Die Weyrauchs – genealogische und theatergeschichtliche Hinweise

Zeige Markierungen im Text

Im ersten Versuch einer Biographie von Webers Halbschwester Jeanette Weyrauch in Heft 14 der Weberiana waren genealogische Recherchen bewusst ausgeklammert worden, allerdings nicht ohne auf die Desiderate hinzuweisen1. Inzwischen liegen erste Ergebnisse, besonders zu den Kindern von Vincent und Jeanette Weyrauch, vor, die allerdings der Klärung bedürfen. Vergegenwärtigen wir uns zunächst die Daten:

1) Zwischen dem 25. und 31. August 1790 wurde in Kassel die Tochter Victoria Elisabeth Weyrauch geboren2; ihr weiteres Schicksal war bislang unbekannt (vgl. dazu w. u.).

2) Die Geburt eines Sohnes im Sommer 1791 in Karlsruhe teilte Vater Vincent Weyrauch am 30. Januar 1792 brieflich dem Theaterdirektor Gustav Friedrich Wilhelm Großmann mit3. Leider ist weder in Karlsruhe noch in den umliegenden katholischen Gemeinden ein entsprechender Taufnachweis zu erbringen, so dass die Vornamen des Kindes unbekannt bleiben4. Dieser Sohn debütierte am Weimarer Hoftheater am 22. Oktober 1798 als Carl in August Wilhelm Ifflands Schauspiel Der Spieler5; danach sind derzeit keine Dokumente zu ihm bekannt.

3) Am 24. April 1793 wurde in Weimar eine Tochter geboren und am 26. April auf die Namen Caroline Victoria Charlotta Johanna getauft6. Dieses Kind wird in der Sekundärliteratur üblicherweise als identisch mit jener Victorine Weyrauch angesehen, die 1815 in Breslau den Schauspieler und späteren Theaterdirektor Friedrich Sebald Ringelhardt heiratete und 1850 bei Leipzig starb.

4) Am 4. September 1793 starb in Erfurt (einem Auftrittsort der Weimarer Hofschauspieler) Johanna Carolina Weyrauch (Begräbnis ebd. am 5. September). Nach dem Sterbeeintrag im Kirchenbuch der dortigen katholischen Kirche St. Lorenz war das Kind zur Zeit des Todes etwa 15 Monate alt („Erat parvula quindecim mensium.“)7. Fünfzehn Monate zuvor (also ca. Juni 1792) gehörte das Ehepaar zur Weberschen Schauspielgesellschaft, die wechselnd in Nürnberg und Erlangen spielte. In den Nürnberger Kirchenbüchern (Landeskirchliches Archiv) ist ebenso wie in den Erlangern in dieser Zeit allerdings keine entsprechende Taufe nachweisbar8.

5) Am 23. April 1795 wurde in Weimar erneut eine Tochter geboren und einen Tag später auf die Namen Friederica Wilhelmina Sophia getauft9. Diese Friederike wird 1808 am Ansbacher Theater als Darstellerin von Kinderrollen genannt10; danach sind nach derzeitiger Kenntnis keine Dokumente zu ihr greifbar.

6) Am 2. Mai 1797 wurde ein Sohn geboren und zwei Tage später auf die Namen Heinrich Ernst Anton getauft11.

7) Am 12. März 1799 wurde als letztes Kind erneut ein Sohn geboren und am 14. März auf die Namen August Heinrich getauft12. Er ist noch bis 1835 als Gold-und Silberarbeiter nachweisbar; danach verliert sich seine Spur.

