Carl Maria von Weber an Adolph Martin Schlesinger in Berlin
Dresden, Donnerstag, 10. Januar 1822

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S. Wohlgebohren

Herrn A: M: Schlesinger

berühmten Buch und Musik-

händler

zu

Berlin

Geehrtester Herr und Freund!

Ich bin vor Verdruß außer mir. Es ist mir ganz unbegreiflich daß Sie meinen Brief vom 27t Xb der blos meinen herzlichen Dank aussprach nicht erhalten haben. es ist der einzige Brief seit langer Zeit, den ich aus SchiklichkeitsGefühl frankirte. die vom 24t und 30t frankirte ich wie gewöhnlich nicht, und gerade dieser mußte verlohren gehn. ich dankte Ihnen für diesen mich wahrhaft sehr erfreuenden Beweis Ihrer Aufmerksamkeit. bemerkte noch daß Ihr Schreiben gerade am heiligen Abend ankam. rühmte noch die geschmakvolle Wahl* ppp kurz, ich bin recht ärgerlich; und hoffe nur daß Sie ihn doch vielleicht bekommen, und daß Sie mich überhaupt zu gut kennen, als daß Sie mir es zutrauen könnten, eine so wahrhaft wohlgemeinte Ueberraschung nicht von Herzen anzuerkennen und würdigen zu wißen.

Ich freue mich herzlich daß meine Oper auch Ihnen Vortheil gewährt. aber, Sie gottloser Freund, müßte ich nicht eigentlich schon wieder mit Ihnen zanken? wer erlaubt Ihnen alle die Arrangements?* den KlavierAuszug haben Sie von mir erhalten sonst nichts. Nun, ich will nicht gleich jezt freundliches mit unfreundlichem vergelten, und ein Auge zudrükken. aber was ich einst nebst andern Werken verkaufen wollte, will ich doch lieber jezt thun, ich biete Ihnen nehmlich die Ouverture des Freyschützen à grand. Orch: für 20: Fried: dor zum Stich an.

Meine 3 Pintos sind noch in weitem Felde. besonders seit ich den Ruf nach Wien angenommen habe.

Seiner Zeit werden wir darüber schon einig werden.

Im Februar gedenke ich auf 14 Tage nach Wien zu gehen um das Personale zu meiner großen Oper zu hören. Ich habe häufige Anträge der dortigen Verleger bis jezt unberüksichtigt gelaßen. Sie haben dann ohne meine Erlaubniß die Oper gestochen*, und uns beide um den Vortheil dort gebracht. da ich von denen Ihnen zu liefernden Werken alles bis auf die Etuden und Solfeggien fertig habe, werde ich Ihnen mit nächster Post einen Vorschlag machen. heute drängt mich die Post. haben Sie die Güte sich in Berlin nach meinem Briefe vom 27t Xb erkundigen zu laßen, die hiesige Post wo jeder Brief eingetragen wird, behauptet seinen richtigen Abgang.

Mit alter Freundschaft und Achtung Ihr herzlich
ergebener
CMvWeber

Sie haben mir ja gar noch nicht geschrieben ob Ihr H: Sohn aus Paris wirklich angekommen ist, und wißen doch wie sehr ich Theil an ihm und Ihrer Freude nehme.

Apparat

Zusammenfassung

wundert sich, dass sein Brief vom 27. Dezember 1821 Schlesinger nicht erreichte; mockiert sich über dessen Herausgabe von Arrangements des Freischütz; bietet ihm die Ouvertüre zum Kauf an; Pintos seien noch nicht vollendet; erwähnt geplante Reise nach Wien im Februar; Etuden u. Solfeggien seien noch nicht fertig

Incipit

Ich bin vor Verdruß außer mir

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: St. Petersburg (RUS), Rossijskaja nacional’naja biblioteka (RUS-SPsc)
    Signatur: Fond 965, Sammlung P. L. Waksel Nr. 2862

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • auf der Adressenseite am linken Seitenrand Briefregistrierungsvermerke des Verlages:„Dresden d 10 Jan 22 22
      Carl Maria v Weber
      beantw d 29 Jan 22“
    • PSt: DRESDEN 10. Jan. 22.

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Hirschberg77, S. 35–36 (Nr. 46)

Textkonstitution

  • „… “seitlich quer notiert:

Einzelstellenerläuterung

  • „… rühmte noch die geschmakvolle Wahl“Weber hatte als Weihnachtsgeschenk von seinem Verleger vier silberne Leuchter bekommen; vgl. Tagebuch sowie den Brief an H. Lichtenstein vom 31. Januar 1822.
  • „… Ihnen alle die Arrangements ?“In der Leipziger Zeitung Nr. 58 (21. März 1822), S. 607 werden u. a. folgende Freischütz-Bearbeitungen aus dem Schlesingerschen Sortiment angeboten: die komplette Oper arrangiert für Gitarre von Blum, die Ouvertüre für Klavier zu vier Händen von Schmidt, das Lied der Brautjungern für Singstimme und Gitarre, Variationen über das Brautjungfernlied für Pianoforte von Kelz und für Flöte von Louis Horzizky, der Jägerchor für eine Singstimme mit Klavier- bzw. Gitarrenbegleitung sowie ein Jägermarsch über den Jägerchor. Im weiteren Verlauf des Jahres 1822 erschienen bei Schlesinger weitere Bearbeitungen der Oper für Klavier ohne Singstimmen von Telle, für Klavier zu vier Händen von Klage, für „Türkische Musik“ von Weller, für Streichquartett bzw. für zwei Violinen von Henning, für Flötenquartett und für 2 Flöten von L. Horzizky.
  • „… meine Erlaubniß die Oper gestochen“In Wien erschien der Freischütz-Klavierauszug 1821/22 u. a. bei Mechetti (ohne Singstimmen, arrangiert von Payer, Dezember 1821), Cappi & Diabelli (mit Singstimmen, VN: 935, Dezember 1821; ohne Singstimmen, arrangiert von Anton Diabelli, VN: 917, November 1821), T. Weigl (mit Singstimmen, VN: 2000 bis 2018; ohne Singstimmen, arrangiert von Joseph Schmidt, VN: 1962 bis 1981, Januar 1822), Steiner (mit sowie ohne Singstimmen, arrangiert von Leidesdorf, VN: 3804 bzw. 3805, Januar 1822).

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