Carl Maria von Weber an Georg Friedrich Treitschke in Wien
Dresden, Dienstag, 13. November 1821

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Geehrter alter Freund!

Unter den Vielen, die sich in Wien jetzt ein Recht auf meine Dankbarkeit erworben haben, gehört doch gewiß dem sorgenden Regißeur* ein ordentlich gut Theil; und daß soll Ihnen nicht fehlen mein lieber Freund, und ich wollte nur ich könnte es Ihnen auch recht anschaulich machen.      Zudem hat es mir auch wieder zu einem Briefe von Ihnen verholfen, der mit alter Güte und Freundschaft zu mir spricht,  und erfreute; ja ich hoffe daß der lang abgerißene Faden nun fester noch wieder angeknüpft werde.      äußerst beklage ich Sie um des Verlustes Ihrer trefflichen Directoren* willen. Wie wird denn nun die Sache? behält Graf Dietrichstein und H: v. Mosel nicht als K: K: Instanz die Oberdirektion? Wie gestaltet sich das Verhältniß der deutschen Oper zur italienischen?      So hätte ich unzählige Fragen, und wenn es Ihre häufigen Geschäfte nur einigermaßen erlauben, so bitte ich Sie nur um einige Aufklärung über den Stand der Dinge.

Sign: Barbaja hat allerdings schon an mich geschrieben, und will meine Bedingung wißen. ich will aber seine Vorschläge hören, da ich diese Verhältniße in Wien nicht kenne.      In Berlin war das anderst, da konnte ich unbedingt der Billigkeit und Einsicht des Grafen Brühl vertrauen. ich habe schon H: v: Mosels Rath* in Anspruch genommen, und bitte Sie mir auch Ihre Erfahrungen und Kenntniß der lokalVerhältniße nicht zu entziehen.

Allerdings schreibe ich just an einer komischen Oper von Winkler, den ersten Akt habe ich fertig entworfen*, und auch zu den folgenden beiden, Materialien* vorliegen.      Meine häufigen DienstGeschäfte laßen mir nur wenig Zeit übrig, und ich arbeite nur mit unbedingter Lust, und ohne mich zu jagen.

Die Fortsezzung Ihrer Seufzer, lieber Freund! kann ich bestens besorgen; ich darf nur die lezten Glieder Ihrer Kette, an meine längst verfertigte und noch immer in Fortsezzung begriffene, anreihen, und sie wandeln vereint traurig in die Welt. — Geduld und Hoffnung mögen uns nicht verlaßen.

Empfangen Sie nochmals meinen besten Dank für Ihre so Erfolgreiche Theilnahme, und erfreuen Sie bald wieder mit einigen Zeilen, Ihren ganz ergebenen alten Freund CMvWeber

Darf ich Sie wohl um Abgabe der Einlage* bitten?

Apparat

Zusammenfassung

dankt Treitschke als Regisseur für seinen Anteil an der Freischütz-Auff.; erkundigt sich nach dem Fortgang der Oper nach Direktionswechsel; erwähnt Brief Barbajas; bittet, mehr über die Wiener Verhältnisse zu erfahren; erwähnt Arbeit an den Pintos

Incipit

Unter den Vielen die sich in Wien jetzt ein Recht

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: In Privatbesitz

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (1 b. S. o. Adr.)

    Provenienz

    • Sotheby’s (8. Dez. 2000), Nr. 259, mit Teilfaks.
    • 1990 Privatbesitz
    • Rittersdorfer: Auktion 50 (1. Nov. 1967), Nr. 13
    • Privatbesitz
    • 1847: laut Aloys Fuchs, Wien im Besitz von Kunsthändler Moritz Bermann, Wien

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Kopie: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
      Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber Varia 6, Nr. 7

      Quellenbeschreibung

      • Abschrift von Aloys Fuchs (spätestens 1847)
    • Fuchs, Aloys: „Drei Briefe des königl. sächs. Hofkapellmeisters Carl Maria v. Weber in Dresden, an Friedrich Treitschke, Sekretär der k. k. beiden Hoftheater in Wien“ in: Wiener allgemeine Musik-Zeitung (Luib) 7.Jg., No. 110 (14. Sept. 1847), S. 442
    • (Anonym), „Trois lettres inédites de Weber, ...“, in: Revue et Gazette Musicale de Paris, Jg. 15. Nr. 17 (23. April 1848), S. 129 (in frz.)
    • MMW II, S. 353–354

    Einzelstellenerläuterung

    • „sorgenden Regißeur“Treitschke war Regisseur am Kärntnertortheater und inszenierte den Freischütz.
    • daßrecte „das“.
    • „trefflichen Directoren“Nachdem am 6. November 1821 das Kärntnertortheater an Domenico Barbaja verpachtet worden war, waren Moritz Graf von Dietrichstein und Ignaz Franz Mosel ab dem 1. Dezember 1821 nur noch für das Burgtheater zuständig, vgl. die Berichte in: Wiener allgemeine Theaterzeitung, Jg. 14, Nr. 147 (8. Dezember 1821), S. 588 und AmZ, Jg. 23, Nr. 49 (5. Dezember 1821), Sp. 827–828. In Dresden wusste man u.a. durch Korrspondenz zwischen Böttiger und Griesinger davon.
    • „ersten Akt habe ich fertig entworfen“Weber hatte am 28. Oktober und 6. November 1821 am Finale (Nr. 6) gearbeitet, die übrigen Nummern waren bereits zuvor entstanden, vgl. Kom. Brief an Friederike Koch vom 9. August 1821 und Brief an Hinrich Lichtenstein vom 18. Oktober 1821.
    • „folgenden beiden, Materialien“Die einzige Skizze, die sich nicht auf den ersten Akt bezieht, ist das Duett Gaston/Ambrosio „Nun da sind wir“ (Nr. 7) aus dem zweiten Akt, vgl. Kom. Brief an Hinrich Lichtenstein vom 18. Oktober 1821.
    • „Einlage“Vermutlich Brief an Joseph Weigl, vgl. Tagebuch 16. November 1821.

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