Auffallend ist die Wiederkehr des Taufnamens Victoria – daraus resultierte vermutlich eine Verwechslung: Victorine Weyrauch debütierte auf dem Weimarer Hoftheater am 12. November 1795 als Fritz in Christoph Friedrich Bretzners Lustspiel Das Räuschgen (Wiederholung am 22. November 1796; ab März 1797 dann mehrfache Besetzung in verschiedenen Rollen)13. Stimmt die Annahme, sie wäre identisch mit der im April 1793 geborenen Caroline Victoria Charlotta Johanna Weyrauch (3), dann wäre sie zur Zeit dieses Auftritts zweieinhalb Jahre alt gewesen. Die Rolle des Fritz im Räuschgen (Druckausgabe Leipzig 1786) ist von Bretzner als vierjähriges Kind angelegt; die Figur erscheint nur in den letzten beiden Szenen (Akt IV, 17. und 18. Auftritt) an der Seite der Bühnen-Mutter Augusta (gespielt von der leiblichen Mutter Jeanette Weyrauch) auf der Bühne und hat drei Sätze zu sprechen – für ein im Theatermilieu aufgewachsenes, begabtes Kind auch im Alter von zweieinhalb Jahren eine möglicherweise zu bewältigende und aus damaliger Sicht vielleicht sogar zumutbare Aufgabe. Allerdings debütierten Kinder von Schauspielern selten vor ihrem fünften Lebensjahr. Und warum betrat der angeblich ältere Sohn (2) erst im Herbst 1798 die Bühne – mit sieben Jahren?

In diesem Zusammenhang ist eine Vermutung von Satori-Neumann bestechend: Er ging davon aus, dass im Erfurter Kirchenbuch beim Begräbniseintrag von Anfang September 1793 ein Fehler unterlief: Das begrabene Kind Johanna Carolina Weyrauch (4) wäre demnach nicht fünfzehn, sondern fünf Monate alt gewesen14 und somit identisch mit der Mitte April 1793 geborenen Caroline Victoria Charlotta Johanna (3) – die Taufnamen lassen diese Mutmaßung zu. Das hieße aber, Victorine Weyrauch, spätere Ringelhardt, wäre nicht, wie bislang vermutet, 1793 geboren, sondern identisch mit der ersten, 1790 geborenen Weyrauch-Tochter Victoria Elisabeth (1) – auch dies wäre durch die Taufnamen gedeckt.

Damit würden sich gleich zwei Ungereimtheiten klären: Die bislang in Nürnberg und Erlangen vergeblich gesuchte Taufe einer Weyrauch-Tochter (s. 4) hat es gar nicht gegeben. Zudem debütierte Victorine Weyrauch nicht mit zweieinhalb, sondern mit etwas über fünf Jahren – ein damals durchaus übliches und zudem Rollen-konformes Alter.

Demnach hätten die Weyrauchs nicht sieben, sondern sechs Kinder gehabt; 1808 lebten davon nachweislich noch drei: Victorine (1; gest. 1850), Friederike (5; gest. nach 1808) und August Heinrich (7; gest. nach 1835). Ein Kind war bereits in der Weimarer Zeit verstorben (3=4); wann aber starben die anderen beiden Geschwister (2+6)? Aufgrund der Wanderschaften der Familie ab 1799 sind zusätzliche Kirchenbuchrecherchen äußerst aufwändig, in vielen Fällen durch Kriegsverluste auch nicht mehr möglich.

In der Todesanzeige für Vincent Weyrauch, der am 5. (= 17.) Mai 1802 in Petersburg verstorben war, ist immerhin zu lesen: „Er hinterläßt als nächste Leidtragende eine Gattin und vier noch unmündige Kinder, von denen er das Jüngste, welches in Weimar zurückblieb, kaum kannte.“15 Das jüngste Kind ist August Heinrich Weyrauch (7), der demnach die ein gutes Jahr nach seiner Geburt zu datierende Reise der Weyrauchs nach Petersburg (April 1800) nicht mitmachte, sondern bei Pflegeeltern in Weimar blieb. Wenn die Angabe im Nachruf richtig ist, wäre der Tod eines Sohnes vor 1802 anzunehmen – vermutlich der des älteren (2). In ihrem Schreiben an das Theater in Karlsruhe vom 3. Januar 181116 wies Jeanette Weyrauch neben ihrer Tochter Victorine auf zwei noch minderjährige Söhne (August Heinrich und vermutlich Heinrich Ernst Anton) hin; der älteste wäre zwar juristisch 1811 ebenfalls noch unmündig gewesen, hätte aber doch vermutlich bereits einen Beruf erlernt und damit finanziell auf eigenen Beinen gestanden. Zudem ist aus dem letztgenannten Brief zu schließen, dass der Tod von Friederike Weyrauch (5) zwischen 1808 und 1811 zu datieren ist. Im Begräbniseintrag für Jeanette Weyrauch von Mai 1834 (vgl. Anm. 46) sind dann nur noch zwei überlebende Kinder genannt: Victorine Ringelhardt und August Heinrich Weyrauch.

