Carl Maria von Weber an Friedrich Kind in Dresden
Berlin, Donnerstag, 21. Juni 1821

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S. Wohlgebohren

dem Herrn Hofrathe

Friedr: Kind.

zu

Dresden.

am Elbberge.

frey.

Mein vielgeliebter Freund und MitVater!

Viktoria können wir schießen. der Freyschütze hat ins Schwarze getroffen.      hoffentlich hat Freund Hellwig als Augenzeuge Ihnen schon beßer berichtet* als ich es kann, deßen Zeit ganz und gar gestohlen wird. auch werde ich ja bald mündlich alles vollständig thun können.      die Gestrige 2t Vorstellung gieng eben so trefflich wie die erste und der Enthusiasmus war abermals groß; zu Morgen, der 3t ist schon kein Billet mehr zu haben.      Kein Mensch errinnert sich eine Oper so aufgenommen zu sehen. und nach der Olimpia, für die Alles gethan wurde*, ist es wirklich der vollständigste Triumph den man erleben kann.      Sie glauben aber auch nicht welches Intereße das Ganze einflößt, und wie vortrefflich alle Theile spielten und sangen.      Was hätte ich darum gegeben wenn Sie zugegen gewesen wären.

Manche Szenen wirkten bei weitem mehr als ich geglaubt, Z: B: der Abgang der Brautjungfern*.      Ouverture und dieses Volkslied wurden Da Capo verlangt. ich wollte aber den Gang der Handlung nicht unterbrechen laßen. die öffentlichen Blätter werden nun wohl losbrechen. das erste heute*, lege ich Ihnen hoffentlich hier bey. die übrigen* aber werde ich wohl selbst mitbringen, da ich Montag d: 25t mein Concert zu geben gedenkeT, und d: 1t July in Dresden* wieder eintreffen will.      das üble Wetter wird Sie wohl abhalten früher nach Töplitz zu reisen* damit ich Sie noch in Dresden sehe und Ihnen erzählen kann, denn beschreiben läßt sich wahrlich so etwas nicht. Auch bin ich so voll daß ich gar nichts zu schreiben weiß.      Welchen Dank mein theurer Kind bin ich Ihnen für diese herrliche Dichtung schuldig. zu welcher Mannigfaltigkeit gaben Sie mir Anlaß, und wie freudig konnte sich meine Seele über Ihre herrlichen tiefempfundenen Verse ergießen.      Ich umarme Sie wahrhaft gerührt in Gedanken, und bringe Ihnen einen | der schönen Kränze mit, deren Empfang ich nur Ihrer Muse verdanke, und den Sie, zu denen früher schon in so großer Zahl errungenen hängen müßen. Gubitz, Wolf pp nehmen sich sehr herzlich. auf Hoffmann bin ich noch begierig*. man will mich immer vor ihm warnen; ich habe aber guten Glauben so lange als ich kann.

Nun ein freudiges Lebewohl für Heute. ich will noch an Schmieldel und Roth ein paar Zeilen schreiben. habeat sibi.

     Gott laße es Ihnen wohl gehen und behalten Sie lieb, wie Sie unendlich hochverehrend liebt Ihr Weber.

Alles Erdenkliche von meiner Alten, an Ihre liebe Hausfrau und Kinder. von mir natürlich daßelbe.

Berlin d: 21t Juny 1821.

Apparat

Zusammenfassung

berichtet über den außerordentlichen Erfolg der ersten beiden Freischütz-Aufführungen und über die Wirkung einzelner Teile der Oper; legt erste Rezension bei; teilt mit, dass er am 25. Juni sein Konzert geben werde und am 1. Juli zurück in Dresden sein wolle; hofft, Kind noch anzutreffen, um ihm mündlich alles berichten zu können; enthusiastischer Dank an ihn; bemerkt, dass er noch an Schmiedel u. Roth schreiben wolle

Incipit

Victoria können wir schießen. Der Freyschütz hat ins Schwarze getroffen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 21

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelrest und -loch
    • PSt: BERLIN | 21. JUNI

    Provenienz

    • Henrici Kat. 88 (13. Mai 1924), Nr. 446
    • Cohn, Albert: Verst. 20.-25. März 1893, Nr. 1638

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Friedrich Kind: Briefe von Karl Maria v. Weber, an Friedrich Kind, in: Zeitung für die elegante Welt, Jg. 32, Nr. 122 (24. Juni 1832), Sp. 972–973
    • Kind: Freischütz-Buch, S. 161–162, Nr. 28 (inklusive Zeitungsbericht, abgedruckt auf S. 163f.)
    • Anonym.: Ein Brief von C.M.von Weber aus dem Jahre 1821, nach der ersten Aufführung des ’Freischütz’ in Berlin, in: Kleine Musikzeitung. Blätter für Musik und Literatur. Hg. v. Julius Schuberth, Hamburg, Jg. 7 (1846), S. 75–76 (fälschlich unter 21. Mai)
    • MMW II, S. 318–319
    • Worbs 1982, S. 95–96

Textkonstitution

  • lgelöschter Text nicht lesbar
  • „Schmieldel“sic!
  • n„l“ überschrieben mit „n

Einzelstellenerläuterung

  • „… Augenzeuge Ihnen schon beßer berichtet“Vgl. den Brief Hellwigs an Kind vom 6. Juni 1821 und seinen Bericht für die Abend-Zeitung.
  • „Olimpia , für … Alles gethan wurde“Zu dem Aufwand, mit dem Gaspare Spontinis Olympia in Szene gesetzt worden war, vgl. u. a. Briefe von Weber an Könneritz vom 20. Mai 1821 und an Kind vom 27. Mai 1821 .
  • „Abgang der Brautjungfern“Volkslied Nr. 14, variierte vierte Wiederholung im Abgehen mit gedämpfter Stimme.
  • „das erste heute“Gemeint ist der Vorläufige Bericht in der Königlich privilegirten Berlinischen Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, 1821, Heft 74 (21. Juni), S. 7f.
  • „die übrigen“Bis zu Webers Abreise aus Berlin am 30. Juni erschienen weitere Aufführungsberichte in der Zeitung für Theater und Musik (23./30. Juni, beendet erst am 7. Juli), den Berlinischen Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen (26./28. Juni) sowie der Königlich privilegirten Berlinischen Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen (26./28. Juni).
  • „d: 1 t July in Dresden“Vgl. Tagebuch 1. Juli 1821.
  • „nach Töplitz zu reisen“Kind war bei Webers Rückkunft jedoch schon abgereist, vgl. Brief von Weber an Kind vom 16. Juli 1821.
  • „Hoffmann bin ich noch begierig“Zu E. T. A. Hoffmanns Verhalten nach der Uraufführung des Freischütz vgl. ausführlich Wolfgang Kron.

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