Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Ems, Freitag, 5. bis Sonntag, 7. August 1825 (Folge 1, Nr. 13)

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Heute sind es schon 3 Wochen daß ich hier bin, und über 1 Monat von dir mein heißgeliebtes Leben, getrennt. Obgleich nun Vogler auf mein dringendes Fragen wegen der Länge meines Aufenthaltes mir noch keinen Bescheid gegeben hat, sondern erst noch einmal zu mir kommen und sich genau mit mir besprechen wollte, so kann ich es doch nicht länger aushalten, und sezze selbst meine Gränze. Die befohlenen 28 Bäder will ich nehmen, wo ich heute das 15t habe, und dann im Schutze Gottes wieder in die Arme meiner Lieben eilen, so also, daß du mir auf diesen Brief nicht mehr hieher, sondern nach Frankfurt Postrestant antworten kannst.      Gottlob daß es endlich so weit ist.      Manchmal pakt mich die Ungeduld so gewaltig, daß ich meyne ich könne es nicht mehr aushalten und müße mit beiden Beinen drein springen! — Nun zu deinem lieben No: 8 vom 7 und 28t July.      Ey ey Frau Mukkin! sey Sie nur zärtlich, das thut eben einem alten Ehemann recht wohl, und er verdankt es gewiß mit gleicher Innigkeit und Zärtlichkeit.      Wenn ich nichts von meiner Heiserkeit schreibe, so ist das eigentlich das beste Zeichen. Gestern und Heute geht es wieder bedeutend beßer, bis auf ein wenig Hals und Zahnweh, was aber immer nur in flüchtigen Rukken kommt und geht. Der Brustschmerz ist wieder gänzlich verschwunden. Der Husten nicht so krampfig, die Heiserkeit bald da, bald weg.      Kurz die Hoffnung muß das Beste thun, den[n] hier ist alles wieder aufgerüttelt worden, was auf der Reise ganz verschwunden war.      Übrigens bin ich aber kreuzwohl auf, und Niemand will mich für einen Patienten halten.      Die Comtess Holk ist ein verrüktes Weibsbild deren Onkel ich hier zufällig kennen gelernt habe, und der nebst der ganzen Familie außer sich ist über ihre Phantastischen Streiche.      Der arme Junge. Kann ich etwas für ihn thun, so soll es natürlich geschehen.

Von der Gerstäkker ist das wirklich unbegreifflich! — — von Devrients aber sehr, und habe ich diese Stimmung lange prophezeit.      Halte ja die Mädels in Ordnung. wer nicht Ruhe hält muß fort, ich brauche Ruhe.

d: 7t 1000 Dank für deinen lieben No: 9 vom 30t July und 1t August. Meine Geduld ist sehr im Abnehmen, ich meyne manchmal ich müßte nun gleich fort, zu Euch. und dann graut mir wieder vor allen Dienstgeschäften und Plakereyen die meiner warten. da ist denn dein liebes mukkeliches Geplauder wahrer Balsam für mich, und ich plaudre mich in Gedanken mit dir wieder fröhlich, obgleich eine gewiße Wehmuth beigemischt ist. Gestern früh überraschte mich Weber dem ich noch nicht wieder geschrieben hatte, und der um mich in Sorgen war. wir verplauderten den Tag, und so eben ist er wieder abgereißt. der will mich nun mit Gewalt ein paar Tage in Darmstadt haben, das geht aber nicht. sizz ich einmal im Wagen so werde ich treiben — — ich kenne das. Dann ists vorbei mit der Ruhe, und ich habe keinen andern Gedanken als, — Heim!

Wie kannst du dich nur über die Verspätung eines Briefes gleich so ängstigen wie leicht ist das nicht möglich*.     Auch meine Berichte über meine Gesundheit müßen dich nicht ängstigen, diese scheinbare Verschlimmerung muß sein, und ist auch ganz örtlich, denn im Ganzen bin ich wirklich kerngesund; und meine Neffen sind viel beßer, was ich Vorgestern gesehen habe, wo ich über die Unverschämtheit einiger Menschen, die mich durchaus zum Spielen zwingen wollten, sehr erbost wurde, und mich ernstlich ärgerte; welches mir doch gar nichts geschadet hat.

Die Milder ist auch angekommen*, und stolziert langweilig durch die Hallen. Ihre Schwester ist recht leidend da sie vor 3 Wochen in Kassel fauße couche* gemacht hat.      Von Livius habe ich einen Brief erhalten, der wie gewöhnlich nichts als Gewäsch enthält, wo er sich zu entschuldigen sucht. |

Die schönen Opern, die mir der Kammerherr aufhebt, geben hübsche Aussichten*, aber, ich will mirs beim Himmel bequem machen, und an mein Leben für Euch und die Welt denken.      Daß ich das Vogelschießen nicht hören darf, bin ich wirklich froh*, obwohl mir hier auch die Ohren vollgedudelt werden.      da haben sie mich auch durch eine Deputation nach Coblenz zur Liedertafel einladen laßen, ich gehe aber natürlich nicht.

Auf dem Balle bei der Kronprinzeßin, haben der Markgraf und die Markgräfin von Baden meine Bekanntschaft gewünscht*, und waren so verbindlich gegen mich, daß es fast in Verlegenheit sezzen konnte.