Auch zum Berufsleben und den Wanderungen der Weyrauchs gibt es inzwischen neue Erkenntnisse: Fraglich war beispielsweise, wann die Weyrauchs, die 1800 aufgrund von Passformalitäten nicht wie geplant nach Russland einreisen durften, genau nach Petersburg kamen. Ihr Petersburger Theatervertrag datiert vom 15. Februar 1801, ob sie ihn aber selbst an diesem Tag unterschrieben, ist fraglich. In einem mit dem 12. Mai 1800 datierten Bericht über das Petersburger deutsche Theater heißt es: „Herr und Madam Weyrauch werden durch ein Versehen bis jetzt noch in Memel aufgehalten“17. Und auch in einem anonymen Beitrag Ueber das deutsche Theater zu St. Petersburg vom November 1800 liest man: „Herr Weirauch und Frau aus Weimar kamen nur bis Memel, weil kein Paß für sie auf der Grenze vorhanden war, und mußten nach dreimonatlichem vergeblichen Warten wieder nach Deutschland zurück reisen.“18 Die Rückreise ging nach Ostpreußen, wo sich die Familie kurzzeitig der Schuchischen Schauspielergesellschaft anschloss. Zwei weitere, ebenso ungezeichnete Berichte aus der russischen Hauptstadt vom Mai und Juli erwähnen die Familie nicht19; erst im August 1801 verlautet aus Petersburg: „Jetzt sind Herr und Madame Weihrauch, die nach Deutschland sollten zurückgekehrt seyn, (dem Einsender müßte denn Königsberg in Deutschland liegen) hier angekommen [...].“20 Und in einer direkt anschließenden redaktionellen Notiz heißt es:21

„[...] Weihrauchs sind nicht durch Herrn Miré, sondern Herrn v.[on] K.[otzebue] engagirt worden; von ihm und nicht von H.[errn] M.[iré] haben sie Kontrakt, Reisegeld und Vorschuß (zusammen 700 Rubel) empfangen. Was doch wohl nicht mit Stillschweigen hätte übergangen werden sollen, da es unter der vorigen Regierung schwer genug gehalten haben mag, neue Mitglieder über die Grenze kommen zu lassen.“

Demnach könnte der Februar-Vertrag den Weyrauchs nach Königsberg zugeschickt worden sein, um an der Grenze die Richtigkeit der Einreise zu belegen. Die Ankunft in Petersburg ist Ende Juli / Anfang August zu vermuten.

Dies bestätigt auch der Bericht zum Tod Vincent Weyrauchs in Petersburg am 5. (=17.) Mai 1802, der gleichzeitig eine sehr positive Würdigung seines schauspielerischen Vermögens und seines persönlichen Charakters enthält:22

„Am 5ten May a. St. erlitt unsre deutsche Bühne einen schmerzlichen Verlust durch den zu frühen Tod des Schauspielers und Sängers Weyrauch, nachdem wir ihn kaum ein Jahr besessen [!] und der vorjährigen Trauer [nach dem Tod von Zar Paul I. im März 1801] wegen nur zu wenig genossen hatten. Sein Werth als Künstler im eigentlichen Sinne des Wortes, ist in Deutschland längst entschieden, und ward auch hier allgemein anerkannt. Unermüdeten Eifers strebte er einer immer höhern Vervollkommnung zu, und schweifte als komischer Schauspieler nie über die feine Linie des Aechtkomischen ins Uebertriebene hinaus. Aber sein Werth als Mensch in allen seinen Verhältnissen war nicht weniger entschieden und anerkannt. Seines innern Gehalts sich bewußt wandelte er offen und frei auf seiner Bahn, gleich entfernt von Anmaßung und von Ränken, war ein gefälliger Untergebener, ein harmloser Mitbruder, ein treuer Gatte, ein zärtlicher Vater, der wärmste Freund, der liebenswürdigste Gesellschafter. Er starb nach zwölftägigem Krankenlager an der fliegenden Gicht, die sich zuletzt auf die Brust warf, mit der Fassung und Ergebung eines Christen, den inneres Bewußtseyn stärkt; mit der Rührung eines gefühlvollen Freundes, der aus dem Kreise seiner Geliebten scheidet. [...] Seine letzte Rolle war Scherasmin im »Oberon«, welche er jedoch bereits mit sichtbarer Anstrengung spielte.“

