Carl Maria von Weber an Friedrich Gottlieb Türcke in Berlin
Gotha, Sonntag, 13. September 1812

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S: Wohlgebohren

dem Herrn JustizKomißarius

Türcke

zu

Berlin

Liebster Türk,! Türkin,! Kind,! Toll ppp.

Gott zum Gruß und Jesum zum Troste zuvor! Glüklich bin ich in meinem jezigen StandQuartier eingelauffen, und habe mich auch schon ganz wieder von den wenigen Strapazzen erhohlt die mein Leichnam denen PostKaleschen zu verdanken hatte. Den elendsten Karren bekam ich in der vortrefflichen Residenz Potsdam, das sagt nur Schwarzens, nebst meinem herzlichsten Gruße. übrigens giengs so ziemlich und d: 1t Sept: um 4 Uhr traf ich in Leipzig ein. da hatte ich gleich das Vergnügen den um deßentwillen ich mich in Leipz: aufhalten wollte, verreißt zu finden; doch war er nicht an der Welt Ende gegangen und ich fuhr d: 3t zu ihm, nehmlich zu Hofrath Rochliz*. kam den 4t früh wieder, und reißte denselben Tag nach Tische mit einem alten zufällig gefundnen Bekannten aus Stuttgart dem Schauspieler Lembert der in Leipz: Gastrollirt hatte*, ab. —      Mit Kühnel habe ich Geschäfte gemacht. Er verlegt die Overture des Beherscher der Geister, ein Clavier Concert, ein Concertino für Clarinette, und die Variat: über die Romanze aus Joseph.      Kuhn suchte ich auf, traf ihn aber nicht, welches mir leid that, denn ich hätte allenfalls gerne mit ihm wegen des Trios gesprochen*. d: 5t Mittag kam ich in Weimar an. Da ich mich nicht aufhalten wollte muste ich der Großfürstin versprechen nach meinem Gothaer Aufenthalt 8 Tage bey ihr zuzubringen. die Sonate verlangte Sie aber sogleich, und in ein paar Tagen spaziert sie auch im Maroquin Frakk hinüber*.      d: 6t kam ich hier an. und wurde vom Herzog äußerst gütig empfangen. muste gleich mit ihm nach Reinhartsbrunn fahren, und da meine Lunge und Hände in tüchtige Bewegung sezzen. d: 10t kamen wir wieder zurük, und heute ist Posttag den ich nicht verabsäume,um Ihnen zu beweisen wie unvergeßlich und ewig lieb mir die viele wahre herzliche Theilnahme und Freundschaft ist, mit der Ihr mich wahrhaft überschüttet habt. Empfangt meinen besten Dank nochmals aus der Ferne und behaltet mich lieb.

Ich habe ein herrliches Stübchen mit Aussicht ins Freye in dem Palais des Prinzen Friedrich*. Man sorgt mit einer außerordentlichen Aufmerksamkeit für mich, und es fehlt mir eigentlich nichts als — Menschen.      doch ist mir auf der andern Seite diese Ruhe sehr nothwendig. ich werde mich einspinnen wie eine Raupe und sehr viel arbeiten. ich habe mir ein Register gemacht, und da ists nun meine Wonne wenn ich eine Arbeit geschlachtet habe und sie ausstreichen kann auf dem SündenZettel.      Nun lebt wohl. wollt Ihr mir eine frohe Stunde machen, die ich jezt nur in der Errinnerung verlebe, so schreibt mir oft und recht viel, es intereßirt mich alles bey euch bis zur Kalben Meppe.

Es umarmt euch herzlichst in [Ge]danken* Euer treuster Freund
Weber

Wißen Sie nicht wie weit der KlavierAuszug meiner Silvana ist? und ob Hellwig die Correctur besorgt hat; auch überhaupt ob Schleßinger die Sonate bald anfängt. deren Correct. ich aber selbst haben will.

adieu.

Editorial

Summary

Reisebericht: Leipzig, Weimar, Gotha; teilt mit, dass er mit Kühnel über mehrere Kompositionen einig geworden sei; erkundigt sich nach Korrekturen der Silvana und Sonate

Incipit

Gott zum Gruß und Jesum zum Troste zuvor! Glüklich bin ich in

Responsibilities

Übertragung
Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: N. Mus. ep. 1529

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • von fremder Hand auf der Adressenseite Rechnungsnotizen ergänzt, auf der Briefseite oben: “Nro 1.”

    Provenance

    • Stargardt Kat. 549 (11. 11. 1960), Nr. 531: 13 Briefe

    Corresponding sources

    • Hirschberg77, S. 45–46
    • Einstein, Alfred: Briefe deutscher Musiker. Zürich 1955, S. 147–149

Text Constitution

  • “um”added above
  • “… ”am oberen Rand der Adressenseite in umgekehrter Schriftrichtung:

Commentary

  • “… ihm, nehmlich zu Hofrath Rochliz”Zur Fahrt nach Ermlitz am 3. September 1812 vgl. das Tagebuch.
  • “… der in Leipz: Gastrollirt hatte”Vgl. den Kommentar zum Brief an F. F. Flemming vom 2. September 1812.
  • “… ihm wegen des Trios gesprochen”Möglicherweise ist der Berliner Verleger August Kuhn gemeint, wohl eher nicht der St. Gallener Musiker Anton Leontius Kuhn, dessen bei Gombart erschienenes Trio concertant op. 10 Weber zur Anzeige in der AmZ vermittelte; vgl. den Brief an Gottfried Weber vom 22. März 1811.
  • “… auch im Maroquin Frakk hinüber”Vgl. die Tagebuchnotizen vom 17. September 1812.
  • “… dem Palais des Prinzen Friedrich”Zu dessen diesbezüglichen Anordnungen vgl. seinen Brief an Caroline Schlick vom 12. August 1812.
  • “… euch herzlichst in Ge danken”Textverlust durch Siegeleinriss.

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