Carl Maria von Weber Hinrich Lichtenstein in Berlin
Hosterwitz, Mittwoch, 15. September 1824

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S Wohlgebohren

dem Herrn Profeßor pp

Dr: Lichtenstein

Berlin.

durch Güte.

Ich benuzze die Gelegenheit mein geliebter Bruder, dir durch den guten Heinrich Beer die Abschriften der lezten Corresp: zuzuschikken. Vater und Sohn Beer, kamen Gestern eine Stunde vor Aufführung der Euryanthe an, du kannst denken wie Sie sich freuten, und sie können dir erzählen von dem stets gleichen Enthusiasmus und vollem Hause.

Neues ist seit meinem Schreiben vom 6t nichts paßirt.

Brühl schrieb mir bei Rüksendung der Beilage. „Wenn ich die Lust zu lügen und zugleich die Unverschämtheit des Mannes nicht schon hinlänglich kennte, so würde sie mir durch diese Briefe vollends klar geworden sein.“

Robert ist hier; wir haben einen Mittag zusamen zugebracht*. ich fragte ihn um seinen Uebertritt zu Sp: dagegen protestirte er feyerlich: Er sagt daß ihm Sp: auf die Stube gerükt, und ihn um seine Hülfe beim Alcidor gebeten habe. nun halte er es eben so für Pflicht zum Gedeihen jedes Kunstwerkes so viel als möglich mitzuwirken*, dieß bedinge aber gar nicht daß er nicht stets mit gleicher Kraft gegen alle Tollheiten des Sp: zu Felde ziehen werde. Uebrigens hält er Sp: ganzes Verfahren mehr für unsägliche Dumheit, als planmäßige Boßheit. Etwas ähnliches glaube ich auch. Nehmlich die Dumheit so lange, als bis sie Aufsehen erregte, dann kam die Bosheit.

Ich weiß nicht warum ich gestern immer eine kleine Hoffnung hegte du könntest kommen. Dienstag d: 21t ist Euryanthe wieder auf dem Repertoir*.

So viel für heute. Sind Weib und Kind wieder da, so grüße herzlichst von mir und der Meinigen. Ewig dein Weber

in Eile.

Apparat

Zusammenfassung

Weber übermittelt durch Heinrich Beer, der mit seinem Vater zur Aufführung der Euryanthe nach Dresden gekommen war, Abschriften der Dokumente, die ihm Spontini geschickt hatte; Einschätzung des Verhaltens von Spontini (zunächst Dummheit, dann erst Bosheit); Hoffnung, Lichtenstein werde nach Dresden kommen

Incipit

Ich benuzze die Gelegenheit mein geliebter

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. II A f 1, 14 mit Beilagen: Weberiana Cl. II A f 1, 13

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.) und 1 DBl. (4 b. S.)
    • im unteren Drittel der Rectoseite Schenkungs- u. Echtheitsbestätigung von Lichtenstein: „Indem ich Fräulein von Gagern diesen von Carl Maria von Weber an mich gerichteten Brief zu ihrer Autographen-Sammlung übergebe, beglaubige ich damit zugleich die Aechtheit der Handschrift.
      B. 7 Jul. 1847      HC. Lichtenstein

    Beilagen

    • Abschriften von Dokumenten Spontinis, sowie ein Zeitungsausschnitt aus der Königl. privil. Berlinischen Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 174 (15. Mai 1824)

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Kopie: Leipzig (Deutschland), Leipziger Stadtbibliothek – Musikbibliothek (D-LEm)
      Signatur: PB 37 (Nr. 64)
    • Rudorff: Westermanns illustrierte deutsche Monats-Hefte, 44. Jg. (1899), 87. Bd., S. 385
    • Rudorff 1900, S. 212–214

Textkonstitution

  • „nicht“über der Zeile hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • „… haben einen Mittag zusamen zugebracht“Laut Tagebuch am 12. September 1824.
  • „… so viel als möglich mitzuwirken“Die 1825 in Berlin aufgeführte deutsche Textfassung von Alcidor stammt allerdings von Herklots.
  • „… Euryanthe wieder auf dem Repertoir“Am 21. September 1824 wurde in Dresden der Freischütz gegeben (siehe Tagebuch); die nächste Aufführung der Euryanthe fand erst am 11. Oktober 1824 statt.

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