Die Witwe, die in Russland keine Zukunft sah, erwog, Petersburg bereits mit Ablauf ihres ersten Vertrags (Februar 1804) zu verlassen23; entschloss sich dann jedoch nochmals zu einer Vertragsverlängerung. Ihre stimmlichen Möglichkeiten waren bereits im Schwinden begriffen; Ende 1802 wurde sie zwar noch unter die „Zierden der hiesigen Oper“ gezählt24, doch in anonymen Korrespondenzberichten von 1803 bzw. vom Jahresende 1804 liest man: „Madame Weyhrauch künstelt zu sehr“25 oder: „Mad. Weyrauch hat seit dem Tode ihres Gatten unendlich viel verloren und verliert, da sie nur selten auftritt, immer mehr“26. Ihre Vorzugspartie – die Constanze in Mozarts Entführung aus dem Serail sang sie allerdings auch Anfang 1805 noch „recht brav, und ärndtete gerechten Beifall ein“27. Wenig später liest man von ihrer bevorstehenden Abreise28, und Ende 1805 kehrte Jeanette Weyrauch mit ihren Kindern nach Deutschland zurück.

Auch zu den folgenden Jahren in Deutschland gibt es einige neue Fakten: Zwischen Oktober 1806 und August 1808 gehörte die vaterlose Familie der Schauspieltruppe an, die Jeanettes Bruder Edmund von Weber in Amberg, Ansbach, Karlsbad und Bayreuth führte29. Gemeinsam mit dem Bruder schlossen sich Mutter und Kinder Weyrauch anschließend in Bamberg der Theatergesellschaft von Heinrich Cuno an. Cunos Bamberger Spielzeit, an der auch E. T. A. Hoffmann mitwirkte, dauerte von September 1808 bis Juli 1809, von November bis Februar unterbrochen durch mehrere Abstecher nach Coburg30. Im handschriftlichen Bamberger Theaterjournal ist das Debüt von Jeanette Weyrauch als Constanze in Mozarts Entführung am 27. November 1808 eigens mit einer achtungsvollen, sogar zusätzlich unterstrichenen Bemerkung annotiert: „sehr schön gesungen“; ein Sohn ist an derselben Stelle am 26. Februar 1809 als 3. Knabe in der Zauberflöte vermerkt31. In der folgenden Spielzeit unter dem Direktor Graf Julius von Soden (September 1809 bis Mai 1810) gehörte dann anscheinend nur noch Tochter Victorine Weyrauch zum festen Bamberger Ensemble, während sich die Mutter möglicherweise vorübergehend von der Bühne zurückzog32. Am 14. Februar 1810 wurde als Benefizvorstellung für Mutter und Tochter Gottlob Benedict Biereys Singspiel Rosette, das Schweizer Hirtenmädchen gegeben33; nach dem Vermerk im Bamberger Journal war die Aufführung „schön“ 34.

Die Weyrauchs gingen anschließend nach Augsburg, wo sie von Theaterdirektor Friedrich Müller verpflichtet wurden – Theaterzettel bezeugen die Anwesenheit von Jeanette und Victorine in der Stadt von April 1810 bis März 181135. Von Augsburg aus verhandelte Jeanette Weyrauch sowohl mit dem Hoftheater in Karlsruhe als auch mit jenem in Stuttgart36, wohin sie im Frühjahr 1811 mit einem Einjahresvertrag wechselte. Von einem dortigen Korrespondenten liest man die nachsichtige Einschätzung: „Mad. Weyrauch [...] war ehemals als gute Sängerinn bekannt, und sie trägt noch jetzt einfache Melodien angenehm vor“37.

