von Händel, geleitet vom Kirchen-Compositeur, Hrn. Schubert. Diese als Muster in der Kunst der Harmonie ewig hochzuhaltenden Stücke sind lämgst zu bekannt, als dass es nöthig wäre, etwas darüber zu sagen. Wir begnügen uns mit der Bemerkung, dass sie genau und trefflich ausgeführt wurden. Es waren folgende: Sieh, das ist Gottes Lamm – Er ward verschmähet – Fürwahr, er trug unsre Krankheit – Die Schmach bricht ihm sein Herz – Schaut her, und seht – Er ist dahin – Doch liessest du ihn – Halleluja, denn Gott der Herr regiert allmächtig – Merkt auf – Sie schallt, die Posaune – Dann wird erfüllt – Der Tod ist verschlungen – Drum dank dir, Gott – Ist Gott für uns – Würdig ist das Lamm. – Dritter Theil. Jubel-Cantate, gedichtet von Hrn. Friedrich Kind, in Musik gesetzt vom Hrn. Kapellm. von Weber. Das Gedicht enthält durchgehend schickliche und passende Gedanken, mit Gefühl und in leichtfliessenden Versen ausgesprochen, auch in einer für Musik sehr günstigen Form und Anordnung dargelegt.Der edle, harmoniereiche Eingang des Largo und sotto voce eines Chors in Es dur mit den Worten: Erhebt den Lobgesang – war von trefflicher Wirkung und setzte die Zuhörer bey dem Einfallen der Stimmen des Forte in unverkennbare Begeisterung. Auf dasselbe folgte eine schöne Tenor-Arie, welche Hr. Bergmann sehr gut sang, und worin er mit seiner in allen Tönen gleichsonoren Stimme alles ausdrückte, was Dichter und Tonsetzer hineingelegt hatten. Sie wurde ¦ von dem Chore begleitet, was gleichfalls nach Wunsch auf die Versammlung wirkte. Hierauf folgte die sehr belebte Sopranarie, von Dem. Funk gesungen. Hr. v. W. hatte dieser ausgezeichneten Sängerin Gelegenheit gegeben, ihre Stimme in voller Wirkung, und auch die Art des Ausdrucks zu zeigen, welche ihr am angemessensten u. vortheilhaftesten ist. Sie wurde daher mit grösstem Beyfall gehört, und die Composition auch. So hatte Hr. von W. auch dem Basssänger, Hrn. Toussaint, Gelegenheit gegeben, eben das geltend zu machen, wodurch er sich am meisten auszeichnet, indem er für ihn in den instrumentirten Recitativen eine würdevolle Declamation vorzeichnete, worin sich denn auch seine klangvolle Stimme sehr gut ausnahm. – Ein munteres, freudiges Terzett, mit leichtfasslichem, sehr heiterm Motiv, gefiel gleichfalls ungemein; doch bemerkte man in einer gewissen Stelle von neuem, dass Dem. Funk für so etwas leichthin Bewegliches weniger geeignet ist, als für das Pathetische, weit Aushallende, Ernstere. – Das kräftige Schlusschor, das in edelster Einfalt schliesst, und in diesem Schluss, zu den trefflich gewählten Worten, tief in’s Herz dringt – wurde für die Krone des wohlgelungenen Werks anerkannt. – Die Ausführung konnte wirklich vollkommen genannt werden, indem jeder Einzelne alles ihm Mögliche that, seine Theilnahme am Zweck des Ganzen, an dem Werke selbst und an dem Componisten an den Tag zu legen.
Am 26sten wiederholte man Spontini’s Vestale. Wir übergehen diese für die Singenden unglückliche Vorstellung mit Stillschweigen: man bemerkte den nachtheiligen Einfluss des Herbst-Aequinocticums auf ihre Stimmen nur allzusehr. Die spielenden Personen waren, wie gewöhnlich, Mad. Sandrini, Julie, Mad. Miecksch, Ober-Vestalin, Hr. Benelli, Licinius, Hr. Tibaldi, Cinna, und Hr. Benincasa, Ober-Priester. – Am 3ten Oct. wiederholte man Paolo e Virginia von Gugliemi mit vielem Beyfall; und am 7ten l’Inganno felice von Rossini.
Apparat
Zusammenfassung
Aufführungsberichte Dresden
Entstehung
–
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Blümer, Simon
Überlieferung
-
Textzeuge: Korrespondenznachrichten aus Dresden, in: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 20, Nr. 45 (11. November 1818), Sp. 785–787