Carl Maria von Weber an Carl Graf von Brühl in Berlin
Dresden, Mittwoch, 21. Juni 1820
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Mit nächstem Postwagen habe ich das Vergnügen an Ew. Hochgeboren Partitur, Stimmen und Buch meiner Oper abgehen zu lassen*. Nach dem letzteren bitte ich das schon in Ihrem Besitz befindliche* abändern zu lassen, in einzelnen scheinbar kleinen Verbesserungen. Nach genommener Rücksprache* mit meinem Freunde Kind sind wir übereingekommen, Ihrem Wunsche gemäß, das Mägdlein zu einem Knaben zu erheben und „Der Freyschütz“ zu nennen. Es hatten uns anfangs mancherlei Gründe abgehalten, diesen eigentlich am nächsten liegenden Titel zu wählen; Ihr Wunsch hat nun den Ausschlag gegeben. Übrigens hat Kind von Apel eigentlich nichts entlehnt, da beide aus der Volkssage schöpften u. diese nach der ihnen zweckdienlichsten Weise bearbeiteten.
Zugleich habe ich auf Ihre gütige Verzeihung zu rechnen, daß ich dem Paket ein zweites für meinen Verleger Hr. Schlesinger beilegte*. Er wird es bei Ew. Hochgeboren abholen lassen. Dergleichen einzupacken, gehört zu meinen fatalsten Geschäften, deßhalb bitte um Nachsicht.
Die Eröffnung des Theaters im 8br hat meinen Reiseplan gänzlich umgedreht. Ich gehe nun d. 25t Juli von hier über Halle, Göttingen, Hanover, Braunschweig, Bremen, Oldenburg, Hamburg, Lübeck nach Koppenhagen u werde seiner Zeit von Hamburg aus Ew. Hochgeboren noch um die nähere Bestimmung der Tage, wenn meine Gegenwart in Berlin nothwendig werden wird – bitten. Zugleich bitte ich ergebenst, mir durch einige Empfehlungsschreiben* an genannten Orten den Erfolg meiner Reise sicherer zu machen.
Von Preziosa habe ich den größesten Theil entworfen. Es wird die einzige Arbeit sein, die ich vor meiner Abreise noch vollenden werde. | Wenn es Ihnen genehm ist, so lasse ich sie hier unter meinen Augen gleich wieder ausschreiben, u. Sie erhalten sie im Juli schon fix u. fertig.
Da ich heute schon einmal in Bitten befangen bin, so fasse ich mir auch zu der ein Herz, die ich am ungernsten thue. Es ist nämlich eine ausgemachte Sache, daß man zum Reisen Geld braucht; Ew. Hochgeboren würden mich daher sehr verbinden, wenn Sie die Güte haben wollten, mir das für die Komp. der Preziosa bestimmte Honorar gefälligst vor meiner Abreise zu übermachen. Wie ich Ew. Hochgeboren kenne, darf ich hoffen, daß Sie diese offene Bitte nicht unfreundlich aufnehmen, oder gar mißdeuten werden.
An Mlle. Willmann haben wir eine gute Aquisition gemacht, als Bravoursängerin ist sie besonders sehr bedeutend*. Auch Gerstäcker hat nun seine Debüts begonnen, u. die deutsche Oper ist nun etwas.
Indem ich bitte, mich achtungsvollst der
gnädigen Gräfin zu empfehlen, habe ich die Ehre mit aller Verehrung u. Hochachtung zu
sein Ew. Hochgeboren
ganz ergebener
C. M. von Weber.
Apparat
Zusammenfassung
kündigt Partitur, Stimmen und Textbuch seines Freischütz an; nach Rücksprache mit Kind soll die Oper auf Brühls Vorschlag umbenannt werden; legt Paket für Schlesinger bei; die verschobene Theatereröffnung habe seinen Reiseplan verändert; bittet um Empfehlungsschreiben; Preciosa wolle er noch vor der Abreise vollenden und bittet wegen der Reise um Voraushonorar; erwähnt Engagement C. Willmanns und Debüts Gerstäckers
Incipit
„Mit nächstem Postwagen habe ich das Vergnügen“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Kopie: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Weberiana Cl. II B, 1. a., Nr. 21, S. 21f.Quellenbeschreibung
- Abschrift von Ida Jähns
- Textergänzung von Friedrich Wilhelm Jähns nach dem ersten Satz
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Brühl, S. 24–25, Nr. 23
Einzelstellenerläuterung
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„… meinen Verleger Hr. Schlesinger beilegte“Die Vergangenheitsform ist hier wohl falsch (möglicherweise ein Übertragungsfehler?), vielmehr plante Weber wohl, die Stichvorlage für den Klavierauszug des Freischütz gemeinsam mit dem Material für die Uraufführung zu versenden. Ob dies so umgesetzt wurde, bleibt ungewiss. Weber vermerkte im Tagebuch zwar den Versand der Stichvorlage am 25. Juni 1820, in diesem Zusammenhang fehlen aber Hinweise auf das Paket für die Königlichen Schauspiele in Berlin.
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„… ergebenst, mir durch einige Empfehlungsschreiben“Erhalten hat sich der Empfehlungsbrief an den Herzog von Cambridge, den Weber nicht abgeben konnte, da der Herzog sich während Webers Besuch nicht in Hannover aufhielt (vgl. den Brief an Kind vom 25. August 1820).