Nach dem Jahr in Stuttgart trennten sich Tochter Victorine und Mutter Jeanette; die jüngere ging im Frühjahr 1812 nach Prag, die ältere zurück nach Augsburg. Mit Müllers Augsburger Gesellschaft bestritt Jeanette Weyrauch ein Gastspiel in Straßburg, das vom 13. Juli bis 30. September 1812 dauerte38, wurde aber in den Zeitungsmeldungen darüber keiner Erwähnung für wert befunden39. Auch in Augsburg, wo die neue Theatersaison am 10. Oktober 1812 begann, blieb jeder Erfolg aus; in einer Kritik zur Aufführung von Peter von Winters Oper Das unterbrochene Opferfest liest man: „Mad. Weyrauch als Elvira dürfte wohl aus mehrern Gründen auf Beifall in ähnlichen Rollen nicht mehr lange rechnen können.“40 Es folgte das Unvermeidliche: Im Januar 1813 erfährt man aus einem Eintrag in Carl Maria von Webers Tagebuch (29. Januar 1813), dass die Halbschwester stellungslos und auf finanzielle Unterstützung der Familie angewiesen sei.

Danach verliert sich für einige Zeit die Spur der Künstlerin. Erst 1816 ist ein Engagement in Brünn verbürgt, wo Jeanette Weyrauch inzwischen „Mütter-Rollen“ spielte, allerdings noch immer „auch Bravour-Parthien, z. B. die der Königin der Nacht, mit glücklichem Erfolge vor[trug]“41. In Brünn gastierte im April/Mai 1816 der Schauspieler Friedrich Sebald Ringelhardt42, der 1815 in Breslau Victorine Weyrauch geheiratet hatte. Ringelhardt hatte zwar dem Breslauer Theater inzwischen den Rücken gekehrt und suchte nach einer neuen Anstellung, dürfte seine Schwiegermutter jedoch zu ihrer Tochter nach Breslau geschickt haben, wo sie anscheinend bis um den Jahreswechsel 1817/18 lebte.

Ringelhardt übernahm 1817, zunächst noch gemeinsam mit Carl Gerber43, ab 1818 dann als alleiniger Direktor, die Leitung des Bremer Theaters und holte seine Schwiegermutter nach einiger Zeit dorthin nach, vertraute ihr auch kleinere Bühnenrollen an. Ihr Debüt in Bremen gab sie mit einer Mozart-Arie (im Zwischenakt) sowie als Lemaide in Boieldieus Oper Der Kalif von Bagdad am 22. Januar 1818 (auf dem Theaterzettel wird sie als „Mad. Weyrauch aus Breslau“ bezeichnet). Die Bühnenrollen beweisen den künstlerischen Abstieg: In der Entführung aus dem Serail gab sie nun nicht mehr Constanze, sondern eine Sklavin (wohl Chorsolistin), in Mozarts Hochzeit des Figaro sang sie statt der Gräfin (wie in der Weimarer Zeit) die Marzelline und in der Zauberflöte statt der Königin der Nacht nun die Erste Dame; zudem wechselte sie mehr und mehr ins Schauspiel, etwa als Clärchens Mutter in Goethes Egmont44. Die Weyrauch blieb in Bremen bis mindestens Anfang April 182045, als sich Schwiegersohn und Tochter bereits im Rheinland um neue Engagements bemühten, und folgte beiden später nach Köln und Aachen. Ab September 1822 (bis März 1832) führte Ringelhardt die Theatergeschäfte in Köln (im Wechsel mit Aachen 1823–26 bzw. Bonn 1826/27, Trier 1828 und Koblenz 1830), ab 1832 in Leipzig.

Nach Ringelhardts Wechsel nach Leipzig übersiedelte Jeanette Weyrauch 1833 zu ihrem jüngsten Sohn August, der inzwischen in Cölleda (heute Kölleda, Landkreis Sömmerda, Thüringen) lebte. Dort starb sie am 1. Mai 1834 „Nachmittag 2 Uhr“ im Alter von 66 Jahren; ihr Begräbnis am 4. Mai 1834 „in aller Stille“ ist ebenso in den Kirchenbüchern festgehalten46.

