Carl Maria von Weber an Carl Graf von Brühl in Berlin
Dresden, Montag, 8. Mai 1820

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Hochgeborner Herr Graf!
Hochgeehrter Herr General Intendant,

Durch die Gefälligkeit des Herrn Musikdirektor Hellwig habe ich das Vergnügen, Ew. Hochgeboren die Chor-Stimmen nebst Chor-Partitur der Jägers-Braut zu übersenden*. Es wäre schon im April geschehen, wenn nicht überhäufte Dienstgeschäfte mich davon abgehalten hätten. Leider aber muß ich befürchten, daß sie doch noch viel zu früh ankommen, denn man hat mir hier so viele unangenehme Dinge über den verzögerten Theaterbau* erzählt, daß ich in der Angst meines Herzens nur von Ihrem vollgültigen Ausspruche Beruhigung erwarten kann. Viele sprachen sogar vom Ende des Winters. – Der Himmel behüte mich vor so einem Donnerschlage. – Ich bitte daher recht dringend um baldigste gütige Auskunft über diesen Punkt. Nun geht es mit Macht über die Musik zur Preziosa* her. Das ist ein schwer u. bedeutend Stück Arbeit, über eine halbe Oper. Bis wann wünschen Ew. Hochgeboren die Musik zu haben?

Ich muß Ihnen doch einen kleinen Abriß meiner Thätigkeit seit dem Januar geben. Ich habe außer häufigem Kirchen-Dienst, den 6 Gastrollen der Mlle. Willmann*, Wiederholungen älterer Opern p.p. neu in Szene gebracht: – – Emma di Resburgo, Alimelek, Die Wahl, I Akt. Der Wettkampf zu Olimpia. Große Oper. Die Mißverständnisse; komische Oper, 3 Akte. Die Bergknappen, 2 Akte, u. in einigen Tagen ist die falsche Catalani u. Ende Mai noch Richard Löwenherz*. Ich hatte sehr darauf gerechnet, endlich einmal an Mlle. Willmann eine erste Sängerin für die deutsche Oper zu bekommen, es ist aber rund abgeschlagen worden*. So erlahmt endlich der beste Wille. Ich hoffe bewiesen zu haben, daß ich fast aus nichts etwas erschaffen kann, u. der Zulauf des Publikums u. die Zufriedenheit der Kenner waren mein Lohn. Aber wo sollen noch die Werke herkommen, die mit einem so beschränkten Personale auszuführen sind? – Doch still, auf dies Capitel darf ich nicht kommen. – – –

Träufeln Sie, hochverehrter Freund, bald durch gute Nachrichten Balsam in meine Künstler-Wunden, u. gedenken Sie freundlich deßjenigen, der mit der vollkommensten Hochachtung u. Ergebenheit sich nennt Ew. Hochgeboren ganz ergebener
C. M. von Weber.

Apparat

Zusammenfassung

sendet durch Hellwig Chorstimmen und Chorpart. der Jägersbraut; Nachrichten über Verzögerung des Theaterbaus lassen ihn Verschiebung der Oper befürchten; bittet um Auskunft; er sei nun mit Preciosa beschäftigt; Abriss seiner Tätigkeit seit Januar; klagt über Anstellungspolitik in Dresden

Incipit

Durch die Gefälligkeit des Herrn Musikdirektor Hellwig

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung in 2 Textzeugen

  • 1. Textzeuge: In Privatbesitz

    Provenienz

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Kaiser (Brühl), S. 23–24, Nr. 22
  • 2. Textzeuge: Kopie: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. II B, 1. a., Nr. 20, S. 19–20

    Quellenbeschreibung

    • Abschrift von Ida Jähns

Textkonstitution

Textwiedergabe nach der Kopie

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Chor-Partitur der Jägers-Braut zu übersenden“Ludwig Hellwig befand sich anlässlich der Premiere seiner Oper Die Bergknappen (27. April 1820) laut Webers Tagebuchnotizen vom 24. April bis 8. Mai 1820 gastweise in Dresden.
    • „… Dinge über den verzögerten Theaterbau“Marginalie von F. W. Jähns am Rand: des neuen Schauspielhauses in Berlin.
    • „… über die Musik zur Preziosa“Marginalie am Rand von F. W. Jähns: (Preciosa)!
    • „… 6 Gastrollen der Mlle. Willmann“Caroline Willmann trat in Dresden an sechs Abenden in fünf Rollen als Gast auf: als Königin der Nacht (9. April), Prinzessin in Johann von Paris (11. April), Constanze in der Entführung aus dem Serail (25. April), Elvira im Opferfest (2. und 9. Mai) sowie Emmeline in der Schweizerfamilie (4. Mai).
    • „… Ende Mai noch Richard Löwenherz“Premieren (in Reihenfolge der Nennung) am 26. Januar, 22. Februar, 7. März, 16. März, 27. April, 14. Mai und 6. Juni 1820.
    • „… ist aber rund abgeschlagen worden“C. Willmann erhielt nach Abschluss ihrer Gastauftritte doch noch eine Anstellung für erste Singpartien, blieb aber nur bis März 1823 am Dresdner Hoftheater.

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