4 Kistel Köllnisch Waßer soll ich mitbringen?* Das ist wahrlich sehr unbequem. will sehen was zu thun ist. ’s ist am Ende das wohlfeilste was ich mitbringen kann.      Nun das Holz hat doch gut ausgehalten. Da kann man nicht klagen.      bin sehr froh daß mein Maxel einen Spielkameraden hat. Das fehlte ihm lange. laße den Kleinen nur nicht zu untergeordnet, damit H: Max nicht herrisch wird.

Was? nur 1 Bout: Wein hast du in 4 Wochen getrunken? ist das dein Versprechen, dir nichts abgehen zu laßen?

Also H: Dev: hat bezahlt!* das ist mir sehr lieb, denn Geld kann ich brauchen — nun — —. Haben meine guten Dresdner wieder einmal etwas gebrauet. das verdamte Geklatsche. ich hoffe du glaubst aber mir und meinen Briefen, die wahrlich Alles aufs treuste enthalten, und ich müßte es lügen wenn ich nicht fände, daß ich im Ganzen kräftiger und gesünder wäre.      So ein eingewurzeltes Uebel ist auch nicht gleich weggewaschen wie ein Schmuzflekk.

Auch mir hat die Mutter nicht geschrieben. aber ich hoffe daß das desto beßer, wie du sagst, weil Sie nichts zu klagen hat. von Frankfurt aus schikke ich ihr auch wieder ihr Geld*.

Laß du den Lexel nur saufen, Gott segnet[s] ihm ja, und wir wollen die brave Marie gewiß behalten. Sein Unwohlsein, hoffe ich, ist nur vorübergehend gewesen, nicht wahr?      Doch nun Punktum, und ins Bad. No: 17, wärs doch schon 28!!!      Gott segne Euch + + + Ihr Innigstgeliebten, liebes gutes Weib, und gute Buben! ich drükke Euch mit liebender Sehnsucht an mein Herz. bleibt gesund und gedenkt Eures Euch über alles
liebenden Vaters
Carl.
[im Kußsymbol:] Millionen
gute Bußen.

NB: adreßire deine Antwort nach Frankfurt abzugeben im Weidenhof, und bis zu meiner Ankunft aufzubewahren. da ich in Frankf: auf der Post bestellt hatte die Post: rest: Briefe mir hieher nachzuschikken.

Apparat

Zusammenfassung

beschäftigt sich bereits mit seiner Rückreise-Route und gibt seiner Frau Anweisungen, wohin sie ihre nächsten Briefe richten möchte, der Ort wird allmählich leerer, viele Bekannte haben schon die Heimreise angetreten, erneute Klagen über den teuren Aufenthalt, fühlt sich im Allgemeinen besser

Incipit

Heute sind es schon 3 Wochen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 196

    Quellenbeschreibung

    • l Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • Bl. 2 abgeschnitten

    Provenienz

    • Weber-Familiennachlass

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Joachim Veit, Eveline Bartlitz und Dagmar Beck (Hg.), „...die Hoffnung muß das Beste thun.“ Die Emser Briefe Carl Maria von Webers an seine Frau, München 2003, S. 88-90 (mit Faks.)

Textkonstitution

  • 17„16“ überschrieben mit „17
  • „28 !!!“dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… leicht ist das nicht möglich“Zur Beunruhigung Caroline von Webers durch Gerüchte um Webers angeblichen Tod vgl. auch Webers Brief vom 4. September an Hinrich Lichtenstein inklusive Kommentar.
  • „… Die Milder ist auch angekommen“Anna Milder war mit ihrer Schwester am 4. August 1825 angereist und im herrschaftlichen Badehaus abgestiegen, vgl. die Emser Kurliste 1825, Nr. 12 (Anreisen vom 31. Juli bis 6. August), S. 146.
  • „… Wochen in Kassel fauße couche“Fehlgeburt.
  • „… aufhebt , geben hübsche Aussichten“Nach Webers Rückkehr nach Dresden hatten im deutschen Operndepartement der dortigen Hoftheater Rossinis Barbier von Sevilla (5. September) und Sieben Mädchen in Uniform (11. September) Premiere.
  • „… darf, bin ich wirklich froh“Hier bleibt unklar, ob das gleichnamige Lustspiel von H. Clauren gemeint ist, das am 14. und 21. August 1825 (also während Webers Abwesenheit von Dresden) im Theater auf dem Linckeschen Bad gegeben wurde, oder das Volksfest, das jeweils Anfang August auf der Dresdner Vogelwiese veranstaltet wurde. Für Letzteres spricht Webers Abrechnung im Tagebuch am 2. September 1825, wonach Caroline von Weber Geld für das „Vogelschießen nebst Fiaker“ ausgegeben hatte.
  • „… von Baden meine Bekanntschaft gewünscht“Vgl. auch die Tagebuchnotizen vom 3. August 1825.
  • „… Köllnisch Waßer soll ich mitbringen?“Offenbar als Geschenke für die Schwestern Göphardt, K. Keller und G. Roth; vgl. den Tagebucheintrag vom 25. August 1825.
  • Bout:Abk. von „Bouteille“.
  • „… H: Dev: hat bezahlt !“Honorar für die Euryanthe-Aufführungen in Königsberg (23., 26. und 28. Juni 1825) während des Gastspiels der Devrients; vgl. Webers Brief an Devrient vom 13. Mai 1825 und den Bericht in der AmZ vom 22. Februar 1826.
  • „… ihr auch wieder ihr Geld“Weber schickte die Quartalszahlung laut Tagebuch am 24. August 1825 von Darmstadt aus.
  • Post: rest:Abk. von „Poste restante“.

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