[Originale Fußnoten]

  • 1Vgl. Frank Ziegler, Maria Anna Theresia Magdalena Antonetta von Weber alias Jeanette Weyrauch. Biographische Notizen als Bausteine zu einer Weberschen Familiengeschichte, in: Weberiana 14 (2004), S. 60 (Anm. 88) sowie S. 72 (Anm. 122).
  • 2Vgl. Helmut Thiele (Bearb.), Einwohner und Familien der Stadt Kassel. Eheschließungen, Geborene, Verstorbene 1731–1839, Kassel 1986, Bd. 8, S. 316 (Zusammenstellung nach Zeitungsanzeigen; das betreffende Kirchenbuch Kassel Oberneustadt ist Kriegsverlust, freundliche Mitteilung von Peter Heidtmann-Unglaube vom Landeskirchlichen Archiv Kassel).
  • 3Vgl. den Brief in der Universitätsbibliothek Leipzig, Sondersammlungen, Slg. Kestner, in: I C II, 444.
  • 4Freundliche Auskunft von Frau Dr. Rasp vom Landeskirchlichen Archiv in Karlsruhe für die evangelischen Gemeinden in Karlsruhe sowie von Dr. Christoph Schmider vom Erzbischöflichen Archiv in Freiburg für die katholischen Gemeinden in Karlsruhe und Rastatt (Kirchenbücher für Baden Baden 1791 fehlen in den dortigen Beständen).
  • 5Vgl. den Theaterzettel (Herzogin Anna Amalia Bibliothek, in: ZC 120), dort als „Weyrauch jun.“; weitere Auftritte des Sohnes sind nicht nachweisbar.
  • 6Vgl. Evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Weimar, Taufbuch Hofkirche 1787–1797, S. 304, Nr. 20; Abschriften aller genannten Taufeintragungen aus den Kirchenbüchern der Hofkirche Weimar verdanke ich Frau Dr. Uta Kühn-Stillmark. Informationen zu thüringischen Kirchenbüchern verdanke ich außerdem Herrn Günter Wienefeld vom Landeskirchenarchiv Eisenach.
  • 7Kirchenbücher Bistum Erfurt K 1/3-2, Bl. 301r; freundliche Mitteilung von Dr. Michael Matscha vom Bistumsarchiv Erfurt.
  • 8Freundliche Mitteilung von Oberarchivrat Werner Jürgensen, Nürnberg (zu Erlangen Neustadt), und Kurt Modschiedler, Erlangen (zu Erlangen Altstadt); eigene Recherchen in den Nürnberger Kirchenbüchern.
  • 9Vgl. Evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Weimar, Taufbuch Hofkirche 1787–1797, S. 407.
  • 10Vgl. Allgemeine Deutsche Theater-Zeitung, Jg. 1, Nr. 27 (29. März 1808), S. 113.
  • 11Vgl. Evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Weimar, Taufbuch Hofkirche 1787–1797, S. 522.
  • 12Vgl. ebd., Taufbuch Hofkirche 1798–1808, S. 54 .
  • 13Vgl. Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Theaterzettel in: ZC 120.
  • 14Vgl. Bruno Th. Satori-Neumann, Die Frühzeit des Weimarischen Hoftheaters unter Goethes Leitung (1791 bis 1798). Nach den Quellen bearbeitet (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte, Bd. 31), Berlin 1922, S. 90 (Anm. 184a).
  • 15Vgl. Todtenfeier, in: Zeitung für die elegante Welt, Jg. 2, Nr. 71 (15. Juni 1802), Sp. 570f. (datiert 10. Mai 1802, gezeichnet „r.“).
  • 16Generallandesarchiv Karlsruhe, in: GLA 47/902.
  • 17 Neues Journal für Theater und andere schöne Künste, hg. von Heinrich Gottlieb Schmieder, Hamburg [1799]–1800, Bd. 3, S. 123.
  • 18 Zeitung für die elegante Welt, Jg. 1, Nr. 10 (22. Januar 1801), Sp. 79.
  • 19Ebd., Jg. 1, Nr. 81 (7. Juli 1801), Sp. 653–655: Beschluss der Miszellen aus Rußland, datiert 18./30. Mai 1801, darin in Sp. 653f. Hinweise zum deutschen Theater und Personal; Nr. 91 (30. Juli 1801), Sp. 734f. Petersburger Theaternachrichten vom 4. Juli 1801.
  • 20Ebd., Jg. 1, Nr. 118 (1. Oktober 1801), Sp. 948–951, ungezeichneter Beitrag Ueber das deutsche Theater in St. Petersburg, darin Sp. 950; vgl. auchNordisches Archiv, Jg. 1 (1803), Bd. 1, Februar-Heft, S. 106: „Herr und Madame Weyrauch, welche Miré schon vor einem Jahre von Weimar hierher berufen hatte, für die aber damals bekannter Maßen keine Pässe erlangt werden konnten, waren [...] ein angenehmer Zuwachs.“; ungezeichneter Bericht über Theater-Neuigkeiten von St. Petersburg.
  • 21 Zeitung für die elegante Welt, Jg. 1, Nr. 118 (1. Oktober 1801), Sp. 951f. (Zusatz der Redaktion zum vorgenannten Beitrag in derselben Ausgabe), Zitat Sp. 952.
  • 22 Todtenfeier (wie Anm. 15); mit Bericht zu der am Tage der Beerdigung (9. Mai) im Theater abgehaltenen Totenfeier, der sich eine Benefizvorstellung anschloss, die der Familie 1100 Rubel einbrachte. Während der Feier sang Johann Baptist Hübsch eine Trauerode; Friedrich Joseph Brückl hielt die Gedächtnisrede. Vgl. auch Nordisches Archiv, Jg. 1 (1803), Bd. 1, Februar-Heft, S. 107: „Leider hat aber auch die Bühne [...] vorzüglich durch den Tod des als Menschen und Künstler gleich schätzbaren Weyrauch einen bis jetzt noch unersetzten Verlust erlitten.“
  • 23Vgl. die Berichte vom 30. Oktober 1803 in: Nordisches Archiv, Jg. 1 (1803), Bd. 4, Dezember-Heft, S. 192 („es verlassen also unsere Bühne, wie es heißt: [...] Mad. Weihrauch [u. a.]“) sowie vom 30. November 1803 über die Weyrauch, „die gleichfalls nach ihrer Ankündigung unsre Bühne verläßt“ und ihr Benefiz als Königin in Vicente Martin y Solers Oper Una cosa rara, ebd., Jg. 2 (1804), Bd. 1, Januar-Heft, S. 58.
  • 24Vgl. Zeitung für die elegante Welt, Jg. 3, Nr. 7 (15. Januar 1803), Sp. 54.
  • 25 Der Freimüthige, oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser, Jg. 1, Bd. 1, Nr. 41 (15. März 1803), S. 162.
  • 26Vgl. Zeitung für die elegante Welt, Jg. 5, Nr. 14 (31. Januar 1805), Sp. 111.
  • 27 Der Freimüthige oder Ernst und Scherz. Ein Unterhaltungsblatt, Berlin, Jg. 3, Bd. 1, Nr. 23 (1. Februar 1805), S. 92.
  • 28Ebd., Jg. 3, Bd. 1, Nr. 44 (2. März 1805), S. 175 (dort ist die Abreise mit „künftigen Mai“ angezeigt).
  • 29Zur Theatergesellschaft Edmund von Webers ist ein separater Beitrag in Vorbereitung.
  • 30Vgl. zu den Bamberger Auftritten in der Staatsbibliothek Bamberg, Bestand Historischer Verein Bamberg, HV. Msc. 67, Handschrift: „Theater-Journale vom Jahre 1802-1812“, Bl. 10v-12v (Spielplan) und Bl. 29r/v (Personal); außerdem Karl Joseph Pellkofen, Kleines Andenken gewidmet Einem hohen, gnädigen Adel und verehrungswürdigem Publikum, Bamberg 1809, S. 4 (Personalübersicht); zu Coburg 1808/09 vgl. die Theaterzettel in der Landesbibliothek Coburg, in: TB WW 745 (Bd. 1807-1822). Im Januar 1809 spielte die Truppe ausschließlich in Coburg.
  • 31Vgl. die genannte Bamberger Handschrift (wie Anm. 30), Bl. 29r (Mutter) bzw. 29v (Sohn). Bei dem Sohn könnte es sich um Heinrich Ernst Anton oder August Heinrich Weyrauch gehandelt haben; es ist allerdings nicht klar, ob der jüngste Sohn bei den Pflegeeltern in Weimar blieb oder nach der Rückkehr der Weyrauchs aus Rußland wieder zur Familie zurückkehrte.
  • 32Vgl. die Bamberger Handschrift (wie Anm. 30), Bl. 12v–14v (Spielplan) und Bl. 30r (Personal; ohne Angaben zu Jeanette Weyrauch).
  • 33Vgl. die Anzeige in: Intelligenzblatt des Mainkreises, und Bamberger wo[e]chentlicher Anzeiger, Jg. 57, Anhang zu Nr. 12 (9. Februar 1810).
  • 34Vgl. die Bamberger Handschrift (wie Anm. 30), Bl. 14r.
  • 35Vgl. Stadtarchiv Augsburg, Theaterzettel 1743–1834, Nr. 11175 bis 11194. Im Brief an die Karlsruher Theaterintendanz vom 9. September 1810 schrieb Jeanette Weyrauch, dass sie „bis Ende Mertz hier [in Augsburg] Contracktmäsig gebunden“ sei (Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe, in: 47/902), demnach dürfte ihre Augsburger Anstellung Ende März oder Anfang April 1810 begonnen haben.
  • 36Vgl. Briefe an die Karlsruher Theaterleitung im Badischen Generallandesarchiv in Karlsruhe, in: 47/902, Briefe des Stuttgarter Intendanten Karl Eberhard Freiherr von Waechter vom 1. und 6. Mai 1811 sowie von Jeanette Weyrauch aus Augsburg zwischen 9. September 1810 und 3. April 1811.
  • 37Vgl. Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 5, Nr. 104 (1. Mai 1811), S. 416.
  • 38Vgl. Eduard Thiemer, Theater-Journal. Denen hohen verehrungswürdigen Gönnern der bildenden Künste in aller Unterthänigkeit gewidmet, Straßburg 1812, S. 5 (Personal-Übersicht).
  • 39Vgl. die Gastspielberichte in: Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 6, Nr. 180 (28. Juli 1812), S. 720, Nr. 216 (8. September 1812), S. 864 sowie Nr. 266 (5. November 1812), S. 1063f.
  • 40Vgl. Zeitung für die elegante Welt, Jg. 12, Nr. 242 (4. Dezember 1812), Sp. 1935.
  • 41Vgl. Wenzel Lembert (Hg.), Taschenbuch für Schauspieler und Schauspielfreunde auf das Jahr 1817, Stuttgart [1816 = Jg. 2], S. 373. Weniger Erfolg bestätigt ihr ein Berichterstatter der Wiener Theater-Zeitung, Jg. 9, Beilage Nr. 11 (27. April 1816), S. 40.
  • 42Vgl. Theodor Winkler, Tagebuch der deutschen Bühnen, Jg. 1, Nr. 9 (September 1816), S. 254–256.
  • 43Vgl. Zeitung für die elegante Welt, Jg. 18, Nr. 8 (10. Januar 1818), Sp. 64.
  • 44Vgl. Bremen, Staats- und Universitätsbibliothek, Theaterzettelsammlung, u. a. Zettel vom 25. März 1818 (und öfter, Egmont), 8. April 1818 (Entführung), 23. April 1818 (und öfter, Figaro), 19. Mai 1818 (und öfter, Zauberflöte).
  • 45Letzter Auftrittsnachweis in Bremen laut Theaterzettel (ebd.) am 6. April 1820 (als Marthe in Das Guth Sternberg von Johanna von Weißenthurn).
  • 46Kirchenarchiv Kölleda, Kirchenbuch 1834, S. 116, Nr. 43.

Apparat

Entstehung

Überlieferung

  • Textzeuge: Weberiana, Jg. 20 (2010), S. 95–104

        XML

        Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
        so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.